Lübecker Bucht/Ostholstein

Tourismusentwicklungskonzept stößt auf geteiltes Echo

Tourismusentwicklungskonzept stößt auf geteiltes Echo

Tourismusentwicklungskonzept stößt auf geteiltes Echo

SHZ
Scharbeutz
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Geht es nach dem Tourismusentwicklungskonzept soll die Zahl der Betten an der Lübecker Bucht, aber auch die der Attraktionen für Tagesgäste, deutlich steigen. Foto: Daniel Reinhardt/dpa/shz.de

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Wie viele zusätzliche Hotels und Urlauber verträgt die Lübecker Bucht? Darüber gehen die Meinungen auseinander.

Wenn die Lübecker Bucht und Timmendorfer Strand auch künftig zu den stärksten Destinationen gehören will, sind einige Investitionen erforderlich – zu diesem Schluss kommt das Tourismusentwicklungskonzept 2030, das die Tourismus-Agentur Lübecker Bucht (TALB) mit Beteiligung der Timmendorfer Strand Niendorf Tourismus GmbH (TSNT) in Auftrag gegeben hat. Die Studie sieht vor, dass die Lübecker Bucht zu einer 365-Tage-Destination werden soll. Und dazu sei es unter anderem notwendig, die Zahl der Hotelbetten um 2100 zu erhöhen.

Weiterlesen: Mehr Hotels, mehr Attraktionen: So soll die Küste mehr Urlauber anlocken

Dehoga: Arbeitskräfte-Suche im Ausland?

Laut Unternehmensverbands (UV) Ostholstein-Plön arbeiten aktuell rund 15.000 Menschen in 350 Betrieben im UV-Geschäftsbereich im Sektor Hotellerie und Gastronomie. Mit dem Zuwachs an Betten und damit einhergehend dem Bau von Beherbergungsbetrieben werden sicherlich neue Arbeitsplätze entstehen. Doch der Mitarbeiter-Markt für die Branche ist bereits jetzt sehr ausgedünnt. „Arbeitskräfte werden händeringend gesucht“, sagte Matthias Drespling, 1. Vorsitzender des Dehoga-Kreisverband Ostholstein, ohne jedoch für die Region genauere Zahlen zur Hand zu haben. Aber auch diese Branche klagt seit längerem über den Fachkräftemangel.

Doch Hilfe könnte nahen: „Der internationale Arbeitsmarkt rückt näher“, sagte Drespling mit Blick darauf, dass es Überlegungen gebe, Köche, Servicekräfte und Co. aus dem Ausland anzuwerben. „Es hängt aber davon ab, was Deutschland denen bieten kann“, so Ostholsteins Dehoga-Chef. Ob nun Bleiberecht, Anerkennung von Abschlüssen oder die Bereitstellung von Wohnraum: „Die Bedingungen müssen stimmen“, sagte Drespling und ergänzte: „Aber welche Betriebe können das alles leisten?“

Dass jetzt bereits weiteres Personal dringend nötig ist, wird auch beim Blick auf die angepeilte Ganzjahresauslastung deutlich. „Wir kommen der Sache immer näher. Wir brauchen aber das Personal dafür“, gab Drespling zu bedenken und weiter: „In unserer Branche ist es schwer geworden. Es kommt also auf die Konzepte an.“

BUND: Ökologische Tragfähigkeit wird weit überschritten

Wie und ob nun einzelne Hotels und Pensionen um die Gunst der Gäste buhlen, ist für den BUND Ostholstein jedoch eher zweitrangig. Aus Sicht der Umweltschützer sind die Grenzen des Wachstums an der Lübecker Bucht bereits erreicht und weitere Hotelprojekte oder Erweiterungen touristischer Kapazitäten würden die Orte überfordern. „Ein Wachstum in der Größenordnung von 2100 Betten würde die ökologische Tragfähigkeit weit überschreiten“, sagte Gesine Rauhut von der BUND-Kreisgruppe mit Blick auf den „hohen Grad an Bodenversiegelung durch Gebäude, Parkplätze, Promenaden und Plätze“. Weitere Bauvorhaben lehnt der BUND ab. „Dass in Zeiten des Klimawandels die Bebauung von Kurparkflächen, Grünland und anderen Freiflächen überhaupt in Erwägung gezogen wird, ist erschreckend“, so Rauhut.

Tourismusverband: Bevölkerung mit einbeziehen

Peter Douven, stellvertretender Vorsitzender des Tourismusverbands Schleswig-Holstein, sprach sich indes dafür aus, dass Nachhaltigkeit in möglichen Konzepten nicht nur auf die ökologische Komponente begrenzt, sondern auch in Bezug auf die soziale und ökonomische Säule gesehen werden. „In diesem Zusammenhang müssen die Akzeptanz und die positive Sicht der Bevölkerung auf den Tourismus eine größere Rolle bei den Planungen und Entscheidungen auf örtlicher und regionaler Ebene spielen“, so Douven.

Infrastruktur bereits überlastet

Dehoga-Chef Drespling sprach sich wiederum für ausgewogene Konzepte an der Küste aus. „Muss denn jeder Ort alles vorhalten?“, fragte Drespling mit Blick auf die große Mobilität der Gäste, die zum Essengehen vielfach zwischen den Orten wechseln würden.

Apropos Mobilität: Es gibt zwar mehr als 2600 öffentliche Parkplätze allein in Scharbeutz sowie fast 650 in Haffkrug, aber dennoch gibt es gerade zu Spitzenzeiten meist Engpässe zum Abstellen von Auto und Co. „Straßen, Wege und Plätze sind häufig überfüllt, der Strand ist im Sommer kaum noch aufnahmefähig für noch mehr Menschen“, konstatierte Gesine Rauhut von der BUND. Die Zahl von Ferienimmobilien und Zweitwohnungen übersteige die Zahl der Festwohnsitze bei weitem, so Rauhut. Aber reicht die Infrastruktur auch mit Blick auf die Entsorgung aus?

ZVO sieht keine Probleme

Denn mehr Gäste sorgen auch für mehr Müll und Abwasser. Hanna Liedtke, Geschäftsbereichsleiterin der ZVO-Entwässerung, sagte, dass der Küstenbereich, hier besonders Scharbeutz und Haffkrug, an die zentrale Entwässerung der Kläranlage Ratekau angeschlossen sei. „Die Kläranlage kann die zusätzliche Abwassermenge problemlos aufnehmen“, sagte Liedtke. Die vorhandenen Anlagen würden kontinuierlich überprüft und bei Bedarf entsprechend an die steigenden Abwassermengen angepasst. „Das betrifft schon seit Jahren hauptsächlich das Kanalnetz und die betroffene Pumpwerke im Küstenbereich. Bei Konkretisierung der Planung werden wir im Rahmen der Baugenehmigung die betroffenen Anlagen überprüfen und beim Bedarf anpassen“, so Liedtke weiter.

Auch beim Thema Abfall könne durch entsprechende Anpassungen die Entsorgung sichergestellt werden. „Vielleicht kann man das Konzept der Unterflurbehälter integrieren, um ein modernes ansprechendes Abfallsammel- System zu nutzen“, sagte Michael Rakete, Geschäftsbereichsleiter ZVO-Abfallwirtschaft.

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