Landwirtschaft auf Eiderstedt

Verheerende Schäden durch Gänsefraß: Westerhevers Bauern suchen nach Lösungen

Verheerende Schäden durch Gänsefraß

Verheerende Schäden durch Gänsefraß

SHZ
Westerhever
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Landwirt Kai Dircks erläutert in welchem Zustand sich sein Feld befindet nachdem Nonnengänse dort gegrast haben. Foto: Annika Jensen/shz.de

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Extrem kurze Grasnarbe, überall Kot und die Disteln nehmen Überhand: Die Schäden durch die Nonnengänse bleiben in Westerhever für die Landwirte extrem. Nun wurde in großer Runde wieder einmal über Lösungen diskutiert.

Seit Jahren wird diskutiert. Seit Jahren bessert sich die Situation nicht. Die Gänse auf Eiderstedt fressen und koten weiter auf den Flächen der Landwirte und bedrohen so nicht nur Existenzen, sondern beenden sie auch. Westerhevers Bürgermeister Olaf Dircks (BGW) lud am Donnerstag zu einer Besichtigungstour in seine Gemeinde. Auf einer Wiese sagte er: Der Hof dort hinten, der dort drüben und die Schäferei dort. Sie alle sind gegangen und das wegen der Gänse. Und das Land ist so nachhaltig zerstört, dass die Höfe keine neuen Eigentümer finden.“

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Geladen zu der Besichtigungstour waren Landwirte in seiner Gemeinde, Vertreter des Landkreises, der politischen Parteien, und der Interessenverbände der Landwirte, der Jäger, der Naturschützer. Kai Dircks ist einer der betroffenen Landwirte. Und eine seiner Weideflächen war das erste Ziel der rund 30-köpfgen Runde. „Diese Fläche ist normalerweise gut. Aber das, was ich hier ernte an Gras, ist nicht geeignet für Milchkühe. Für eine professionelle Landwirtschaft ist diese Fläche nicht nutzbar.“


So weit das Auge reicht, liegen kleine, dunkle Kotwürste. Das Gras ist extrem kurz runtergefressen. Die Nährstoffe des Grases befinden sich in den unteren Zentimetern. Die braucht die Pflanze, um nach dem Abmähen wieder zu wachsen. Doch die Gänse, auf Eiderstedt sind es vor allem Nonnengänse, fressen auch diesen wichtigen unteren Bereich der Graspflanze weg. Durch ein derartiges Abgrasen schon im Frühjahr, würde sich zum einen der erste von vier Abschnitten weiter nach hinten verschieben und zum zweiten werde die Ernte im Rest des Jahres schlecht, wenn schon der erste Schnitt nicht gut sei.

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„Die Unkräuter, Disteln zum Beispiel, lassen die Gänse stehen“, sagt Kai Dircks. „Und die setzen sich dann ungehemmt durch und verdrängen dadurch das Gras. Das, was wir dann vielleicht noch ernten können, eignet sich durch dieses Unkraut noch weniger als Futter für die Milchkühe.“ 80 Hektar bewirtschaftet er. Seine Söhne wollen den Betrieb eines Tages übernehmen. “ Sieben bis 10.000 Euro Schäden habe er durch die Gänse jedes Jahr, erläutert Dircks seinen Zuhörern.


Westerhevers Bürgermeister Olaf Dircks ergänzt: „Hier ist Vogelschutzgebiet. Das heißt, der Landwirt muss die Auflagen des Schutzgebietes erfüllen. Er bekommt aber keinen Ausgleich für die entsprechenden Kosten, die als Auflage des Vogelschutzgebietes anrechenbar wären.“

Schutzziel längst überschritten – was nun?

Er sagt: „Der Schutz der Nonnengäse ist politisch gewollt, aber dann muss auch die Gemeinschaft dafür sorgen, dass betroffene Landwirte entschädigt werden.“ Er schlägt vor, darüber nachzudenken, die Salzwiesen als alternative Bewirtschaftungsflächen zu nutzen.


„Das Problem ist, dass die Nonnengans vollkommen zu Recht, unter Schutz gestellt worden ist“, sagt Landwirt Peter Theodor Hansen, der auch Vorsitzender des Eiderstedter Naturschutzvereins ist. „Das Ziel war: Wenn es 85.000 Tiere gibt, ist der Bestand gesichert. Jetzt sind wir bei 320.000 und die Politik ändert sich nicht. Ich bin der Meinung, wenn das Schutzziel erreicht ist, muss man regulierend eingreifen.“

Landwirtschaftsministerium will helfen

Später wurde über Lösungen diskutiert. Michael Kruse stellte für das Kieler Landwirtschaftsministerium dessen Gänsemanagement vor. Es bestehe aus drei Hauptsäulen: Regulierung, Vergrämung und Duldung. „Dabei spielt die Bestandsreduktion eine untergeordnete Rolle. Mit Jagd allein ist der Population nicht mehr beizukommen“, so Kruse. Das Angebot der Ministeriums, unter dem Vorbehalt, dass dem die EU-Kommission noch zustimmen muss, sei, dass bei Vertragsnaturschutz die Gänse geduldet werden. Und dass die Landwirte für eine entsprechen, gänsefreundliche Bewirtschaftung ihrer Flächen pro Hektar vom Land entschädigt werden.

Die anwesenden Landwirt zeigten sich skeptisch, dass die Maßnahme ausreichen wird, um Existenzen zu sichern.

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