Analyse zur Bundestagswahl

Warum die CDU in Schleswig-Holstein besonders stark verloren hat

Warum die CDU in Schleswig-Holstein besonders stark verloren hat

Warum die CDU in SH stark verloren hat

SHZ
Kiel/Berlin
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Schleswig-Holsteins CDU-Chef Daniel Günther: Sein Landesverband erlitt bei der Bundestagswahl die zweithöchsten Verluste in der Union. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Wahlrekorde im Norden: Die Union bricht so sehr ein wie fast nirgends sonst, die Grünen sind stärker als in ihrer Hochburg Baden-Württemberg – und die AfD ist nur in einem Bundesland noch schwächer.

Die CDU hat bei der Bundestagswahl fast nirgends so viele Stimmanteile verloren wie in Schleswig-Holstein – und ganz besonders viele im nördlichen Landesteil. Dagegen haben die Grünen im Land überdurchschnittlich viel hinzugewonnen und erreichen das beste grüne Zweitstimmenergebnis aller Flächenländer, noch vor ihren Parteifreunden in der Hochburg Baden-Württemberg. Das zeigt ein detaillierter Vergleich der Wahlergebnisse von 2021 und 2017 durch shz.de.

Demnach stellt das Zweitstimmen-Minus der schleswig-holsteinischen CDU von 12,0 Prozentpunkten den zweittiefsten Absturz der Union in den Ländern dar. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist der Verlust mit 15,6 Punkten noch höher – wohl auch weil dort gleichzeitig die Landtagswahl mit der beliebten SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig stattfand.

Petra Nicolaisen verliert fast so viel wie Andreas Scheuer

Besonders stark verliert Schleswig-Holsteins CDU im nördlichen Landesteil: Die Erststimmen-Einbußen von Petra Nicolaisen im Wahlkreis Flensburg-Schleswig mit 16,6 Prozent und von Astrid Damerow in Nordfriesland mit 14,8 Prozent zählen zu den fünf höchsten in ganz Deutschland. Mehr als Nicolaisen verloren nur der skandalbelastete CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer in Passau mit einem Minus von 16,9 Prozent und Angela Merkels Nachfolger im Wahlkreis Vorpommern-Rügen, Georg Günther, mit 23,6 Prozent.


Ein Grund für die hohen CDU-Verluste im nördlichen Landesteil könnte darin liegen, dass erstmals seit 60 Jahren wieder die dänische Minderheitenpartei SSW zur Bundestagswahl angetreten ist – und die den etablierten Parteien vor allem im Norden des Landes Wähler streitig macht.

CDU-Landeschef Daniel Günther führt zudem die Konkurrenz durch Grünen-Bundeschef Robert Habeck ins Feld: Der sei „ein Zugpferd“. Zudem habe besonders um Hamburg herum die SPD „wegen der höheren Zustimmung“ zu Hamburgs Ex-Bürgermeister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz stärker abgeschnitten, sagt Günther. Bei der Landtagswahl im Mai werde aber sein eigener Amtsbonus „eine entscheidende Rolle spielen“.

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Anders als die CDU haben die Grünen in Schleswig-Holstein in der Tat überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Mit ihrem Zweitstimmenplus von 6,4 Prozent erreichen sie 18,3 Prozent und sind damit jetzt in den Flächenstaaten der erfolgreichste grüne Landesverband in Deutschland. Sie überholen auch Baden-Württemberg, wo die Ökopartei auf 17,2 Prozent kommt. Nur in den drei Stadtstaaten sind die Grünen noch besser.

Gleichzeitig schafft der Flensburger Habeck den einzigen grünen Sieg in einem Flächenwahlkreis. Sein Erststimmen-Plus von fast 18 Prozent ist zudem das vierthöchste in seiner Partei.

Grünen-Landeschef Regis lobt Habeck und Amtsberg

Kein Wunder, dass Grünen-Landeschef Steffen Regis vor allem Habeck für das gute Ergebnis seiner Partei lobt, aber auch die Kieler Spitzenkandidatin Luise Amtsberg. „Wir hatten mit Luise Amtsberg und Robert Habeck ein bekanntes und kämpferisches Duo“, sagt Regis. Zudem habe die grüne Politik der Jamaika–Koalition mit „ambitioniertem Klimaschutz“ und einer „seriösen Finanzpolitik“ geholfen.

Gemischt ist die Bilanz in Schleswig-Holsteins SPD: Mit ihrem Ergebnis von 28,0 Prozent liegt sie einerseits etwas über dem Bundeswert von 25,7. Andererseits bleibt sie mit ihrem Plus von 4,7 Prozentpunkten etwas hinter dem Bundeszuwachs von 5,2 zurück. Spektakuläre Ausreißer in den Wahlkreisen verzeichnet sie nicht.

Die FDP im Land verliert minimal – aber bleibt stark

Auch bei der Nord-FDP gibt es Licht und Schatten: Einerseits befindet sie sich mit ihrem Zweitstimmen-Ergebnis von 12,5 Prozent weiter auf hohem Niveau und liegt auf Platz drei hinter Baden-Württemberg und Hessen. Andererseits ist Schleswig-Holstein das einzige Bundesland neben Nordrhein-Westfalen, in dem die Freidemokraten sogar ein wenig verlieren – genau 0,16 Prozentpunkte.


Immer schwerer hat es im Norden die AfD: Sie kassiert in Schleswig-Holstein mit 6,8 Prozent ihr zweitschlechtestes Resultat. Noch weniger holt sie nur in Hamburg mit 5,0. Und auch die Linke spielt im Norden keine große Rolle: Mit 3,6 Prozent halbiert sie ihr Ergebnis vom letzten Mal und ist nur in den größeren süddeutschen Flächenländern und in Niedersachsen noch schwächer.

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