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Warum Ehrenamtler auf der Möweninsel Vögel beringen

Warum Ehrenamtler auf der Möweninsel Vögel beringen

Warum Ehrenamtler auf der Möweninsel Vögel beringen

Marcel Nass/shz.de
Schleswig
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Auf der Möweninsel haben die Ehrenamtlichen fast 200 Küken beringt. Foto: Hendrik Brunckhorst

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Mindestens ein Mal im Jahr macht eine Gruppe von Freiwilligen einen Ausflug zur Schleswiger Möweninsel, um dort Vögel zu beringen. Sie liefern damit eine wichtige Vorarbeit für Erkenntnisse zur Lebensweise der Tiere.

Tag für Tag ist sie die Bühne für ein erstaunliches Naturschauspiel: die Möweninsel, die mitten in der Schlei direkt vor der Stadt Schleswig liegt. Hunderte, manchmal sogar tausende Vögel ziehen ihre Kreise um die Insel und richten dort ihre Nistplätze ein.

Beringung als Vorarbeit für wissenschaftliche Erkenntnisse

Der Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur betreut die Möweninsel seit vielen Jahren. Mitglieder des Vereins und viele andere Ehrenamtler statten dem Kleinod regelmäßig einen Besuch ab, um mit der Beringung von Möwen einen Beitrag zur Forschung und zum Tierschutz zu leisten. Zu diesem Team gehören in Schleswig unter anderem der Biologe Hendrik Brunckhorst, Bernd Hälterlein von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Schleswig-Holstein oder auch Schutzgebietsreferentin Britta Pochert vom Verein Jordsand.

Vor wenigen Tagen hat ein elfköpfiges Team um Hendrik Brunckhorst wieder zahlreiche Vögel auf der Möweninsel beringt. Die Zahlen können sich dabei sehen lassen. „Bei der Aktion haben wir insgesamt 187 Küken beringt, darunter 153 Silber- und 34 Heringsmöwen“, so Brunckhorst. Diese beiden Möwenarten kommen in Schleswig besonders häufig vor. Vom Aussehen unterscheiden sich beide Arten kaum, die Heringsmöwe ist jedoch auf der Oberseite dunkelgrau, während die Silbermöwe etwas heller ist. Beide können bis zu 30 Jahre alt werden.

Kennungen auf den Ringen für die Datensammlung

Doch was bringt diese Beringung der Möwen? Bernd Hälterlein ist hauptsächlich für die Beringung der Tiere verantwortlich und liefert die Antworten: „Die Möwen werden beringt, um zum Beispiel Bruterfolge oder die Sterblichkeit zu ermitteln. Auch können unter anderem die Flugrouten und damit die Lebensweise der Tiere nachvollzogen werden“, so Hälterlein. Jedes Küken hat dabei gleich zwei Ringe bekommen, da bei der Aktion in Schleswig mit dem Wilhelmshavener Institut für Vogelforschung und dem Vogelforscher Sönke Martens gleich zwei Organisatoren involviert waren.

Auf jedem Ring ist dabei eine individuelle Kennung zu finden. Vogelbeobachter können mit Fernrohren diese Kennungen ablesen und zum Beispiel den Aufenthaltsort der Möwen in eine Datenbank einpflegen. „Das wird von vielen Ornithologen auch europaweit genutzt. Mit dieser Vielzahl an Daten bekommen wir ein gutes Bild zur Lebensweise der Vögel“, sagt Hälterlein.

Die Freiwilligen, die auf der Möweninsel die Tiere beringt haben, sind dabei nicht unbedingt diejenigen, die nachher auch die Daten sammeln und auswerten. Bernd Hälterlein gehört aber zu den Ornithologen, die gern auch in ihrem Urlaub Vögel beobachten und Daten sammeln. „Da ist es schon bemerkenswert, wenn man zum Beispiel in Portugal auf eine Möwe stößt, die man erst kurz vorher in Deutschland selbst beringt hat.“

Gute Überlebenschancen auf der Möweninsel

Untersuchungen aus den vergangenen Jahren haben bereits ergeben, dass die Überlebensrate der Tiere auf der Möweninsel relativ hoch ist. „Auch deshalb ist die Insel so bedeutsam. Sie ist eine Attraktion für die natürliche Verbreitung von Seevögeln. Und das mitten in einer Stadt“, betont Henrik Brunckhorst. Er und die anderen Ehrenamtlichen hätten bei der Beringungsaktion auf der Insel zwar auch einige tote Tiere gefunden. Dies sei bei dem hohen Aufkommen an Möwen dort aber auch nichts Außergewöhnliches.

Laut der Daten aus dem Vorjahr haben mehr als 500 Silbermöwenpaare auf der Insel gebrütet, hinzu kommen mehr als 200 Heringsmöwenpaare. Auch seltenere Vögel wurden auf der Möweninsel gesichtet. Dazu zählen unter anderem die Kanada- oder auch die Nonnengans. Für das aktuelle Jahr gibt es noch keine konkreten Zahlen zu den auf der Möweninsel brütenden Vögeln.

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