Vergiftete Fleischreste

Warnung vor Giftködern in Flensburg: Hund „Kalle“ wäre beinahe verendet

Warnung vor Giftködern in Flensburg

Warnung vor Giftködern in Flensburg

SHZ
Flensburg
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Immer wieder kommt es vor, dass speziell präparierte Köder für Hunde ausgelegt werden. Foto: imago/biky/shz.de

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Es begann als normaler Spaziergang und endete in der Tierklinik: Am Freitag geht es dem Rüden Kalle plötzlich sehr schlecht. Wenige Stunden später steht fest: Es waren Giftköder, die ihm beinahe des Leben kosteten.

„Kalle“ sprang dem Tod von der Schippe. Gerade noch! Um ein Haar wäre der schwergewichtige Rassehund qualvoll ums Leben gekommen, weil er Giftköder gefressen hatte, die Unbekannte in der Marienhölzung ausgelegt hatten. Dank der Geistesgegenwart seiner Halterin konnte der Rüde medizinisch schnell behandelt und so gerettet werden. „Es hätte wahnsinnig weh getan, wenn Kalle so von der Welt gegangen wäre“, sagt Besitzerin Kristina Lessow.

Am Freitag gegen 12.30 Uhr will sie mit ihrem 52 Kilo schweren Cane Corso Italiano (vergleichbar einer Bordeaux Dogge) an der Schleppleine eine Runde gehen. An einem kleinen Reitweg unweit des Ampelübergangs am Flensburger Damm schlägt sich das Tier in die Büsche – und kommt so schnell nicht wieder heraus.

Plötzlich Symptome wie bei einer Narkose

Kein Zweifel, er hat etwas gefunden und gefressen, weiß Kristina Lessow, die den Vierbeiner von 14 Monaten übernommen hat. An sich nichts Ungewöhnliches. Doch wenig später, bei einem Besuch eines Jagdgeschäfts in Wallsbüll, machen sich erste Symptome bemerkbar, die nichts Gutes erahnen lassen. „Er verlor plötzlich Urin, wirkte total benommen, taumelte, als ob er eine Narkose bekommen hätte“, schildert die Flensburgerin.

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Bis zu ihrer Tierarztpraxis in Schafflund ist es nicht weit. Telefonisch avisiert die 43-Jährige ihren Besuch, wird schon von Maren Heinrich erwartet, als sie dort angsterfüllt eintrifft. Die Veterinärin erkennt unschwer die neurologischen Auswirkungen. „Der Hund hatte einen schwankenden Gang, konnte sich kaum auf den Beinen halten, der Kopf tief unten.“ Sie kennt den vierjährigen Kalle als einen stets fröhlichen und aufgeweckten Hund. Umgehend verabreicht sie Brech- und Schmerzmittel, ein Zugang für die Infusion wird gelegt.


Im Erbrochenen schließlich finden sich Roastbeef-artige Fleischreste und Würstchen, beides von Medikamenten oder Drogen durchsetzt. So weit die erste Diagnose des Mageninhalts. Mitarbeiter der Praxis informieren die Polizei und den Tierschutz in Flensburg. Beweismittel sind gesichert, eine toxikologische Untersuchung soll nun endgültige Gewissheit bringen.


„Dass die Kundin so schnell bei uns war“, da ist sich Maren Heinrich sicher, „hat ihrem Tier das Leben gerettet.“ Für sie ist es der erste bestätigte Fall einer vorsätzlichen Vergiftung. Die Halterin, die am Marienhölzungsweg wohnt, verabreicht ihrem Liebling bis nachts um ein Uhr noch Infusionen. Inzwischen geht es ihm wieder besser. „Ich bin so froh“, sagt sie, „dass er jetzt über den Berg ist.“

Der Vorgang schlug hohe Wellen in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram. Fassungslosigkeit machte sich in den zahlreichen Kommentaren breit. Auch das Tierheim postete eine vielfach geteilte Warnmeldung. „Es gab auch sehr viel Anteilnahme und Zuspruch für uns“, sagt Kristina Lessow.


Immer wieder kochen Gerüchte über Giftköder hoch, die in Parks oder im Wald ausgelegt worden sein sollen. Oft entbehren sie jeder Grundlage. Gelegentlich ist Rattengift im Spiel und nicht, wie vorschnell vermutet, von vermeintlichen Hundehassern präpariertes Fleisch.

Der letzte gesicherte Fall in Flensburg liegt fast auf den Tag genau drei Jahre zurück. Damals traf es den kleinen Hund von Tierheimleiter Stefan Bargmann.Der Dackel hatte nicht so viel zuzusetzen, als er eine vergiftete Bockwurst in der Marienhölzung fraß. Die Hoffnungen auf ein Überleben erfüllten sich nicht – er starb schließlich an seinen schweren inneren Verletzungen.

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