Wirtschaft

Vier-Tage-Woche: Logistischer Alptraum oder Arbeitsmodell der Zukunft

Vier-Tage-Woche: Logistischer Alptraum oder Arbeitsmodell der Zukunft

Vier-Tage-Woche: Alptraum oder Arbeitsmodell der Zukunft

Hannah Biedermann & Julia Weilnböck/shz.de
Husum
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Annika Claußen-Eggers (links) probiert die Vier-Tage-Woche in ihrer Schlachterei bereits aus: Mitarbeiterin Dörte Clausen arbeitet nur vier Tage die Woche. Foto: Hannah Biedermann/shz.de

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Statt fünf nur vier Tage pro Woche arbeiten: Das steckt hinter dem umstrittenen Konzept der Vier-Tage-Woche. Während die einen sich über mehr Erholung freuen würden, sind die anderen skeptisch.

Weniger Arbeit, mehr Freizeit – das verspricht die Vier-Tage-Woche. Die Theorie dahinter: Die Wochenarbeitszeit wird auf vier Tage verteilt oder sogar verkürzt. In Wedel bei Hamburg lief ein Modellprojekt hierzu vor kurzem mit Erfolg. Aber auch in Husum sind viele Unternehmen für die Idee offen, so zum Beispiel Annika Claußen-Eggers, Inhaberin der Fleischerei Claußen. 

Ihre Einstellung: „Die Mitarbeiter sollen so arbeiten, dass sie sich gut dabei fühlen.“ In ihrem Betrieb gibt es daher bereits erste Angestellte, die das Modell der Vier-Tage-Woche austesten. Dörte Clausen, langjährige Mitarbeiterin im Betrieb der Fleischerei, gehört dazu. Für sie sei dieses Modell die perfekte Lösung bis zur Rente: „Früher war Vollzeit noch leicht, aber jetzt, mit über 50, brauche ich auch genügend Zeit für mich und meine Familie.“ 

Dieser flexible Umgang mit den Mitarbeitern funktioniert laut Annika Claußen-Eggers gut, obwohl sie ein Handwerksunternehmen führt. Einzig der Personalmangel macht ihr Sorgen, denn den spürt sie trotz ihres innovativen Ansatzes deutlich. 

Nachfrage in Nordfriesland noch verhalten

Sehr viel skeptischer gegenüber der Vier-Tage-Woche ist die Inhaberin des Feinkost- und Süßwarenladens KenDee: „Solche Modelle sind in Zeiten der Personalknappheit mutig.“ Sie kritisiert außerdem die dadurch entstehenden Mehrkosten für die Arbeitgeber.

Im Reformhaus Engelhardt konnte die Vier-Tage-Woche ebenfalls nicht überzeugen. „Dann arbeitet man ja nur auf die freien Tage hin“, findet Filialleiter Renaldo Maik. „Freie Zeiteinteilung ist zwar schön und gut, aber für mich ist die Erholung bei einem Modell wie der Vier-Tage-Woche auf Dauer auch nicht größer.“

Auch der Geschäftsführer der IHK Flensburg Geschäftsstelle Nordfriesland Michael Lohmann sieht in dem Modell der Vier-Tage-Woche eine grundsätzlich interessante Alternative, die jedoch gut durchdacht sein will. „In Nordfriesland gibt es bisher sehr wenig Nachfrage, viele Unternehmen agieren aktuell noch mit Mehrstundenausgleich und Homeoffice.”

Die logistische Herausforderung der Vier-Tage-Woche

Monika Michelsen, die Inhaberin der Boutique Pusteblume, sieht wenig Probleme bei der Vier-Tage-Woche: „Man braucht nicht mehr Personal, sondern weniger, wenn man das Team gut einteilt. Im Einzelhandel sollten größere Filialen und Ketten damit doch eigentlich kein Problem haben.“ Im Winter hat das Geschäft der gebürtigen Husumerin bereits verkürzte Öffnungszeiten und montags und dienstags geschlossen. Ihre Kunden haben sich daran gewöhnt. 

Die 70-jährige Ladeninhaberin sieht neue Entwicklungen und Modelle, wie die Vier-Tage-Woche, als essenziell an: „Die kommenden Generationen legen ohnehin mehr Wert auf Freizeit und nehmen dafür auch finanzielle Einbußen hin.“

Ihre Freundin Tove Schubert hat aber Bedenken: „Logistisch ist das alles schwierig, es gibt ja noch nicht mal genug Kitaplätze, wie soll denn sowas auch für angestellte Eltern funktionieren?“ Monika Michelsen entgegnet darauf: „Es ist doch auch eine Chance, da die Eltern dann bei guter Planung vier Tage am Stück freihaben könnten.” Schubert, die auch in der Boutique gelegentlich aushilft, ändert daraufhin etwas ihre Meinung: „Wenn es logistisch funktionieren könnte, dann ist es durchaus gut und innovativ.“

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