Erneuerbare Energien

SPD zerpflückt Klimaschutzgesetz

SPD zerpflückt Klimaschutzgesetz

SPD zerpflückt Klimaschutzgesetz

SHZ
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Jens Büttner / SHZ

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Opposition im Landtag votiert gegen die Pläne der Regierung, weil sie ihr nicht ehrgeizig genug sind. Stattdessen fordert die SPD eine Landes-Infrastrukturgesellschaft, damit die Energiewende gelingt.

Die SPD fordert eine Landes-Infrastrukturgesellschaft, damit die Energiewende in Schleswig-Holstein gelingt. Dieses Ziel haben sich Partei- und Fraktionschefin Serpil Midyatli und der Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Thomas Losse-Müller, auf die Fahnen geschrieben. Die Idee: Die Einrichtung solle Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften landesweit einheitlich mit Knowhow und Fördermillionen etwa beim Bau umweltfreundlicher Wärmenetze oder Ladesäulen für E-Autos anleiten.

Mindestens 20 000 Ladesäulen für E-Autos

Ein solches Vorgehen koste zwar mehrere hundert Millionen Euro“, sei für klimaschonendes Heizen aber immer noch günstiger als sämtliche Häuser energetisch zu sanieren, sagte Losse-Müller. Auch die Verkehrswende werde nicht gelingen, ohne dass das Land bei Ladesäulen für grünen Strom in Vorleistung gehe. Mindestens 20 000 Stück seien nötig. „Wir brauchen eine solche Infrastruktur-Gesellschaft als strategischen Anker mit Fähigkeiten und Kapital. Sonst werden die großen Infrastrukturaufgaben nicht angegangen,“ ist Losse-Müller überzeugt.


Als Teilvorbild nannte er das Breitbandkompetenzzentrum, das Land und Kommunen für schnelles Internet gegründet haben. Jedoch müsse eine Infrastrukturgesellschaft für die Energiewende schlagkräftiger sein. „Ich höre landauf, landab die Bereitschaft vieler, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Aber die wollen wissen, wie das gehen soll“, sagte Midyatli. Ihrer Überzeugung nach ist auf dem Weg in eine CO2-freie Zukunft „die Zeit individueller Lösungen vorbei. Wir brauchen kollektive Lösungen.“

SH in einer „Vorbildfunktion“ für Deutschland

Die SPD-Spitze präsentierte ihren Vorstoß anlässlich der Landtags-Beratungen über das Klimaschutzgesetz der Jamaika-Koalition am nächsten Mittwoch. Die Vorlage der Regierung werde ihre Fraktion ablehnen, kündigte Midyatli an. Jamaika errichte damit „Potemkinsche Dörfer“, lautet der Vorwurf der SPD. Schleswig-Holstein als Land mit besonders guten Voraussetzungen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien hat nach Ansicht der SPD-Chefin „eine Vorbildfunktion für die ganze Bundesrepublik“.

Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) hatte das Klimaschutzgesetz mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April überarbeitet, das alle staatlichen Ebenen zu mehr Anstrengungen auffordert.


Hälfte des Gesetzestextes für marginale Effekte

Nach Überzeugung Losse-Müllers reichen die von Albrechts Ressort zu Papier gebrachten Ausführungen aber „bei weitem nicht aus“. Allenfalls eine Einsparung von einer halben Million Tonnen CO2 pro Jahr komme damit zusammen. Nur marginal seien darin Maßnahmen mit konkreten Schritten zu Einspareffekten hinterlegt. Etwa bei den Landesliegenschaften. Damit beschäftige sich die Hälfte des Textes. Jedoch ergäbe sich daraus ein Minus von lediglich 85 000 Tonnen CO2. „Das sind nur 0,4 Prozent der Einsparungen, die erreicht werden müssen“, so der SPD-Spitzenkandidat. Und: „Gesetzestechnisch ist es eine Frechheit“, in die Vorlage für den Landtag Erklärungen hineinzuschreiben, „die wie Sätze in einem Wahlprogramm klingen. Ein Gesetz muss etwas regeln.“

Midyatli wies darauf hin, dass Jamaika auch bisher schon „bei den eigenen Klimaschutzzielen versagt hat“. Angepeilt waren 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990, das Land steht aber bei nur 27 Prozent weniger.

Zweifel an Kapazität der Windkraftgebiete

Eine der vordringlichsten Aufgaben für die Landesregierung sieht Losse-Müller darin, „zu evaluieren“, ob die auf zwei Prozent der Landesfläche ausgelegten Vorranggebiete für Windenergie ausreichen, um die darauf rein rechnerisch veranschlagte Strommenge zu erzeugen. Er hat Zweifel, weil Jamaika seiner Ansicht nach zu viele Kompromisse gemacht hat, die die Nutzbarkeit von Standorten minimieren. Dabei war die Ursprungsplanung überarbeitet worden, die Losse-Müller zu Zeiten der Küstenkoalition als Staatskanzlei-Chef mitverantwortet hatte.

Mehr lesen