Inflation

Übergewinne abschöpfen: Angst vor Eigentor für Energiewende

Übergewinne abschöpfen: Angst vor Eigentor für Energiewende

Übergewinne abschöpfen: Angst vor Eigentor für Energiewende

Frank Jung
Kiel
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Die Neigung zu Investitionen in Erneuerbare Energien verschlechtert sich durch Pläne der Bundesregierung zur Abschöpfung von Übergewinnen. Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

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Die Bundesregierung will Teile der Gewinne von Energieerzeugern einkassiert. Aus Schleswig-Holstein kommen Warnungen vor einem unbeabsichtigten Neben-Effekt: Investitionen in mehr grüne Energien könnte das hinauszögern.

Die Erneuerbare-Energien-Branche sieht einen zügigen Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in Schleswig-Holstein durch die Bundesregierung gefährdet. Anlass ist die Absicht der Ampel-Koalition in Berlin, so genannte Übergewinne von Stromerzeugern abzuschöpfen. „Projekte, die man unter heutigen Gegebenheiten noch hätte realisieren können, werden durch die geplante Erlösabschöpfung unwirtschaftlich“, warnt Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien (EESH). „Wir gehen davon aus, dass viele geplante Megawatt aus Wind und Sonne nicht mehr gebaut werden.“

Das will die Bundesregierung mit dem Plan bewirken

Durch die Versorgungsknappheit in Folge des Ukraine-Kriegs machen Energieerzeuger aller Art seit dem Frühjahr exorbitante Gewinne. Einen Großteil davon will die Bundesregierung rückwirkend zum 1. September einkassieren. So möchte sie die Gaspreisbremse und den Strompreisdeckel für Privathaushalte und Unternehmen mitfinanzieren. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein Kollege Christian Lindner im Finanzressort lassen gerade die Details erarbeiten.

Investitionen sehen sich ohnehin mit Hürden konfrontiert

Hrach hält dem entgegen: „Es sind doch gerade die Erneuerbaren, die zu einer Kostensenkung des Strompreises maßgeblich beitragen. Die Erneuerbaren sollen die gesamte Energiewende stemmen – dazu muss die Branche aber dringend in neue Technologien investieren.“ Die Wirtschaftlichkeit vieler Investitionen sei ohnehin schon bedroht. Hrach verweist auf „dramatisch gestiegene Kosten“ durch Inflation und Zinssteigerungen.

Die von Land und EU finanzierte Netzwerkagentur Erneuerbare Energien SH teilt die Kritik an der Abschöpfung. Die Branche müsse ihre zusätzlichen Gewinne „für die Zukunftssicherung investieren“, so Projektleiter Peter Grosse. Das gelte insbesondere für Systeme, die grüne Energien speichern können, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Schleswig-Holsteins grüner Energiewendeminister Tobias Goldschmidt nennt die Pläne des Bundes zwar „nachvollziehbar“, mahnt jedoch im selben Atemzug zu Vorsicht: „Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir Betrieb und Zubau nicht abwürgen. Denn das wäre keine kluge Entlastung für die Menschen, sondern ein Eigentor in puncto Klimaschutz und Versorgungssicherheit.“ Seite x

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