Umsatzsteuerpflicht ab 2023

Warum die Bratwurst beim Feuerwehrfest bald teurer werden könnte

Warum die Bratwurst beim Feuerwehrfest bald teurer werden könnte

Warum die Bratwurst bald teurer werden könnte

SHZ
Silberstedt
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Mit dem Verkauf von Bratwurst und Getränke bessern viele Feuerwehren ihre Kameradschaftskasse auf - bislang steuerfrei. Foto: Freitag/shz.de

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Ab 2023 müssen Verwaltungen für Dienste, bei denen sie mit gewerblichen Anbietern konkurrieren, Umsatzsteuer zahlen. Im Amt Arensharde hat man schon früh begonnen, nach Lösungen zu suchen.

Feuerwehrfeste sind ganz besondere Vergnügen. Das Dorf kommt in geselliger Runde zusammen, es wird geschnackt, und meist gibt es Bratwurst und Getränke. Mit dem Erlös aus dem Verkauf bessern die Brandschützer ihre Kameradschaftskasse auf. Bislang werden keine Steuern fällig, wenn die Kameraden beim Feuerwehrfest Bratwurst und Getränke verkaufen. Auch Kopien vom Amt oder die Grüngutkarte, die es in manchen Ämtern und Gemeinden gibt, werden bislang steuerfrei ausgegeben.


Doch diese Steuerfreiheit läuft Ende 2022 aus. Dann nämlich müssen Ämter und Gemeinden Umsatzsteuer zahlen, wenn sie Dienstleistungen erbringen, die genauso gut ein gewerblich tätiger Anbieter erbringen könnte. Stichwort: Wettbewerbsverzerrung. Bei der Grillwurst also etwa ein Caterer oder ein Würstchenbuden-Betreiber, bei den Kopien ein Copyshop und für den Grünschnitt gibt es Recyclinghöfe.

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Diese Umstellung, die auf EU-Gesetze zurückgeht, muss bis Ende nächsten Jahres umgesetzt werden. Das bringt die Mitarbeiter in den Amtsverwaltungen derzeit mächtig ins Schwitzen, denn sie müssen zunächst prüfen, welche Amtshandlung überhaupt eine Dienstleistung ist.

Auch das Verleihen der Amtsbusse wird steuerpflichtig

„Das Problem tritt immer dann auf, wenn Wettbewerb entsteht“, erklärt Michael Kruse, Kämmerer und Leiter des Teams Finanzwesen im Amt Arensharde. „Und zwar für alle Dienstleistungen, die wir für Bürger aber auch für Gemeinden erbringen.“ Ein weiteres Beispiel: Der Verkauf von Gemeinde-Chroniken ist bisher steuerfrei. Doch ab 2023 wohl nicht mehr, „denn das könnte ja auch der Buchhandel übernehmen“, so Kruse. Steuerpflichtig würde dann aber auch das Verleihen der Amtsbusse an die Vereine für die Fahrten zu deren Spielen, „denn wir sind als Amtsverwaltung keine Busunternehmer. Dann müssen wir die Einnahmen erfassen und die Umsatzsteuer ausweisen.“

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Auf der Suche nach Lösungen

Die Liste der künftig möglicherweise steuerpflichtigen Leistungen ist lang, wie lang, ist noch gar nicht ganz klar. Kruse: „Wir durchforsten derzeit die Verträge und Vereinbarungen und suchen nach Lösungen. Daran arbeiten wir mit Hochdruck. Zum Glück haben wir rechtzeitig angefangen.“

Es gibt noch zahlreiche offene Baustellen

Ein weiteres, noch nicht gelöstes Beispiel ist die Zukunft des Amtsbauhofes. Solange er Amtsaufgaben erfüllt, ist das auch in Zukunft steuerrechtlich kein Problem. Übernehmen die Mitarbeiter aber etwa die Grünflächenpflege in den Gemeinden, wird ihr Einsatz künftig teurer, weil das Amt dann in den Wettbewerb mit Gartenbaubetrieben tritt. „Für die Bauhofmitarbeiter haben wir das noch nicht gelöst“, sagt Kruse. Und es gebe weitere Baustellen, „die schieben wir vor uns her“.

Kita-Lösung könnte als Vorbild dienen

Möglicherweise kann die bereits gefundene Lösung für die Beschäftigten der fünf Kindergärten im Amtsbereich in Silberstedt, Jübek, Treia, Bollingstedt und Lürschau als Vorbild dienen. Sie alle sind bisher beim Amt angestellt. „Im Gegensatz zu anderen Ämtern haben wir vor 20 Jahren die Zuständigkeit für das Kita-Personal übernommen“, erklärt Kruse, „und sind damit auch lange Zeit gut gefahren“.

Anstellung direkt bei der Gemeinde

Doch damit wird das Amt zum Personaldienstleister und müsste auch diese Leistung ab 2023 mit Umsatzsteuer belegen, denn diese Aufgabe könnten auch gewerbliche Personaldienstleister wie Randstad übernehmen. „Bei durchschnittlichen Personalkosten von einer Million Euro kann sich jeder leicht ausrechnen, wie viel Geld zusätzlich aufgewendet werden muss“, so Kruse. Um das zu verhindern, werden die jeweiligen Kita-Mitarbeiterinnen nun künftig direkt bei den Gemeinden angestellt sein, in denen sie arbeiten. Natürlich zu identischen Konditionen wie bisher, wie Kruse betont.

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Zusätzliche Steuerpflicht könnte Haushalte belasten

In der Verwaltung sucht man nun nach Möglichkeiten, die Dienste so zu organisieren, dass sie möglichst nicht mit Angeboten gewerblicher Dienstleister konkurrieren. Denn unterm Strich würde die zusätzlich zu zahlende Umsatzsteuer die Haushalte der Ämter und Gemeinden belasten. Letztlich müssten dafür die Bürger aufkommen. Die Kosten aber auf die Bürger abzuwälzen, hält Kruse für keine gute Idee. „Wir haben es bis heute geschafft, dass dieser Krug an uns vorübergeht.“ Und das dürfe auch gerne so bleiben.

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