Infektion mit Streptokokken

Scharlach-Welle in SH: Darum kommt die Krankheit gerade jetzt so häufig vor

Scharlach-Welle in SH: Darum kommt die Krankheit gerade jetzt so häufig vor

Scharlach-Welle in Schleswig-Holstein

Margret Kiosz
Kiel
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Der Blick in den Rachenraum gibt Ärzten Aufschluss, ob es sich um Scharlach handelt – oder einen Virusinfekt. Foto: Colourbox.de/Motortion/shz.de

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Die Infektionszahlen bei Scharlach sind in Schleswig-Holstein derzeit enorm hoch. Allein in der letzten Woche gab es mehr als 150 Meldungen, normalerweise sind es im gleichen Zeitraum nur fünf. So erklären sich Mediziner die Infektionswelle.

In Schleswig-Holstein grassiert der Scharlach. In Kita-Gruppen und Schulklassen lichten sich seit einiger Zeit die Reihen. Bis Mitte März 2023 sollen bereits doppelt so viele Scharlach-Fälle gemeldet worden sein wie 2022, berichtet der Bundesverband für Kinder- und Jugendärzte. 

157 Scharlach-Fälle in einer Woche in SH

Im nördlichsten Bundesland wurden allein in der vergangenen Woche 157 Fälle beim Kieler Institut für Infektionsmedizin gemeldet, im Mittel der vergangenen Jahre waren es fünf pro Woche. Institutsleiter Professor Helmut Fickenscher: „Zu beachten ist aber, dass sich die Meldedisziplin durch Corona deutlich verbessert hat“.

Der aktuelle Arztreport der Barmer Krankenkasse sieht im Norden seit langem einen Hotspot: „Die höchste Betroffenheit bei Scharlach zeigt Schleswig-Holstein mit 39 Erkrankten je 10.000 Personen.“ Und das bereits 2021. Zum Vergleich: In Bremen, Berlin und Baden-Württemberg lagen die Werte zwischen sieben und 16 Erkrankten je 10000.   

Scharlach ist eine Hals- und Mandelentzündung und wird durch Bakterien – sogenannte Streptokokken – verursacht, die durch Tröpfcheninfektionen übertragen wird. Meist erkranken Kinder zwischen einem Jahr und zwölf Jahren – aber es gibt auch 17-Jährige, die die für die Krankheit charakteristisch himbeerrote Zunge haben. Kurz nach der Ansteckung bekommt man Schüttelfrost und Fieber. Stunden bis Tage später folgt oft, aber nicht immer, ein feinfleckiger Ausschlag an Rumpf und Hals.

Lieferschwierigkeiten bei Antibiotika

Meist werden Antibiotika verordnet. Doch vor allem bei den eingesetzten Penicillin gibt es derzeit massive Lieferschwierigkeiten. „Die Lage ist dramatisch“, beschreibt der Chef der Apothekerkammer in Kiel, Kai Christiansen, die Lage. Eltern müssen oft mehrere Apotheken abklappern, bis sie das Mittel bekommen. Ohne die Behandlung mit Antibiotika können Kinder bis zu drei Wochen ansteckend bleiben. Wenn Antibiotika genommen werden, ist das Kind binnen 24 Stunden nicht mehr ansteckend. Zudem werden gravierende Langzeitfolgen mit diversen Organ- und Gelenkbeteiligungen verhindert. 

Fachleute sprechen von Immunitätslücke

Fickenscher erklärt die aktuelle Welle so: Während der Pandemie gab es wegen der Maskenpflicht nur ganz wenige klassische Atemwegsinfektionen. Diese kommen jetzt, in Wellen wieder – nur etwas verstärkt, weil es einen gewissen „Aufholbedarf“ gibt. Fachleute sprechen von einer Immunitätslücke. Die gute Nachricht: Im Frühjahr wird die Welle wohl  einfach auslaufen, sagen die Kinderärzte.

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