Verkaufsstart am 23. Mai

Warum das 9-Euro-Ticket immer noch wackelt

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Warum das 9-Euro-Ticket immer noch wackelt

SHZ
Sylt
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Foto: IMAGO/Sascha Steinach/shz.de

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Ab dem 23. Mai sollen Kunden der Deutschen Bahn das 9-Euro-Ticket kaufen können. Doch vor dem Verkaufsstart gibt es noch Hürden zu bewältigen. Einige Bundesländer üben Kritik.

Bei der Deutschen Bahn können Verbraucherinnen und Verbraucher das sogenannte 9-Euro-Monatsticket ab dem 23. Mai kaufen – vorausgesetzt Bundestag und Bundesrat stimmen dem Vorhaben in dieser Woche zu. Das Ticket steht dann über die App DB-Navigator sowie sämtliche andere digitale Bahn-Kanäle zur Verfügung, wie der Konzern am Sonntag mitteilte. „Ebenso wird es an den rund 5500 Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn und in den über 400 DB Reisezentren in Bahnhöfen erhältlich sein“, hieß es.

Mit dem Monatsticket können die Fahrgäste für neun Euro bundesweit den öffentlichen Nahverkehr nutzen – in allen Städten und über alle Verbundgrenzen hinweg. Die Fahrkarten können auch bei anderen Verkehrsunternehmen online oder am Schalter gekauft werden. Viele Verbünde haben bereits angekündigt, ebenfalls am 23. Mai mit dem Verkauf starten zu wollen.

9-Euro-Ticket: Streit um Finanzierung dauert an

Allerdings muss das Vorhaben der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP am Donnerstag (19. Mai) noch vom Bundestag und einen Tag später vom Bundesrat beschlossen werden. Doch es gibt immer noch Streit über die Finanzierung. Der Bund finanziert das Vorhaben, indem er den Ländern 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich der Einnahmeausfälle überweist. Denen ist das zu wenig.

„Wenn der Bund glaubt, er könne sich auf dem Rücken der Länder für ein dreimonatiges Trostpflaster beklatschen lassen und andere sollen dafür die Rechnung zahlen, dann hat er sich gewaltig getäuscht“, sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. Sofern der Bund die Kosten für das Ticket nicht voll ausgleiche und nicht die Regionalisierungsmittel deutlich erhöhe, werde er im Bundesrat gegen eine Mauer laufen.

„Unter den aktuellen Bedingungen sehe ich nicht, dass Bayern dem Gesetz im Bundesrat zustimmen kann. Eine echte Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger wäre eine dauerhafte Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs durch mehr Bundesmittel für ein besseres Angebot“, betonte Bernreiter. Stattdessen biete der Bund „ein Strohfeuer“, an dessen Ende deutliche Leistungseinschränkungen drohten.

Was von den Ländern gefordert wird

Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) fordert vor der Einführung des 9-Euro-Tickets weitere Zusagen des Bundes. Mecklenburg-Vorpommern werde am Dienstag festlegen, wie es bei der bevorstehenden Abstimmung entscheide, sagte Meyer am Sonntag. „Meine Empfehlung lautet: Keine Zustimmung, so lange der Bund keine zusätzlichen Regionalisierungsmittel bereitstellt, um das Angebot im ÖPNV nachhaltig zu gestalten.“ Ansonsten mache das 9-Euro-Ticket als Anreiz keinen Sinn.

Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) verlangte deutlich mehr Geld vom Bund für den Öffentlichen Nahverkehr. „Der notwendige Ausbau des Angebots und seine attraktive Gestaltung können nur gelingen, wenn der Bund seiner Finanzierungsverantwortung nachkommt“, betonte er am Sonntag. Die Ampelkoalition habe im Koalitionsvertrag mehr Geld zugesagt. „Das muss jetzt umgesetzt werden.“

Ohne eine nachhaltige Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs drohe das 9-Euro-Ticket zu einem Strohfeuer zu werden, sagte der Minister. „Dem Bund steht am kommenden Freitag im Bundesrat eine Blockade bevor, sollte er nicht die Vollfinanzierung des 9-Euro-Tickets und eine erhebliche Aufstockung der Regionalisierungsmittel in den kommenden Jahren gewährleisten.“

Die Sondertickets sollen im Juni, Juli und August bundesweit Fahrten im Nah- und Regionalverkehr ermöglichen – für jeweils 9 Euro im Monat und damit viel weniger als bei normalen Monatskarten. Dies ist Teil des Entlastungspakets, mit dem die Ampel-Koalition auf die hohen Energiepreise reagiert. Zugleich soll es ein Schnupperangebot sein, um mehr Kunden für Busse und Bahnen zu gewinnen.

Von wann bis wann das 9-Euro-Ticket gültig ist

Mit dem 9-Euro-Ticket gebe es „die einmalige Chance, mehr Menschen langfristig für den öffentlichen Nahverkehr und die klimafreundliche Schiene zu begeistern“, teilte der Chef der zuständigen Bahn-Tochter DB Regio, Jörg Sandvoß, am Sonntag mit.

Nach Angaben der Bahn wird das 9-Euro-Ticket stets vom ersten bis zum letzten Tag des jeweiligen Monats gültig sein. Wer also erst Mitte des Monats zugreift, kann nur noch die verbleibende Monatshälfte damit umherfahren. Es soll ab Verkaufsstart am 23. Mai aber möglich sein, die Tickets für alle drei Monate gleichzeitig zu kaufen.

Die private Busbranche warnte vor negativen Effekten vor allem auf Fernbusfahrten. Durch die bundesweite Gültigkeit sei das Ticket neben der Funktion als Entlastung für Pendlerinnen und Pendler quasi auch eine „Fernverkehrsflatrate“, erklärte der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen in einer Stellungnahme für den Bundestag. Es sei daher zu erwarten, dass sich viele Menschen bei ihrer Reiseplanung für das 9-Euro-Ticket und gegen den Fernbus entscheiden würden. „Und das nach über zwei Jahren Corona-bedingter Fahrgastausfälle.“

Auch Bus-Anmietungen dürften Konkurrenz durch das 9-Euro-Ticket spüren, erläuterte der Verband. „Viele Klassenfahrten, Schulausflüge oder Vereinsreisen werden nicht mehr mit dem Reisebus durchgeführt, sondern so geplant, dass sie auch mit dem Regionalverkehr der Bahn realisiert werden können.“ Um zu verhindern, dass Busunternehmen durch einbrechende Fahrgeldeinnahmen in Liquiditätsprobleme geraten, müsse sichergestellt sein, dass Ausgleichsmittel bereits im Mai vor Beginn des Aktionszeitraums im Juni bei den Unternehmen ankommen.

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