Schleswig-Holstein

So wollen Bauern ihre Milch klimafreundlicher machen

So wollen Bauern ihre Milch klimafreundlicher machen

So wollen Bauern ihre Milch klimafreundlicher machen

Matthias Hermann/shz.de
Kiel
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Eine Herde Milchkühe auf einer Weide bringt dem Klima deutliche Vorteile. Foto: www.imago-images.de/shz.de

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Landwirte und Umweltschützer fordern gemeinsam eine gerechte Entlohnung für Klima-, Umwelt- und Tierschutz. Besonders in Schleswig-Holstein fehlen ihnen die Anreize, um die Vielfalt der Landwirte und damit auch die Biodiversität fördern.

Wenn es um den Klimawandel geht, wird die Landwirtschaft häufig in die „Täterecke“ gedrängt. Gleichzeitig ist aber klar, dass mehr Klimaschutz nur gemeinsam mit den Landwirten funktionieren kann. Diese Leistung für das Gemeinwohl, genau wie Umwelt- und Tierschutz, bedeutet allerdings einen Mehraufwand. Und dieser soll entsprechend entlohnt werden, fordern nun Landwirtschafts- und Naturschutzverbände gemeinsam. Im Mittelpunkt steht dabei die Einführung der sogenannten Weideprämie als Anerkennung für das Geleistete.

Denn obwohl in Schleswig-Holstein rund ein Drittel der Flächen Grünland sind, ist die Weidehaltung von Milchkühen hier rückläufig. Nun führt die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) dazu, dass Betriebe, die Milchkühe auf Grünlandflächen halten, ab 2023 etwa 30 Prozent an Prämiengeldern verlieren.

In anderen Bundesländern gibt es eigene Prämien, um die Weidehaltung zu halten und zu stärken. Solche Zahlungen aus der sogenannten „Zweiten Säule der GAP“ fehlen in Schleswig-Holstein.

„Es müssen möglichst viele Betriebe erhalten werden“, fordert deshalb Matthias Stührwohld von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Ein Treffen mit Landwirtschaftsminister Werner Schwarz habe ihn frustriert zurückgelassen. Werner hatte sich skeptisch gezeigt, ob 4000 bis 6000 Euro selbst kleinen Betrieben helfen würden. „Ich weiß, dass einem Betrieb von meiner Größe eine solche Summe sehr wohl helfen würde“, so Stührwohld.

Weideprämie soll helfen, Betriebe zu erhalten

Seine Forderung an die Politik: Die Vielfalt der Landwirte und damit die Biodiversität fördern, möglichst viele Betriebe erhalten oder sogar Anreize schaffen, um neue Existenzen aufzubauen.

Die Anreize sieht das Bündnis aus AbL, „Land schafft Verbindung“ (LsV SH und HH), dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und dem Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein (LNV) neben der Weideprämie darin, faire Preise für Erzeuger zu schaffen und die Prämienhöhe der Ökoregelungen anzuheben und nach der Betriebsgröße zu staffeln.

Vorteil für die Umwelt: Kleinere Betriebe führen nachweislich zu einer größeren Artenvielfalt, bestätigte Professor Dr. Ulrich Irmler, Vorsitzender des LNV, die Annahmen von Stührwohld. „Sobald die Äcker eine bestimmte Größe überschreiten, haben wir ein Artenvielfaltsloch“, so Irmler. Derzeit passiere noch zu viel, was man nicht als nachhaltig bezeichnen könne. Die Randstreifen müssten langfristig erhalten bleiben, forderte der LNV-Vorsitzende, da ihr positiver Effekt auch auf die umliegenden Flächen ausstrahle.

Absterbende Wurzeln speichern Kohlenstoffdioxid

Bei der Weidehaltung wurde der positive Effekt für das Klima von den Beteiligten ebenfalls hervorgehoben. Beweidetes Grasland habe ein höheres Speicherpotenzial für Kohlenstoffdioxid als beispielweise der Wald. Dieses Potenzial gelte allerdings nur für Grasland, auf dem Kühe gehalten werden. Der Verbiss durch die Tiere fördere das Wurzelwachstum. Die Wurzeln sterben ab und speichern das Treibhausgas, anstatt es wieder an die Atmosphäre abzugeben. Dieser Prozess sei ähnlich dem Wachstum eines Moores.

Weniger Methan-Ausstoß bei Weidehaltung

Zudem hat eine Studie der Christians-Albrechts-Universität zu Kiel ergeben, dass der Methan-Ausstoß von Milchkühen in Weidehaltung deutlich geringer ist als der von ihren Artgenossen in Stallhaltung. Die Ergebnisse zeigten, dass Kühe in Ställen rund ein Drittel mehr Methan als Kühe in Weidehaltung erzeugen. Zudem falle der Transport von zusätzlichen Futtermitteln weg. Diese Leistung für die Gemeinschaft müsse den Landwirten honoriert werden, forderten die Anwesenden.

Sehr pragmatisch sieht Johann Holm, der am Donnerstag auf seinen Hof in Aukrug eingeladen hatte, das Thema Naturschutz. „Ich darf von der Natur leben, also kann ich der Natur auch etwas zurückgeben“, so Holm. Bei dem Betrieb, der vor allem als Spargelhof bekannt ist, handelt es sich um konventionelle Landwirtschaft.

Allerdings setzt Holm (ohne finanzielle Anreize) immer wieder Projekte, wie das Anlegen von Knicks, Teichen oder Blühflächen um. Bei allen diesen Schritten habe er nie Bedenken gehabt, er arbeitet mit dem Naturschutzring Aukrug zusammen. „Jeder Landwirt hat eine Ecke, auf der sich etwas umsetzen lässt“, so Holm.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen Dirk Kock-Rohwer, selbst Demeter-Landwirt aus Bönebüttel, versprach, sich bei den kommenden Nachbesserungen der GAP für die Weideprämie einzusetzen. Denn neben den Leistungen zum Umwelt-, Klima- und Tierschutz, würde diese zusätzlich noch eine touristische Komponente besitzen: „Es gehört einfach zu Schleswig-Holstein, dass Kühe auf der Weide stehen.“

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