Kultur

„Spricht die norddeutsche Seele an“: Was es mit den „Knicks“ auf Föhr auf sich hat

Was es mit den „Knicks“ auf Föhr auf sich hat

Was es mit den „Knicks“ auf Föhr auf sich hat

Gesche Roeloffs, shz.de
Wyk auf Föhr
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Museumsleiterin Jutta Kollbaum-Weber bei der Eröffnung der Doppelausstellung „Knicks – Grüne Adern der Kulturlandschaft“ und „Acker, Knick und Wiesenrand“, die noch bis zum 29. Oktober im Friesenmuseum zu sehen ist.  Foto: Gesche Roeloffs/SHZ

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Die Fotoausstellung „Knicks – Grüne Adern der Kulturlandschaft“ und Gemälde zum Thema „Acker,Knick und Wiesenrand“ des Künstlers Mathias Meinel sind derzeit im Dr.-Carl-Häberlin-Friesenmuseum in einer Doppelausstellung zu sehen.

Mit einer Gesamtlänge von zirka 45.000 Kilometern bereichern Schleswig-Holsteins Wallhecken, die sogenannten Knicks, vor allem das östliche Hügelland, bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen und be- und verzaubern mit ihren Farben und Strukturen die Landschaft.

„Diese Ausstellung ist mal etwas ganz anderes“, so Museumsleiterin Jutta Kollbaum-Weber, die nicht
nur zahlreiche Besucher zur Eröffnung begrüßen konnte, sondern auch Fritz Heydemann von der Marius-Böger-Stiftung, die verantwortlich zeichnet für das Konzept der Wanderausstellung „Knicks – Grüne Adern der Kulturlandschaft“.

Die Geschichte der Wälle aus Steinen und Gehölz reiche nachweislich bis in die Eisenzeit zurück,
erklärte Heydemann. Was heute ein Stacheldraht zu tun habe – zu gewährleisten, dass das Weidevieh auch dort bleibt, wo der Landwirt es hingetrieben hat – sei die Aufgabe der Knicks gewesen. Namensgebend sei dabei das Umknicken und Verflechten der Gehölzaustriebe mit dem Nachbarstrauch, um ein möglichst dichtes und undurchdringbares Geflecht zu erhalten.

Das „Auf den Stock Setzen“, ein radikaler Pflegeschnitt alle zehn bis 15 Jahre, hätte überdies der ländlichen Bevölkerung in den vergangenen Jahrhunderten kostbares Brennmaterial geliefert. „Mit der Flurbereinigung sank der Knickbestand von 75.000 Kilometern in den 1940er Jahren auf den heutigen Stand von 45.000 Kilometern“, so Heydemann und ergänzte, dass das „Auf den Knick Setzen“ für Landwirte teuer wurde, gerade, wenn es lediglich der vorgeschriebenen Knickpflege diente. „Aber jetzt ist Brennmaterial wieder willkommen“, freute sich der Referent.

Vor allem den Fotografen Klaus Dürkop und Dr. Henning Thiessen ist es zu verdanken, dass die
Besucher des Friesenmuseums einen Einblick bekommen von der Schönheit der Knick-Kulturlandschaft, die zu jeder Jahreszeit besonders ist und den Betrachter zu einem imaginären Spaziergang einlädt sowie Inspiration bietet für den nächsten Urlaub, der gar nicht in die weite Ferne führen muss.

Alltägliche Kulturlandschaft, ebenfalls Knicks, abgeerntete Maisfelder, Gräser im Wind, Matsch und
Ackerfurchen rückt der Hamburger Künstler Mathias Meinel mit seinen Gemälden in den Vordergrund. „Er spricht die norddeutsche Seele an“, ist sich Julia Sophie Kreetz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Museum, sicher und verweist auf die vielen rauen und herben Landschaftselemente, die Meinel als Freiluftmaler in den Mittelpunkt rückt. Und in der Tat – wer matschige Ackerfurchen in der Realität bisher banal fand, kann sich in selbige auf einem Ölgemälde spontan verlieben. „Sie malen ja meine Heimat“, soll eine Dame dem Künstler mal voller Erstaunen zugeraunt haben. „Stimmt“, dachte ein Besucher der Ausstellung laut, „dass Matsch so schön und vertraut sein kann!“

Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Oktober zu sehen.

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