Rückkehr ins Rampenlicht

Der Schleswig-Holstein-Teppich ist wieder da

Der Schleswig-Holstein-Teppich ist wieder da

Der Schleswig-Holstein-Teppich ist wieder da

SHZ
Kiel
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Das Gerüst von den Aufhängarbeiten steht noch: Die obere Hälfte des Wandteppichs mit den Löwen des Landesteils Schleswig Foto: shz.de

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Eigentlich ist Schleswig-Holsteins Wappen auf ihm falsch angeordnet - dennoch holt das Landeshaus nach 20-jähriger Verbannung ein bekanntes Kunstwerk zurück an einen Ehrenplatz.

Mehr Landesgeschichte kann eine Reliquie nicht atmen. Ganz egal, ob Friedrich Wilhelm Lübke (CDU) in der Nachkriegszeit die Regierungsgeschäfte gegenüber Opposition und Öffentlichkeit verteidigte oder SPD-Frau Heide Simonis gegen Ende des letzten Jahrtausends – er war über 14 Legislaturperioden immer dabei: Von 1950 bis 2002 prangte als einziges Schmuckstück im Plenarsaal des Landtags über dem Rednerpult ein handgewebter Teppich an der Wand. Mit den Wappen von Schleswig und Holstein in seiner Mitte sowie landschaftsbezogenen Motiven drumherum verkörperte er das Bundesland, für das unter ihm Politik gemacht wurde.


Verschwinden nach dem Umbau des Landeshauses

Gewöhnungsbedürftig war deshalb für viele, als der Behang vor 19 Jahren durch einen tiefgreifenden Umbau des Landeshauses aus dem Scheinwerferlicht verschwand. Der Plenarsaal wurde in einen Anbau verlegt. Und in dessen moderner gläserner Architektur hat das historische Textilstück keinen Platz gefunden. Statt seiner ziert ein schlichtes hölzernes Emblem mit dem Umriss des Landes die Szenerie. Dabei bleibt es auch, und trotzdem kehrt der Teppich jetzt nach zwei Jahrzehnten der Verbannung in Schleswig-Holsteins politische Zentrale zurück. Er hängt seit dieser Woche an einer neuen prominenten Stelle im Landeshaus: im Foyer in acht Metern Höhe über der Treppe in den ersten Stock. Nicht nur Abgeordnete, Minister und Mitarbeiter gehen daran auf dem Weg zu Sitzungen und Schreibtischen vorbei – auch alle Besucher, wenn sie die mit dem Abflauen der Pandemie hoffentlich wieder zahlreicheren Veranstaltungen im Schleswig-Holstein-Saal in der ersten Etage ansteuern.


Exil in Schleswig

Damit ist für das gute Stück ein Exil im Landesarchiv in Schleswig zu Ende gegangen. Dorthin hatte es der Landtag gegeben, so wie er es gewohnt ist, aufbewahrungswürdige Akten in die Schleistadt zu verfrachten. Dass Landtagspräsident Klaus Schlie die Rückgabe veranlasst hat, hängt mit dem 75. Jubiläum des Bundeslandes Schleswig-Holstein zusammen. Dazu passe doch gut eine symbolische Verbindung zwischen dem Landeshaus in seiner jetzigen Form und seiner Gestalt zu Beginn des demokratischen Aufbaus, so die Idee. Die Rückkehr des geschichtsträchtigen Teppichs erscheint den Initiatoren dazu als das perfekte Mittel.

Alle Kreise trugen ihr Scherflein bei

Er reicht so weit in die Vergangenheit wie irgend möglich: Gleich als die einstige Marineakademie in Kiel 1950 zum Sitz des Landtags geworden ist, wurde die vier mal 2,5 Meter große Auftragsarbeit dort aufgehängt. Alle damals 21 Kreise und kreisfreien Städte haben einen Obolus zur Finanzierung beigetragen. Das Land war derart arm, dass es die Kosten von 5500 Mark nicht alleine tragen mochte und per Rundschreiben des Parlamentspräsidenten um Beteiligung gebeten hatte. So wurde das Kunstwerk auch zu einem gemeinsamen Bekenntnis der Gebietskörperschaften draußen in der Fläche zum gemeinsamen 1946 gegründeten Bundesland.


Ein Werk aus dem prominenten Hause Hablik

Gewebt hat den Teppich die Ehefrau des Itzehoer Star-Expressionisten Wenzel Hablik, Elisabeth Hablik-Lindemann. Das Motiv wiederum hat der in Kiel, Lübeck und Stormarn wirkende Künstler Alwin Blaue entworfen. Er hat vor allem als Bildhauer gearbeitet. Bei den Schmuckelementen für den Rand des „Landes-Teppichs“ hat er sich auf rein traditionelle Anspielungen auf Schleswig-Holstein beschränkt: Kornähren, Möwen, Fische, Sonnenblumen.

Vertikal statt horizontal

Besonders macht das Objekt sein Zentrum: die Anordnung der beiden schleswigschen Löwen und des Holsteiner Nesselblatts. Der Teppich zeigt beide historischen Embleme der einstigen Herzogtümer übereinander. Heute ist üblich, dass beide Bestandteile im Landeswappen nebeneinander stehen. Doch das gab es zur Geburtsstunde des Teppichs noch nicht. Dieses amtliche Landeswappen hat sich Schleswig-Holstein erst 1957 gegeben. Und ein bisschen wieder aufgeweicht, seitdem die Küstenkoalition 2014 die Landes-Dachmarke „Der echte Norden“ eingeführt hat. Auf dessen weithin verbreitetem Logo ist der Einfachheit halber nur ein Löwe übriggeblieben. Im Vergleich damit ist der Wandteppich dann doch trotz der ungewohnten Anordnung deutlich echter. Auch ohne dass das Wort echt auf ihm steht.

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