Umzug von Berlin nach Sylt 2022

Ulla Kock am Brink über ihr neues Leben auf Sylt und Frauen über 60 im TV

Ulla Kock am Brink über ihr neues Leben auf Sylt und Frauen über 60 im TV

Ulla Kock am Brink über ihr neues Leben auf Sylt

SHZ
Sylt
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Ulla Kock am Brink mit ihrem Mann Peter Fissenewert in ihrer neuen Wohnung in Westerland. Foto: Pischel/shz.de

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Im Interview mit shz.de spricht die Fernsehmoderatorin exklusiv über ihren Neustart mit der „100.000 Mark Show“ auf RTL – und darüber, warum sie und ihr Mann die Wohnung in Berlin aufgegeben haben, um auf Sylt zu leben.

Die Doppelfenster sind geöffnet: In ihrer lichtdurchfluteten Wohnung in Westerland empfängt mich Ulla Kock am Brink. Die große Wohnung mit Dachgarten in Berlin-Wilmersdorf haben die Moderatorin und ihr Mann Peter Fissenewert vor einem Monat aufgegeben, um komplett nach Sylt zu ziehen. 20 Jahre hat sie in der Hauptstadt gewohnt und jetzt auf der Nordseeinsel einen Neuanfang gestartet. Bei E-Zigarette, Kaffee und Sylter Sprudel spricht die 60-Jährige über Sturmfrisuren, den Tausch ihrer großen Berliner Wohnung gegen eine kleine auf Sylt und Diskriminierung von älteren Moderatorinnen in Deutschland. Das Gefühl, Gast in einem Design-Hotel zu sein, verschwindet während des rund einstündigen Gesprächs nicht.

Frau Kock am Brink, auf der Insel Freunde zu finden fällt einigen Neuankömmlingen schwer. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Wir haben hier viele Sylter Freunde. Einsam sind wir in den Wintermonaten also nicht. Einige Freunde, die auf Sylt leben, haben wir schon in Berlin getroffen. Zudem waren wir ja schon vor unserem Umzug regelmäßig auf Sylt und haben zum Beispiel beim Charity-Golfturnier „Heartkeepers-Herzen Für Berlin“ – zugunsten des Deutschen Herzzentrums Berlin – das ich moderiert habe, viele Menschen kennengelernt. Und Mit Jan Scharfe (Inhaber des Restaurant „Beach House“ in Westerland, Anm. d. Red.) bin ich schon lange befreundet.

Ja, Sie machen zusammen den „Beach House Talk“, der auf Youtube und dem lokalen Sender Sylt1 zu sehen ist.

Das macht großen Spaß. Im Juli werden wir Louis Ignarro zu Gast haben, der das Viagra erfunden hat und Nobelpreisträger ist. Und bald moderiere ich eine Ausstellung mit Bildern des bekannten Fotografen Peter Badge, der alle noch lebenden Nobelpreisträger fotografiert hat. Die Fotos sind dann in Kampen und im Beach House in Westerland zu sehen.

Sie haben Ihre Wohnung in Berlin komplett aufgegeben und sind nach Sylt gezogen. Wie kam es zu diesem gewagten Schritt?

Diese Situation, dass wir zwei Wohnungen bewohnen, hat sich für mich nicht richtig angefühlt. Ich war hin-, und hergerissen: Wenn ich in Berlin war, habe ich von Sylt geträumt, aber wenn ich auf Sylt war, habe ich nicht von Berlin geträumt. Ich hatte also keine Sehnsucht. Wir haben dann festgestellt, dass wir uns hier so heimisch und aufgehoben fühlen. Dieser Geborgenheitsfaktor bekommt vielleicht besonders jetzt, durch die unruhigen Zeiten der Pandemie und Krieg, eine neue Bedeutung. Ich habe einfach auf mein Herz gehört. Das Leben ist um einiges leichter auf der Insel.

Worauf beziehen Sie das?

Wenn ich hier zum Amt gehe, dauert das drei Minuten und dann bin ich wieder raus. In Berlin warte ich drei bis vier Monate, weil da in der Verwaltung nichts funktioniert. Auch der Kleidungsstil hier auf der Insel ist lässiger. Und zum Beispiel auf dem Wochenmarkt ist die Atmosphäre ganz anders. Da ist mir das ruppige Klima auf Sylt lieber, als ein ruppiger Umgang miteinander.

Aber ruppiges Wetter ist auch nicht immer angenehm.

Den Traum, hier eine anständige Frisur zu behalten, habe ich aufgegeben (lacht).

Aber warum dieser harte Cut: Vermissen Sie Berlin nicht?

Mein Mann hat noch sein Büro in Berlin. Wir lieben die Stadt und sind weiter regelmäßig dort. Aber mir gefällt im Moment das weniger Große. Berlin ist einfach verdammt groß. Auch die Lautstärke, dieses ständige Grundrauschen der Stadt vermisse ich nicht. Berlin ist nie ganz ruhig.

Und was haben Sie aus der Stadt mitgenommen?

Einen Sessel, ein altes Stück aus einem Club in Amsterdam, zwei Stühle und Bilder. Ansonsten haben wir uns neu eingerichtet und zum Beispiel tolle Lampen auf der Insel gefunden.

Das klingt nach krassem Downsizing: Was haben Sie mit Ihren ganzen Sachen aus der alten Wohnung gemacht? Hier haben Sie ja deutlich weniger Platz.

Wir haben viel verschenkt, zum Beispiel an die geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Ich habe zwei Drittel meines Kleiderschranks ausgemistet: Darunter Winterschuhe und Winterjacken, die damals noch dringend gebraucht wurden. Eine Freundin hat zudem einiges für uns verkauft. Mein komplettes Küchenzeug habe ich verschenkt. Es freut mich, wenn man nützliche Dinge nicht einfach wegschmeißt, sondern weitergibt. Und das haben wir konsequent gemacht.

Viele auf der Insel haben auch ein (Möbel-)Lager: Sie auch?

Ja, große Kunstwerke haben wir in Niebüll eingelagert, falls wir irgendwann eine Wohnung finden, die ausreichend Platz dafür bietet.

2019 haben Sie auf Sylt geheiratet: Was macht Sylt für Sie so besonders?

Das tollste ist für mich einfach das Licht. Das ist sommers wie winters so magisch – das hat für mich eine besondere Kraft. Jetzt haben wir uns entschieden hier zu leben – und vielleicht wird es für immer.

Und gibt es auch negative Bilder?

Ich habe den Eindruck, dass hier nicht so wirklich Hand-in-Hand kooperiert wird. Jede Gemeinde macht ihr eigenes Ding. Ein bisschen mehr Kooperation fände ich moderner, als immer auf dem zu beharren, was man seit Jahrzehnten schon tut.

Stillstand gibt es bei Ihnen hingegen nicht: Von 1993 bis 1998 haben Sie die RTL-Spielshow „100.000 Mark Show“ moderiert: Jetzt wird es mit Ihnen eine Neuauflage der Sendung geben. Wie kam es dazu?

Das war immens überraschend. Ich habe echt Puls bekommen, als der Anruf kam. Erst konnte ich nicht glauben, dass das wirklich ernst gemeint war. Aber ich habe sofort reinen Herzens zugesagt. Die Neuauflage setzt natürlich auf diesem Retro-Trend auf: Im Moment werden viele 90er Jahre Shows wieder ins Programm gerufen.

Moderatorinnen um die 60 gibt es – mit wenigen Ausnahmen mit zum Beispiel Birgit Schrowange – im deutschen Unterhaltungs-Fernsehen nicht. Wie stehen Sie dazu?

Ich werde dann eine der wenigen Frauen sein, die in dem Alter noch eine Unterhaltungs-Show bekommen. Vielleicht setzt das ja was in Gang. Es wird Zeit: Wir reden immer alle von Diversität und alle empören sich – aber wenn es darum geht, Altersdiskriminierung zu bekämpfen, da hapert es noch in Deutschland. In Holland und Amerika arbeiten ganz viele Frauen auch über 60 im Fernsehen.

Diversität heißt für mich eben auch, dass jedes Alter respektiert wird, genauso wie Herkunft, Aussehen, Körperform. Bei Männern wird das überhaupt nicht hinterfragt. Da ist es völlig selbstverständlich. Bei Frauen im Showbiz ist das anders: Viele gehen ab 50 in die Unsichtbarkeit. Ich werde alles dafür tun, dass ich nicht unsichtbar bin (lacht). Und damit möchte ich auch anderen Frauen Mut machen, unabhängig von ihrem Alter in bestimmten Positionen zu arbeiten. Frauen, die das Talent und die Fähigkeit dazu haben zu sprechen, sollten doch bitte auch eingesetzt werden. Ich sehe mich als die „Elder Stateswoman“ für Shows.

Was werden Sie jetzt anders machen als vor rund 30 Jahren?

Dieses immense Hinterherrennen und dieses Anfeuern und Rumschreien werde ich sicherlich nicht mehr in dem Maße machen. Ich werde niemandem auf den Rücken hauen, damit er seine letzten Kräfte mobilisiert. Das fände ich jetzt unpassend. Inhaltlich ändert sich im Vergleich zu damals nicht viel.

Was macht diese Show so besonders für Sie?

Es war damals eine Show, die deshalb Kult-Charakter hatte, weil es die erste richtig riesige Show war, die mega Erfolg hatte – neben der Traumhochzeit (RTL-Fernsehshow, 1992-2000 moderiert von Linda de Mol, Anm. d. Red.). Und es war damals nicht normal und neu, dass Frauen eine solche Position einnehmen: Als Spielleiterin sowie Begleiterin der Kandidaten – also eine Mischung aus Empathie und Schiedsrichterin. Auch das dramaturgische Konzept, dieses „Buddy und Brain“-Konzepts war neu für die Zeit und sehr modern umgesetzt von der Produktionsfirma Endemol.

Wie bereiten Sie sich jetzt vor?

Das ist schon ein ziemlicher Ritt, diese Show zu moderieren und ein ziemliches Kopfkino, mit zwölf Kameras, die muss man ja bedienen. Das ist eine Herausforderung. Bis dahin mache ich mich fit: Seit März habe ich auf Sylt zwei Mal pro Woche Personal-Training mit Rainer Grunow in Wenningstedt. Das macht Spaß und bringt unheimlich viel. Ich boxe, mache Langhantel-Training und viele Bauchübungen. Es geht mir nicht darum dünn zu sein, denn das bin ich nicht, sondern es geht darum Kraft zu haben. Damit ich das aushalte und durchhalte, denn die Drehs sind auch körperlich sehr anstrengend.

Wie viele Shows wird es geben?

Wir werden im August erstmal vier Folgen in Köln produzieren. Und entweder ist der Retro-Trend dann vorbei, oder wir machen weiter. Aber da bin ich entspannt. Ich freue mich erstmal auf die Dreharbeiten und die irrsinnige Atmosphäre die da kreiert wird. Der Regisseur Mark Achterberg ist ein totaler Profi.

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