Kutschfahrt zur Hallig Südfall

Mit vier PS durchs Wattenmeer: Vor dem Start der Touren haben die „Wattenkutscher“ noch einiges zu tun

Mit vier PS durchs Wattenmeer

Mit vier PS durchs Wattenmeer

SHZ
Nordstrand
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Merete Hansen und die anderen „Wattenkutscher“ bereiten die Pferde jetzt sorgfältig auf ihre künftigen Touren mit der Kutsche über das Watt zur Hallig Südfall vor. Foto: SILKE SCHLUETER / SHZ

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Bald laden die „Wattenkutscher“ wieder zu einzigartigen Ausflügen in den Nationalpark Wattenmeer ein. Bis dahin gibt für Mensch und Tier noch einiges zu tun. Vom Klimawandel merken die Kutscher noch nichts.

„Mit Pferd und Wagen den Nationalpark Wattenmeer zu befahren, ist für uns ein großes Privileg“, sagt Holger Hansen, der vor sechs Jahren eine mehr als 50 Jahre alte Tradition übernommen hat: Von April bis Oktober bringt der „Wattenkutscher“ Ausflügler von Nordstrand aus hinüber zur Hallig Südfall – nur bei Ebbe, versteht sich. Die 2 PS-starke Fahrt über den dann sichtbaren Meeresboden ist für Einheimische wie Gäste ein einzigartiges Erlebnis. Unterstützt wird der Viöler auf diesen Touren von einigen sehr erfahrenen Kutschern.


Merete Hansen gehört seit vielen Jahren zum „Wattenkutscher“-Team. In der Saison übernimmt sie bis zu vier Mal pro Woche eine Tour ab Badestelle Fuhlehörn – erstmals am 3. April. „Langweilig wird das nie“, sagt sie, denn: „Jede Fahrt ist anders, und das nicht nur wegen der unterschiedlichen Gäste an Bord. Auch die Hallig präsentiert sich uns jedes Mal in einem anderen Licht“, erzählt sie. Sie ist jedes Mal wieder fasziniert von diesem Schauspiel.

Wasser und Salz setzen den Kutschen ordentlich zu

Jetzt ist das Team dabei, sich auf die im April beginnende Saison vorzubereiten – und da gibt es eine Menge zu tun, wie Holger Hansens Ehefrau Maren berichtet, die sich vorrangig um die Verwaltung der Wattenfahrten kümmert. Unter anderem müssen die drei Kutschen nach der letzten Fahrt im Oktober in die Werkstatt, um dort bis ins kleinste Detail inspiziert zu werden.


„Vor allem die Bremsen müssen überholt werden. Abgesehen davon werden alle tragenden Teile überprüft und meist müssen auch etliche Bolzen und andere Verschleißteile ausgetauscht werden“, sagt sie und kennt auch die Gründe dafür: „Die Kutschen sind von Frühling bis Herbst ständig dem salzigen Wasser und Sand ausgesetzt. Beides zusammen wirkt wie Schmirgelpapier auf die Metall- und Holzteile, deshalb ist eine gründliche Überholung im Winter unumgänglich“, so Maren Hansen.

Herausforderung: Plattfuß im Watt

Früher hatten die Wattenkutscher auch noch häufig mit platten Reifen zu kämpfen, die meist dann auftraten, wenn die Kutschen an sehr heißen Tagen aus dem kühlen Watt heraus auf die aufgeheizten, spitzen Steine der Hallig rollten. Dann war nicht selten ein anstrengender Reifenwechsel nötig. „Das ist zum Glück vorbei, seit wir unsere Kutschen mit Lkw-Reifen ausgestattet haben, die ein Metallgeflecht im Gummi haben“, sagt sie.

Doch Kutschenpflege ist auch während der Saison angesagt: Die Wagen werden jeden Abend mit einer gründlichen Dusche von Salz- und Wattresten befreit. Und auch die Pferde kommen nicht zu kurz: „Die Tiere wälzen sich danach auch sehr gerne im Sand“, erzählt sie mit liebevollem Blick auf die Pferde, die jetzt schon in Sichtweite ihrer künftigen „Arbeitsstelle“ an der Badestelle Fuhlehörn grasen und vor dem Start noch einmal neu beschlagen werden. Die für das Ziehen der Kutschen notwendigen Muskeln bauen sie im Rahmen entspannter Trainingsfahrten auf.


Arbeit für neun Pferde

Insgesamt stehen neun Arbeitstiere – zumeist Fjordpferde – im Dienst der „Wattenkutscher“. Pro Ausflug werden je Kutsche zwei Pferde benötigt, die maximal zwei Stunden arbeiten (die Kutsche hin- und zurückziehen) und sich dazwischen auf der Hallig 90 Minuten lang ausruhen dürfen. Am nächsten Tag sind andere Teams dran, so dass jedes Tier regelmäßig Ruhetage einlegt.

Für Merete Hansen ist das selbstverständlich: „Das Wohl der Pferde steht an erster Stelle. Sie sind meine wichtigsten Arbeitskollegen. Da draußen müssen wir uns zu 100 Prozent aufeinander verlassen können“, betont sie. Sie selbst hat den für diese Arbeit erforderlichen Basispass Pferdekunde, die Kutschenführerscheine A und B und einige Fortbildungen – von der Personenbeförderung über die Ladungssicherung bis hin zur Ersten Hilfe. „Alle fünf Jahre sind solche Fortbildungen Pflicht“, sagt sie.

Freilaufende Hunde und wilde Reiter

Um die Pferde auf das vorzubereiten, was während der knapp einstündigen Fahrt über das Watt auf sie zukommen könnte, finden die ersten Fahrten ohne mitfahrende Gäste statt. „Freilaufende Hunde, die bellend auf die Kutsche zujagen, oder wilde Reiter auf Überholkurs sind ein echtes no go“, bittet Merete Hansen alle anderen „Verkehrsteilnehmer“ im Watt darum, mit Verstand an die Sache heranzugehen. „Übrigens hat die Pferdekutsche immer Vorfahr“, weist Maren Hansen auf eine klare Regel hin.

Klimawandel: Vor Südfall ist die Wattenwelt noch in Ordnung

Auf die Frage, ob der Klimawandel auf den Fahrten durch das Watt schon zu spüren ist, schüttelt die erfahrene Kutscherin den Kopf: „Zwar hat sich das Wetter verändert und auch der Wind ist spürbar anders. Ansonsten aber ist da, wo wir unterwegs sind, alles so wie immer. Die Priele sind nicht tiefer als früher, und das Wasser geht immer noch weit genug zurück, dass wir die sieben Kilometer zur Hallig problemlos über das Watt kommen“, sagt Merete Hansen.


Da die Hallig unter Naturschutz steht und aufgrund ihrer Lage im Nationalpark den Regeln der Schutzzone 1 unterliegt, dürfen die „Wattenkutscher“ pro Tag maximal 50 Personen nach Südfall bringen. Die Touren dauern insgesamt 3,5 Stunden, inklusive 1,5-stündigem Aufenthalt auf Südfall. Alle, die noch nie so eine Kutschfahrt durch das Watt gemacht haben, sollten bedenken, dass die Fahrten im Juli und August meist sehr früh ausgebucht sind. Eine frühzeitige Terminsicherung ist deshalb zu empfehlen. Die Abfahrtszeiten und Buchungsmöglichkeiten sind hier zu finden: www.wattenkutscher.de

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