Arbeitsmarkt
Vier-Tage-Woche: Kleine Unternehmen haben weniger Möglichkeiten
Vier-Tage-Woche: Kleine Unternehmen haben weniger Möglichkeiten
Vier-Tage-Woche: Schwierig für kleine Unternehmen
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Mehr Freizeit, weniger Stress – das versprechen sich Arbeitnehmer und Unternehmen von flexiblen Arbeitszeitmodellen wie der Vier-Tage-Woche.
Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – das ist das Prinzip der Vier-Tage-Woche. „Man muss sich die Frage stellen: Wie soll das gehen?“, sagt Martin Felske, Geschäftsführer des Autohauses Lüttmer & Felske in Schleswig. „Das ist nur sehr schwer machbar in einem Betrieb, der täglich im Kundenkontakt aktiv ist und damit sein Geld verdient.“
Das Schleswiger Unternehmen hat einen Werkstatt- und einen Verkaufsbereich – beide von Montag bis Sonnabend mit Kundenkontakt. „Wir können nicht zu den Kunden sagen: Kommen Sie nächste Woche wieder. Dann ist der Mitarbeiter wieder da“, betont Felske, der diese Positionen durch weiteres Personal aufstocken müsste.
Hinzu kommt: Schon im normalen Alltag sei immer mal ein Mitarbeiter nicht da, weil er krank oder zur Schulung sei oder Urlaub habe. Dazu könnten auch noch Angestellte in Elternzeit kommen. „Es ist so schon schwierig, in der heutigen Zeit den Betrieb auf 100 Prozent zu halten“, sagt Felske. Auch 40 Stunden Arbeitszeit auf vier Tage zu verteilen, sei bei 57 Stunden Öffnungszeiten und 24-Stunden-Notdienst nicht möglich.
Jedes Unternehmen müsse individuell prüfen, ob und wie weit es Vier-Tage-Wochen als Arbeitszeitmodell anbietet, sagt Stefan Wesemann, Leiter der Geschäftsstelle Schleswig der Industrie- und Handelskammer (IHK) Flensburg. „Kleine Geschäfte oder Handwerksbetriebe sowie der Einzelhandel müssen ja trotzdem die Produktivität sicherstellen“, sagt er.
Im Kreis Schleswig-Flensburg sei die Anzahl der Unternehmen, die dieses Arbeitszeitmodell für alle Mitarbeiter eingeführt haben, noch sehr gering. Wesemann schätzt, dass nur etwa 50 Unternehmen eine Vier-Tage-Woche im gesamten Betrieb haben. Hinzu käme aber, dass von den rund 15.000 Unternehmen im Kreisgebiet, die Mitglied der IHK sind, etwa 80 Prozent mindestens einen Mitarbeiter haben, der in Teilzeit arbeite oder ein anderes Arbeitszeitkonzept vereinbart habe, so Wesemann
Eine Vier-Tage-Woche im gesamten Betrieb habe Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sagt der Experte. Für den Arbeitgeber könne es ein Vorteil sein, wenn sich eine 40-Stunden-Woche auf vier Tage verteilt und dadurch beispielsweise am fünften Tag die Fahrt zu einer Baustelle entfällt.
Zudem könne es die Produktivität der Arbeitnehmer steigern, wenn sie durch eine Vier-Tage-Woche ein langes Wochenende machen oder an ihrem freien Tag private Termine wahrnehmen könnten.
Vier-Tage-Woche: Unternehmensweite Lösungen sind sinnvoll
Es gibt verschiedene Modelle für eine Vier-Tage-Woche: Zum einen gibt es die Möglichkeit, die Arbeitszeit von 40 Stunden statt auf fünf auf vier Tage zu verteilen. Oder Arbeitnehmer können bei weniger Lohn und Urlaubsanspruch auf vier Tage in der Woche reduzieren.
Wesemanns Meinung nach seien unternehmensweite Lösungen sinnvoller als Regelungen für einzelne Mitarbeiter. Aber auch vor diesem Schritt sei es wichtig, in Einzelgesprächen die Wünsche der Mitarbeiter abzufragen.
Stress und Überlastung: Frust bei den Mitarbeitern vermeiden
Wenn die Arbeitszeit für einzelne Arbeitnehmer angepasst wird, sei es wichtig, für die Zeit, in der ein Kollege fehlt, einen Ersatz zu finden. Sonst würde mehr Arbeit auf die Schultern der anderen Angestellten verteilt werden. Das wiederum schadet sowohl den Arbeitnehmern als auch dem Arbeitgeber:
Martin Felske sieht in diesem Konzept Nachteile. Natürlich könne er weitere Mitarbeiter einstellen, die die Angestellten an ihren freien Tagen vertreten. Aber: Das kostet Geld, das letztlich auf die Kunden umgelegt werden müsste.
Nicht jedes Unternehmen kann Vier-Tage-Woche für alle anbieten
Flexible Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche seien in der Industrie, der Verwaltung und in staatlichen Einrichtungen möglich. „Das kann man aber nur schwer auf alle Betriebsarten überstülpen.“ Die große Mehrheit seien kleine Betriebe, die nicht die gleichen Möglichkeiten hätten wie eine Verwaltung oder staatliche Einrichtungen, so Felske.
Anders sei die Situation natürlich, wenn ein Mitarbeiter Kinder betreuen oder aufgrund von familiären Problemen beruflich kürzertreten muss. Dann gelte es, individuelle Lösungen zu finden. „Das empfinde ich als meine unternehmerische Pflicht“, sagt Martin Felske.
Hohe Energie- und Lebensmittelpreise: Wer kann sich weniger Arbeit leisten?
Bisher sei er noch von keinem Mitarbeiter nach einer Vier-Tage-Woche gefragt worden. Das könne sich, besonders in Zeiten steigender Inflation, auch nicht jeder leisten. Viel mehr berichtet Felske, dass er sich grundsätzlich sogar vorstellen könne, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit erhöhen wollten, um die steigenden Kosten stemmen zu können.
Das sieht auch Stefan Wesemann so: Noch sei das Interesse an individuellen Arbeitszeitmodellen groß, aber „ich denke, dass sich diese Lage in den nächsten ein, zwei Jahren etwas drehen wird. Die Preise für Lebensmittel und Energie steigen – in vielen Fällen schneller als die Löhne. Man fragt sich, ob man es sich in Zukunft leisten kann, weniger zu verdienen.“