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„Taamsen“ und „teler apstelen“ – Was in der Weihnachtszeit auf Föhr anders als auf dem Festland ist

Was in der Weihnachtszeit auf Föhr anders als auf dem Festland ist

Was in der Weihnachtszeit auf Föhr anders ist

Gesche Roeloffs
Föhr
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Zum ersten Dezember haben wir die Föhrer Weihnachtstraditionen mal genauer unter die Lupe genommen. Foto: Folker Winkelmann/shz.de

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Die Föhrer Weihnachtstraditionen unterscheiden sich von denen auf dem Festland. Was es mit „taamsen“, „teler apstelen“ und „Kenken“ auf sich hat.

„Teler apstel!“ sagen Ida, Tjade und Enna vom Midlumer Kindergarten „Arche Noah“ auf die Frage, ob sie an den Abenden vor den Adventssonntagen ihre Teller ins Fenster stellen oder ob sie auf den Nikolaustag warten.

Das „teler apstelen“ ist typisch fering, schon Mama und Papa, Oma und Opa stellten die Teller ins Fenster und warteten sehnsüchtig auf den Sonntagmorgen. Die Gaben, die Kenken (der Weihnachtsmann) brachte, waren aus heutiger Sicht – und verglichen mit manchen Präsenten, die heute bereits zum Nikolaustag im Stiefel liegen – eher bescheiden: ein paar Kekse, wenig Schokolade, Nüsse und Äpfel.

Tjade und Enna räumen allerdings ein, dass sie auch die Nikolausstiefel vor die Tür stellen, aber bei Oma bleibt „teler apstelen“.

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Brauchtum der Osterlandföhrer

Die feierliche Advents-und Vorweihnachtszeit wird auf Föhr gerne „abgerundet“ von einem Spaß der besonderen Art: Dem „Taamsen“. Am letzten Donnerstagabend in der vollen Woche vor Weihnachten macht sich die Osterlandföhrer Jugend auf, alles was sich rollen lässt und eigentlich in den Wintermonaten trocken drinnen stehen müsste, heimlich zu stibitzen und an einen zentralen Platz im Dorf zu bringen. Der sogenannte Thomastag wird in Wyk immer am 21. Dezember, dem Tag des Heiligen Thomas, begangen. Im Westen der Insel Föhr ist der Brauch wiederum gar nicht üblich.

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Nicht immer stößt diese Tradition auf große Liebe, denn auch Mülltonnen, die ganzjährig nach draußen gehören, oder Blumenkübel und Gartenzäune stehen mittlerweile auf der „Beuteliste“ der Dorfjugend – mit etwas Glück findet man seinen Hausrat aber anderentags wieder auf dem Midlumer Schulhof.

Nach Ocke Nerong in dem Buch „Die Insel Föhr“ durfte nichts, was Rad hieß und drehbar war, in den Sonnenstillstands-Tagen bewegt werden, um den Stillstand des großen Zeitenrades zu feiern. Als die Sorgfalt, derlei Gegenstände in Sicherheit zu bringen, nachließ, habe sich wohl die Jugend der Sache angenommen…

„Julböögs“ oder Nordmann-Tanne?

Und welcher Baum schmückt nun das Weihnachtszimmer? „Haben wir noch nie gesehen“, sagt eine kleine Gruppe von Sandkasten-Buddlern, als sie auf ein Foto des traditionellen „Julböögs“ oder „Kenkenbuum“ blickt. Ein schlichtes und flaches, vielfach halbrundes Holzgestell wird mit Buchsbaum oder Efeu umwickelt, Gebäckfiguren („Kenkentjüch“), Rosinen- und Trockenpflaumen-Ketten, Äpfel und eventuell vier Kerzen runden das schlichte Aussehen ab.

Während die Sandkasten-Buddler sich auf ihre geschmückte Nordmann-Tanne freuen, empfiehlt eine Mutter, mal bei ihr vorbeizuschauen: „Bi üs stäänt son kenkenbuum!“ – zu deutsch: Bei uns steht so ein Kenkenbaum.

„Entenbraten! Wenn es Heiligabend keinen Entenbraten gibt, sind wir alle ganz traurig!“, sagt ein Papa, der gerade seine Tochter vom Kindergarten abholt. Andere Eltern erzählen von Gänsebraten oder überraschen sich jedes Jahr selbst aufs Neue mit einem besonderen Essen, Hauptsache, die Familie ist zusammen – wenn Corona es denn zulässt. „Wir spielen immer Bingo“, freut sich der kleine Alfred auf die Weihnachtszeit.

Traditionen zum Jahreswechsel

Den Jahreswechsel zelebriert Ida, indem sie „kenknen“ geht: Am Nachmittag des letzten Tages im Jahr macht sie sich – natürlich zünftig verkleidet – in ihrem Heimatdorf Alkersum auf, um von Tür zu Tür zu gehen und allen „frööligs neijuar“ (Ein Frohes Neues Jahr) zu wünschen. Zuvor präsentiert sie ein Lied, das selbst gedichtet ist oder (von Rolf Zuckowski) geliehen sein kann. Die dörflichen Zuhörer freuen sich immer sehr über den Besuch und unterstreichen ihre Freude mit einer großen Schale an Süßigkeiten, in die alle kleinen Sänger kräftig hineinlangen dürfen.

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„Und abends gehen wir Erwachsenen los zum Kenknen“, lacht Idas Papa, der sich ebenfalls an die Tradition hält und im Dorf bleibt. „Auf dem Sandwall war ich bisher nur einmal“, ergänzt er.

Sich zu verkleiden und von Haus zu Haus zu gehen, verbinden aber nicht alle mit Silvester – Halloween scheint bei einigen Familien die friesische Tradition abzulösen.

Christkind oder Weihnachtsmann – das ist hier die Frage

Bleibt noch die Frage, wer eigentlich auf Föhr die Geschenke zu Weihnachten bringt – Christkind oder Kenken alias Weihnachtsmann?

Das Christkind, das einige Wahl-Föhrer auch auf ihre Reise in den friesischen Norden nicht aus den Augen gelassen hat, wird in Ausnahmefällen einen Schlenker über die Insel machen, aber Kenken muss die Hauptarbeit leisten, denn er ist hier eindeutig bekannter.

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Allerdings könnte er sich entspannt zurücklehnen, wenn alle so bescheidene Wünsche hätten wie die kleine Enna, die sich – weil sie so schön glitzern – neue Kerzen wünscht.

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