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Ukrainer: DaZ-Klassen an Schulen in SH laufen über

Ukrainer: DaZ-Klassen an Schulen in SH laufen über

Ukrainer: DaZ-Klassen an Schulen in SH laufen über

Frank Jung
Kiel
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Die Schulen in Schleswig-Holstein können nicht aller Kinder aus der Ukraine so fördern wie eigentlich vorgesehen. Foto: Uli Deck

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Eigentlich hat Schleswig-Holstein ein weithin anerkanntes System, um Flüchtlingskindern den Weg zur deutschen Sprache zu ebnen. Doch die Kapazitäten reichen bei weitem nicht mehr aus. Ein Drittel der ukrainischen Schüler können die Zentren fü...

Durch die Flüchtlings-Bewegung aus der Ukraine sind mittlerweile so viele Kinder und Jugendliche nach Schleswig-Holstein gekommen, dass das die gezielte deutsche Sprachförderung an den Schulen überfordert. Von 4976 ukrainischen Schülern werden derzeit „aus Kapazitätsgründen“ rund 1700 und damit 34 Prozent außerhalb der so genannten DaZ-Zentren (DaZ = Deutsch als Zweitsprache) unterrichtet. Das hat das Bildungsministerium jetzt auf eine Kleine Anfrage des Schulexperten der SPD-Landtagsfraktion, Martin Habersaat, hin mitgeteilt.

Die derzeit 230 an normale Schulen angegliederten DaZ-Zentren wurden im Zuge der Flüchtlingskrise 2015/16 eingerichtet. In Starter-Klassen erwerben dort Kinder und Jugendliche kompakt 15 bis 25 Stunden pro Woche Grundkenntnisse in Deutsch. Je nach Lernfortschritt wechseln sie später in reguläre Klassen und erhalten dann zusätzlich zum allgemeinen Stundenplan noch zwei bis sechs Stunden Deutsch pro Woche. Experten bescheinigen der DaZ-Landschaft in Schleswig-Holstein eine im Bundesvergleich überdurchschnittlich gute Integrationsarbeit für Schüler.

Wo es die meisten ukrainischen Schüler gibt

Nahezu gleich je zur Hälfte verteilen sich die Ukrainer auf die Grundschulen und alle weiterführenden Schulen. Nirgends werden an DaZ-Zentren so viele Ukrainer unterrichtet wie im Kreis Segeberg: 1209 sind es dort. Damit liegt die Region noch deutlich vor den großen Städten. Dort entfallen auf Kiel 868, Lübeck 747, Flensburg 523 und Neumünster 400. Bei den Kreisen folgen Pinneberg mit 1008 und Rendsburg-Eckernförde mit 896.

Wer mangels Kapazitäten nicht in einem DaZ-Zentrum untergebracht werden kann, wird laut Ministeriumnach Wohnortnähe und den „in der jeweiligen Region vorhandenen räumlichen und personellen Kapazitäten“ auf die übrigen Schulen verteilt.

Ukraine-Krieg hat Zulauf zur DaZ-Basisstufe mehr als verdoppelt

Als Erklärung, warum die DaZ-Zentren derzeit völlig überlaufen sind, verweist die Landesregierung auf die schiere Masse neuer Schüler durch den Kriegsausbruch: In der DaZ-Basisstufe hat sich mit den Ukrainern die Zahl der Kinder und Jugendlichen mehr als verdoppelt.

SPD-Schulexperte fordert mehr Geld und Entfristungen

Bei aller Hoffnung, dass die Ukrainer möglichst bald in ihre Heimat zurückkehren können, mahnt Habersaat die Landesregierung, sich auf einen Ausbau der DaZ-Angebote einzustellen: „Kurzfristig muss man mit Provisorien agieren, grundsätzlich sollte man aber die Strukturen so schnell wie möglich den Erfordernissen anpassen“, sagt er. Die 15 Wochenstunden in der DaZ-Basisstufe sollten „möglichst von qualifizierten Lehrkräften mit unbefristeten Verträgen gegeben werden. Es wäre falsch, hier auf Menschen zu setzen, die sich ab August nächsten Jahres Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen müssen.“

So viel Geld hat das Land bisher eingeplant

Bis zu diesem Datum sind die bisherigen Extra-Ressourcen befristet, die der Landtag für eine Integration von Ukrainern an den Schulen bewilligt hat: 5,5 Millionen Euro für reguläre DaZ-Lehrkräfte, 4,2 Millionen für aus der Ukraine stammende Kollegen und acht Millionen für Vertretungskräfte.

Habersaat will mehr DaZ-Zentren an Gymnasien

Die Strukturen den Erfordernissen anzupassen, heißt für Habersaat, „dass es auch zusätzliche DaZ-Zentren geben muss.“ Der Sozialdemokrat will „diese Chance nutzen“, DaZ-Zentren vemehrt auch an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe einzurichten. Bisher befinden sich – außer an den Grundschulen – die allermeisten DaZ-Zentren für die weiterführenden Jahrgänge an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe. Habersaat ist zuversichtlich, „dass gerade Schüler aus der Ukraine gute Chancen haben, ihr Abitur in Schleswig-Holstein zu erwerben“.

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