Kommentar zum Gender-Verbot

Sprachliche Entwicklung sollte man nicht erzwingen – und erst recht nicht verbieten

Sprachliche Entwicklung sollte man nicht erzwingen

Sprachliche Entwicklung sollte man nicht erzwingen

SHZ
Schleswig
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Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat Schulen das Gendern per Erlass untersagt. Die Lornsenschule muss deshalb einen Fortschritt zurück machen. Foto: IMAGO / Christian Ohde/shz.de

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Mit dem Erlass des Bildungsministeriums zum Gender-Verbot fordert Karin Prien von der Lornsenschule und anderen, einige der Jugendlichen sprachlich auszugrenzen.

Kritiker von gendergerechter Sprache führen gerne an, dass Sprache sich entwickle und man diese nicht erzwingen könne. An der Lornsenschule tut dies auch niemand. Im Gegenteil: Sprache entwickelt sich und diese Entwicklung spiegelt sich auch an der Schule wieder.

Hier geht's zum Artikel: „Jetzt erst recht“ – Lornsenschülerinnen nehmen den „Gender-Fehler“ gern in Kauf

Das Bildungsministerium unter Karin Prien (CDU) versucht, diese Entwicklung von Sprache zu unterbinden. Würde es sich dabei um eine Entwicklung handeln, in der sich beispielsweise zunehmend diskriminierende Begriffe wie das N-Wort ihren Weg zurück in den Sprachgebrauch von jungen Leuten suchten, könnte man diskutieren, wie man dem entgegenwirkt. Schließlich würde es dann um Diskriminierung gehen.

Dass Menschen sich jedoch dazu entscheiden, zu gendern, weil sie niemanden ausgrenzen möchten, ist eine Entwicklung, der man keineswegs einen Riegel vorschieben sollte. Sie schadet niemandem. Das Gegenteil ist der Fall: Im Zweifel fühlen sich mehr Menschen angesprochen und inkludiert.

Ermuntern statt verbieten

Ein Bildungsministerium sollte hier ermuntern statt verbieten. Oder wenigstens sprachliche Entwicklungen nicht unterbinden und verbieten, was zu keinem Zeitpunkt verpflichtend war.

Zumal in der Bundesrepublik Deutschland das dritte Geschlecht „divers“ offiziell anerkannt ist. Und auch Karin Prien selbst verwendet nicht ausschließlich das generische Maskulinum, sondern spricht von „Schülerinnen und Schülern“. Mit der Entscheidung, das weibliche Geschlecht mit anzusprechen, entscheidet sie sich jedes Mal auch dafür, das dritte Geschlecht eben nicht mit anzusprechen und grenzt diverse Menschen so bewusst aus. Alles, was Lornsenschulleiter Carsten Schmolling und viele Lehrkräfte und Jugendliche der Schule wollen, ist die Möglichkeit, dies nicht zu tun.

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