Klimawandel und Alleebäume

So will Rendsburg-Eckernförde die Luft und Biodiversität verbessern

So will Rendsburg-Eckernförde die Luft und Biodiversität verbessern

Rendsburg-Eckernförde will Luft und Biodiversität verbessern

Matthias Hermann
Rendsburg
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Die bekannteste Allee im Kreis ist die historische Lindenallee in Emkendorf – eine von nur sieben in Rendsburg-Eckernförde. Foto: Matthias Hermann/shz.de

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Bisher gibt es nur sieben Alleen im Kreisgebiet. Um die ökologischen Vorteile zu nutzen, sollen nach einem Kreistagsbeschluss nun mehr Bäume entlang der Straßen gepflanzt werden. Die Initiative ging vom SSW aus.

Die Emkendorfer Allee ist ein besonderes Kulturdenkmal und wurde dafür im November dieses Jahres ausgezeichnet. Auf Initiative von SSW und Grünen im Kreistag sollen zukünftig mehr Bäume die Straßen in Rendsburg-Eckernförde säumen. Denn die historische Allee am Herrenhaus in Emkendorf ist eher ein Ausnahmefall.

Dabei haben Alleen auch einen ökologischen Wert. Sie prägen nicht nur das Landschaftsbild, sondern verbessern auch das Mikroklima sowie die Luftqualität und bieten vielen Tierarten einen Lebensraum. Und deshalb sind Alleen ein Instrument, um der schwindenden Biodiversität zu begegnen.

Bisher nur sieben Alleen in Rendsburg-Eckernförde

Derzeit existieren im gesamten Kreisgebiet nur sieben Alleen. Das bedeutet, dass weniger als 10 Prozent der Kreisstraßen von Bäumen gesäumt sind.

Denn lange galten Alleen als ein Risiko für Auto- und Motorradfahrer, fielen häufig dem Straßenausbau zum Opfer. Deshalb überstieg die Zahl der Fällungen lange Zeit die der Neupflanzungen von Bäumen. Das soll sich nach Ansicht der Politik im Kreis Rendsburg-Eckernförde ändern, weil auch die Randstreifen von Kreisstraßen Potenzial zum Umwelt- und Klimaschutz bieten würden. Dafür wurden 50.000 Euro in den Haushalt 2023 eingestellt, Gelder aus weiteren Töpfen könnten genutzt werden.

Vorbild sind Alleen in Ostdeutschland

Die Initiative für das Projekt ging von der Kreistagsfraktion des SSW aus. „Da Schleswig-Holstein das waldärmste Bundesland ist, gab es bereits fraktionsübergreifend die Initiative, daran etwas zu ändern“, erklärt der SSW-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Schunck. Dabei ging es auch darum, wie die einheimischen Bäume, darunter vor allem Eschen und Ulmen, unter dem Klimawandel leiden. Während der Pandemie sei der Arbeitskreis allerdings eingeschlafen. Trotzdem habe das Thema Schunck nicht losgelassen: „Beim Blick nach Ostdeutschland sind mir immer die Alleen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aufgefallen und ich habe mich gefragt, warum der Kreis Rendsburg-Eckernförde nicht ein wenig das Mecklenburg-Vorpommern von Schleswig-Holstein werden kann.“

Denn Alleen besitzen auch für Autofahrer nicht nur Nachteile. Die Bäume bilden mit ihren Baumkronen eine Art Tunnel, die vor starken Wind- und Witterungseinflüssen schützt. „Gleichzeitig spenden sie auf Rad- und Gehwegen Schatten, was vor allem wegen der ansteigenden Hitzeperioden auch für die wachsende ältere Bevölkerung ein wichtiger Aspekt für ihre Lebensqualität darstellen kann, da ältere Menschen besonders unter Hitzeperioden leiden“, heißt es in dem von SSW, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP eingebrachten Antrag.

Der BUND unterstreicht noch weitere Vorteile, die Alleebäume mit sich bringen: Sie dämmen den Straßenlärm und binden Staub und Abgase. Ein ausgewachsener Alleebaum kann durch Photosynthese 13 Kilogramm Sauerstoff pro Tag erzeugen – das entspricht dem Bedarf von 10 Menschen.

„Generell ist es begrüßenswert, wenn Bäume gepflanzt werden“, sagt Horst Dallmann, Vorsitzender der BUND-Ortsgruppe Büdelsdorf, „förderlich ist es auf jeden Fall für die Biodiversität. So leben auf einer Eiche bis zu 500 Arten.“ Aber der Nutzen von Bäumen als CO₂-Speicher sei begrenzt. Solange der Baum wachse, werde das Klimagas gespeichert. „Irgendwann stirbt der Baum allerdings ab. Dann wird ein Großteil des Kohlendioxids wieder freigesetzt“, erklärt Dallmann.

Nur bei wirtschaftlich genutzten Bäumen bleibe das CO₂ langfristig gebunden. Allerdings wirkten sich Alleen laut BUND ohne Frage positiv auf ein ausgeglichenes Mikroklima aus – ein Vorteil, den auch Dr. Michael Schunck unterstreicht. Zudem würden ökologische Brücken zwischen stark versiegelten Flächen geschaffen – ähnlich wie durch die in Schleswig-Holstein traditionellen Knicks.

Gefährdung durch unsachgemäße Pflege

Mit den Geldern des Kreises Rendsburg-Eckernförde sollen Flächen angekauft und Bäume gepflanzt werden. Gleichzeitig sollen die Mittel auch für die Pflege und die Bewässerung der neu gepflanzten Alleen genutzt werden. So sollen die Bäume ihr volles Potenzial für Klima- und Umweltschutz entfalten. Denn laut BUND besteht eine große Gefährdung für Alleen in unsachgemäßen Pflegemaßnahmen, wenn diese bei unter minus 5 Grad Celsius stattfinden. Dadurch kann sich kein Wundgewebe mehr bilden, welches die Bäume vor Pilzbefall schützt. Die besten Schnittzeiten seien von April bis Juli und für „blutende“ Arten der Spätsommer. Eine zusätzliche Gefährdung für die Bäume kann im übermäßigen Einsatz von Streusalz bestehen.

Die in den Haushalt eingebrachten Gelder möchte der SSW als Initialzündung verstehen. Der Kreis solle für die Kommunen eine Art Vorreiterrolle übernehmen, wenn es um die Anpflanzungen neuer Alleen geht.

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