Landtags-Debatte

Statistik täuscht: Grundschulen brauchen mehr Personal

Statistik täuscht: Grundschulen brauchen mehr Personal

Grundschulen brauchen mehr Personal

SHZ
Kiel
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Trotz mehr Studienplätzen bildet Schleswig-Holstein zu wenig Lehrkräfte für Grundschulen aus. Nicht alle finden die Leute, die sie brauchen. Das hat eine Debatte des Landtags gezeigt.

Rein statistisch wirkt es erstklassig: Gerade mal 47 von 5283 Stellen für Lehrkräfte an Grundschulen sind aktuell unbesetzt – eine Quote von 0,9 Prozent. Mit diesem Wert wartete Bildungsministerin Karin Prien (CDU) gestern im Landtag auf. Doch nicht nur aus Sicht der Opposition und der Lehrergewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW) verdeckt diese Zahl anhaltende Schwierigkeiten im Schulalltag. Selbst Priens natürlicher parlamentarischer Verbündete, der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Tobias von der Heide, stellte fest: „Die Herausforderungen bleiben sehr, sehr groß. Wir bilden zu wenige Grundschullehrer aus.“

Das zeigt sich daran, dass dort 11,6 Prozent der Stellen lediglich übergangsweise mit Vertretungslehrkräften besetzt sind. Das sind 1153 Personen, teilte Prien mit. Zugleich wächst in den Klassen 1 bis 4 der Anteil der Unterrichtenden, die keine abgeschlossene Lehrerausbildung haben: von 7,7 im vergangenen auf 8,3 Prozent im laufenden Schuljahr. Zudem, so der SPD-Bildungsexperte Martin Habersaat, seien in der von Prien verkündeten Besetzungsquote von 99,1 Prozent „auch diejenigen Lehrkräfte eingerechnet, die sich in Mutterschutz oder in Elternzeit befinden“. Deshalb verzerre diese rein rechnerische Angabe die Wirklichkeit. „Der Personalmangel an Grundschulen und auch an Förderzentren bleibt eklatant“, resümierte Habersaat.

Heraufstufung der Besoldung in Tippelschritten

Er erkannte zwar an, dass die Jamaika-Koalition die Besoldung der Grundschullehrkräfte an die der Kollegen an weiterführenden Schulen angleicht. Jedoch vollziehe sich der Wechsel von Besoldungsstufe A 12 an A 13 erst über so viele Jahre „und in so vielen Schritten, dass uns Länder, die nach uns gestartet sind, überholt haben“, so Habersaat. Darunter der Nachbar Hamburg – der deshalb Personal aus dem Speckgürtel abwerbe. Laut Prien sind inzwischen 40 Prozent der Differenz zwischen A 12 und A 13 beseitigt.

Die SSW-Schulpolitikerin Jette Waldinger-Thiering hielt dem Bildungsministerium vor, es lasse Grundschulen mit Vakanzen zu sehr allein. Sie „erwarte, dass das Ministerium da zentral eingreift anstatt auf die Eigenverantwortung er Schulen zu setzen“, um Lücken zu stopfen.

Steinburg und Hamburger Umlandkreise besonders in Not

Nach Erkenntnissen der Lehrergewerkschaft GEW ist es im Kreis Steinburg, in Dithmarschen und allen Hamburger Umlandkreisen am schwierigsten, Vertretungslehrkäfte und dann auch noch möglichst welche mit Lehrerausbildung zu finden. „Die Schere zwischen verschiedenen Regionen muss dringend kleiner werden“, fordert GEW-Geschäftsführer Bernd Schauer.

Positiv: Lehrer-Schüler-Relation hat sich verbessert

CDU-Mann von der Heide hatte indes auch eine positive Tendenz parat. Musste sich im Schuljahr 2015/16 noch eine Grundschullehrerin um 17 Schüler kümmern, sind es jetzt nur noch 15,7. „Das optimiert die Betreuungsrelation. Es ist also an den Grundschulen auch besser geworden.“ Zudem setze das Land im Primarbereich eine Höchstzahl an Lehrkräften im Vorbereitungsdienst ein und habe die Studienplätze aufgestockt.

Die Grünen-Bildungspolitikerin Ines Strelau erklärte: „Wir brauchen eine stärkere Steuerung bei den Studien- und Referendariatsplätzen“. Diese solle darauf reagieren, „dass wir derzeit für Grundschulen und Förderzentrun zu wenig, aber für die Sekundarstufe II über Bedarf ausbilden“. Sie nahm damit eine Ankündigung Priens in der Debatte auf. Die Ressort-Chefin hatte genau für so eine bessere Steuerung eine „Allianz für Lehrkräftebildung“ gemeinsam mit den Hochschulen in Aussicht gestellt. Inhalte dazu will sie erst noch vorstellen.

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