Bundestagswahl 2021

So will Armin Laschet das Blatt noch wenden

So will Armin Laschet das Blatt noch wenden

So will Armin Laschet das Blatt noch wenden

SHZ
Kappeln
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Warnt vor einem Linksbündnis: Armin Laschet bei seinem Wahlkampfauftritt in Kappeln. Foto: Michael Ruff/shz.de

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Der Unions-Kanzlerkandidat versucht bei seinem Wahlkampfauftritt in Kappeln, vor allem die eigene Basis zu motivieren.

Armin Laschets Ziel ist klar: „Es gilt, die Unentschlossenen zu erreichen“, ruft der Unions-Kanzlerkandidat auf seiner letzten Wahlkampfstation in Schleswig-Holstein am Kappelner Nordhafen (Kreis Schleswig-Flensburg). Einer von diesen Unentschlossenen steht ein paar Meter weg von der Bühne, auf der Laschet spricht. Werner Reichelt (Foto), 69 Jahre alt, CDU-Stammwähler aus Arnsberg in Nordrhein-Westfalen, der Stadt in der Friedrich Merz zu Hause ist. „Den hätte ich sofort gewählt“, sagt Reichelt. Doch bei Laschet sei er sich unsicher. „Ich weiß nicht, ob der das Format als Kanzler hat.“

Stammwähler im Visier

Es sind Leute wie Reichelt, die Laschet überzeugen muss, wenn er die Niederlage bei der Bundestagswahl in einer guten Woche vermeiden will. In den Umfragen liegt seine CDU zwei Prozentpunkte hinter der SPD von Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Könnten die Deutschen den Kanzler direkt wählen, würden sich 30 Prozent für Scholz entscheiden, nur 11 für Laschet, der damit hinter Annalena Baerbock von den Grünen liegt, für die 15 Prozent votieren würden.


Laschet weiß auch, dass das für einen Kanzlerkandidaten der Union unterirdische Werte sind. Schon lange geht es nicht mehr darum, viele Wechselwähler zu gewinnen, sondern vor allem darum, die eigenen Anhänger von einer Nicht-Wahl abzuhalten. Dafür kämpft der 60-Jährige auch am Nordhafen in Kappeln.

2017 war die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel dort. Über 2000 Zuschauer waren dabei. Bei Laschet sind es nicht mal 500. „Ich hätte auch gedacht, dass mehr da sind“, sagt Werner Reichelt, der gekommen ist, um sich von Laschet ein Bild zu machen – live und in Farbe.

Der Kandidat als Versöhner

Nordrhein-Westfalen habe er gut regiert, sagt der Rentner als Laschet zu Beginn seinem Image als Versöhner alle Ehre macht. „Es ist wichtig, dass wir in Krisenzeiten zusammenhalten“, sagt er. Aber der Kanzlerkandidat macht auch deutlich, wo die Grenzen sind: „Meinungsfreiheit heißt nicht, Ressentiments zu schüren“, ruft er und schiebt hinterher, dass die AfD raus müsse aus dem Parlament. Da klatscht auch Werner Reichelt laut und sagt: „Ich gehe sowieso nur wählen, um die Rechten zu verhindern.“


Dafür scheut Laschet keine Mühen. An diesem Donnerstag ist er schon auf Wahlkampfveranstaltungen in Hamburg und in Seevetal in Niedersachsen gewesen. Bevor er in Kappeln auftritt, hat er in Bremen gesprochen, danach geht es nach Celle. Ein strammes Programm, das der 60-Jährige abspult. Man kann ihm vielleicht einige Fehler im Wahlkampf vorwerfen, am mangelnden Einsatz wird es am Ende nicht gelegen haben, sollte Laschet tatsächlich die Wahl verlieren.

Rot-rot-grün als Schreckgespenst

Das versucht er zu verhindern, indem er das Gespenst einer rot-rot-grünen Koalition in den sonnigen Himmel über Kappeln malt. „Wer das nicht will, muss wählen gehen“, ruft der CDU-Mann. Denn: „Wenn die regieren, wird das eine andere Republik sein.“ Der Anti-Sozialismus hat in der Union schon immer funktioniert, zuletzt 1994 mit der Rote-Socken-Kampagne, wie Laschet zugibt – während vor ihm ein paar junge Leute ein Schild hoch halten, auf dem steht: „Armin, ich will eine Regierung von dir.“ Wie die aussehen soll, sagt Laschet nicht, nur: „Die Parteien der Mitte finden eine Koalition.“ Welche das unter seiner Führung sein sollen, bleibt unklar.

„So langsam muss er aber auch mal den Schwenk in die Zukunft kriegen“, sagt Werner Reichelt dazu. Laschet versucht es mit der Stahlindustrie, die es in Schleswig-Holstein nicht gibt. Er wirbt für ein klimaneutrales Industrieland – was auch Reichelt will, der in seinem Berufsleben große Baumaschinen und Lastwagen repariert hat. „Wasserstoff ist die Zukunft“, sagt er – und ergänzt: „Da bin ich sogar ein bisschen grün.“

Schlussspurt zur Bundestagswahl in einer guten Woche

Am Ende ruft Laschet, dass er Kanzler werden will. Und als er mit der versammelten schleswig-holsteinischen CDU-Prominenz die Nationalhymne singt, zieht Werner Reichelt ein Fazit, wie es Sauerländer eben machen: „Die Leute sind nicht inne Luuuft gespruuungen, aber dat hat er heute ganz gut gemacht.“ Und wird er Laschet wählen? „Vorher war ich nicht überzeugt. Jetzt bin ich noch nicht bei 100, aber schon mal deutlich über 50.“

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