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Schnell ansteigende Flut überrascht Urlauber im Watt vor Sylt

Schnell ansteigende Flut überrascht Urlauber im Watt vor Sylt

Ansteigende Flut überrascht Urlauber im Watt vor Sylt

Barbara Glosemeyer/shz.de
Sylt
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Wattwanderung zwischen Amrum und Föhr. Die Flut kam schneller als erwartet. Foto: Jan Merzrath

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Eine Wattwanderung zwischen Amrum und Föhr endete für einige Sylt-Urlauber mit blutigen Schnittwunden an den Füßen. Wie es dazu kam.

Ein ungewöhnlicher Vorfall ereignete sich jetzt auf einer Wattwanderung mit 50 Teilnehmern zwischen Amrum und Föhr. Er zeigt, wie schnell wechselhaftes Wetter, Wind, Gezeiten und Nebel die Bedingungen in der Nordsee verändern und wie wichtig es deshalb ist, Wattwanderungen niemals eigenständig, sondern immer unter fachkundiger Führung zu unternehmen. Andernfalls wäre wohl auch dieses Ereignis nicht so glimpflich ausgegangen.

Folgendes war passiert: Am vergangenen Sonntag starteten 50 Teilnehmer zur acht Kilometer langen Wattwanderung zwischen Amrum nach Föhr, die von der Reederei Adler-Schiffe regelmäßig angeboten wird. Mit der MS Adler Cat ging es zunächst von Hörnum nach Wittdün auf Amrum. Von dort lief die Gruppe unter Leitung einer Wattführerin kurz vor Niedrigwasser um 11.45 Uhr los. Ziel war es, um 14.45 Uhr Dunsum auf Föhr zu erreichen.

Flut stieg schneller an als erwartet

Unter normalen Bedingungen ist dies keine besondere Herausforderung. Der Deich war bereits in Sichtweite und wäre normalerweise in 45 Minuten zu erreichen.

Doch dann stieg die Flut unverhältnismäßig schnell an. Auf dem letzten Drittel der rund 8 Kilometer langen Strecke sei es plötzlich hektisch geworden, die Teilnehmer seien zur Eile gedrängt und auf einer Abkürzung „durch die Austern“ geführt worden – „ohne einen Hinweis auf die damit verbundenen Gefahren“. So beschreibt Jan Merzrath, einer der Teilnehmer und Sylt-Urlauber aus Berlin, die Situation gegenüber shz.de. Denn der kürzere Weg war von Austernschalen gesäumt, was aber die Wattwanderer wegen des gestiegenen Wassers nicht mehr sehen konnten. Mindestens fünf Teilnehmer der Führung zogen sich blutende Schnittverletzungen an den Füßen durch die scharfkantigen Muschelschalen zu.

Am Deich angekommen, wurden sie von den Wattführern erstversorgt. Auch ein Rettungsdienst war vorsorglich gerufen worden. Nach ihrer Rückkehr nach Sylt wurden einige Wattwanderer mit Muschelschnittverletzungen in der Nordseeklinik auf Sylt ambulant medizinisch versorgt, wie die Klinik bestätigte.

Das sagt die Reederei Adler-Schiffe

„Es tut uns sehr leid, dass die Gruppe teilweise Fußverletzungen davon tragen musste. Wir sind froh, dass es glimpflich abgelaufen ist und die Wattführerin schnell und richtig gehandelt hat“, sagt Grietje Ketter, Sprecherin der Adler-Schiffe auf Nachfrage von shz.de. „Durch beschleunigtes Gehen und die Kursänderung“ sei es gelungen, die Situation erfolgreich zu bewältigen. Eine herausfordernde Situation wie diese verdeutliche „die Wichtigkeit einer umfassenden Ausbildung für Wattführer“, so Grietje Ketter.

Urlauber muss stationär behandelt werden

Für den gebürtigen Hamburger Jan Merzrath hat der Ausflug ins Watt an seinem zweiten Urlaubstag dennoch Folgen: Seine Schnittverletzung an den Füßen hat sich entzündet, mittlerweile wurde er stationär in der Nordseeklinik aufgenommen. Seinen 14-tägigen Urlaub mit Familie auf Sylt hat er sich anders vorgestellt. Vor allem aber möchte er wissen, wie das passieren konnte und wie so etwas zukünftig verhindert wird. „Denn so überwältigend das Wunder Wattenmeer sein kann, so gefährlich kann es zugleich sein“, weiß Merzrath aus eigener schmerzlicher Erfahrung.

Das sagt ein Wattführer

Carl Lambertsen, der seit über 20 Jahren Wattwanderungen zwischen Amrum und Föhr führt, sagt, dass er in seiner Zeit noch nie einen derart schnellen Anstieg des Wassers gesehen habe. Als die Letzten der Gruppe den Deich bei Dunsum erreichten, habe ihnen das Wasser bereits bis zur Hüfte gestanden. Der rasche Anstieg des Wassers könnte auch mit dem herannahenden Unwetter in Verbindung stehen, das am Montag eintraf. Auch Klimaveränderungen zeigten möglicherweise ihre Wirkung. Dieser Aspekt müsse, so die Sylter Reederei, in Zukunft noch stärker bei der Planung von Wattwanderungen zwischen den Inseln berücksichtigt werden.

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