Klima-Aktisvismus

Was Arved Fuchs über die „Letzte Generation“ denkt

Was Arved Fuchs über die „Letzte Generation“ denkt

Was Arved Fuchs über die „Letzte Generation“ denkt

Gernot Kühl/shz.de
Eckernförde
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Polarforscher Arved Fuchs (69) hat mit seinem Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ in Eckernförde festgemacht. Foto: Gernot Kühl

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Der für seine Expeditionen ins arktische Eis berühmte Polarforscher Arved Fuchs hat am Dienstag mit seinem legendären Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ erstmals im Eckernförder Hafen festgemacht. Ein Bordgespräch.

Prominenter Besuch im Eckernförder Hafen: Der für seine spektakulären und erkenntnisreichen Expeditionen in die Arktis berühmte Polarforscher Arved Fuchs hat am Dienstag mit seinem Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ im Außenhafen für ein bis zwei Tage festgemacht. Mit an Bord sind Freunde und Crewmitglieder. Die Besatzung befindet sich auf einem privaten zweiwöchigen Segeltörn auf der Ostsee, Ziel ist vermutlich die dänische Südsee oder „dahin, wohin der Wind uns treibt“, erzählt der 69-jährige Skipper und Expeditionsleiter.

Bordgespräch über schmelzendes Eis und die junge Generation

In seiner gut geheizten Kapitänskajüte berichtet Arved Fuchs über die in Sonderburg gestartete und über Maasholm und Eckernförde führende Seereise mit Freunden, seine Erfahrungen im wohl nicht mehr lange ewigen arktischen Eis und die aktuelle politische Diskussion über Klimaschutz mit den Protestaktionen junger Aktivisten der „Letzten Generation“.

Weit über 250.000 Seemeilen unterwegs

Gegen 13.30 Uhr lief die „Dagmar Aaen“ am Dienstag in den Eckernförder Hafen ein. Ein schon jetzt legendäres Schiff: Arved Fuchs hat den 1931 in Esbjerg gebauten Haikutter zu dem wohl bekanntesten privatem Expeditionsschiff in Nordeuropa ausgebaut und seit 1990 weit über 250.000 Seemeilen überwiegend in arktischen Gewässern sicher auf ihm zurückgelegt. Bei seinen vielen Expeditionen mit wissenschaftlichem Hintergrund haben Fuchs und seine Crew wichtige, zugleich auch alarmierende Erkenntnisse über die Folgen des Klimawandels mit Erderwärmung und Meeresspiegelanstieg gewonnen. Nicht nur das – sie haben sie auch publiziert und transparent gemacht.

Und die Politik, Olaf Scholz und Robert Habeck? „Alle wissen das“, sagt Arved Fuchs, selbstverständlich auch die Vorgängerregierungen unter Angela Merkel. Der Polarforscher hat ein großes Verdrängungsproblem erkannt angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, massiv gestiegene Energiekosten und die galoppierende Inflation und vermisst ein konsequentes Gegensteuern gegen die Klimakrise. Ausgehend von Europa und fortgeführt von den großen Klimasündern Indien, China oder den USA. Der von Menschen verursachte Klimawandel mit all seinen Folgen bedrohe die gesamte Welt und komme mit Verzögerung auch an der schleswig-holsteinischen Nord- und Ostsee an.

„Wir haben alles, nur keine Zeit“, sagt Arved Fuchs. Das Eis der Arktis schmelze jetzt „doppelt so schnell, Grönland verliert dramatisch an Eis, auch im Inland“, bilanziert der Forscher nach seinen Expeditionen. Schon Ende des Jahrhunderts, wenn die heutige Generation der Wissenden längst nicht mehr am Leben sein wird, dürften die Auswirkungen dramatisch sein.

Der Meeresspiegel steigt – wie hoch, bestimmen die Menschen

Fuchs spricht von einem Meeresspiegelanstieg von 30 bis 40 Zentimetern für den Fall, wenn schnellstmöglich klimaschützende Maßnahmen ergriffen werden sollten – darauf müssten sich die Menschen in jedem Fall einstellen. „Machen wir so weiter, wie bisher, wird der Meeresspiegel bis zu einem Meter ansteigen“, warnt Fuchs – mit drastischen Folgen für eine Hafenstadt wie Eckernförde. Und dabei sind Stürme noch nicht einmal eingerechnet, die die Fluten über die Kaimauern peitschen und die Altstadt unter Wasser setzen.

Arved Fuchs sieht sich als „Zeitzeuge der Veränderungen“. Und er weiß, wovon er spricht. Sein durch viele Expeditionen und extreme Herausforderungen fokussierter Blick auf die Folgen des Klimawandels und gefährlich nah kommende sogenannte Kipppunkte, die für eine unumkehrbare Spirale bedrohlicher Umweltereignisse sorgen, hat Gewicht und signalisiert dringenden Handlungsbedarf. „Ich kann die Welt nicht auf den Kopf stellen“, sagt Fuchs. Wichtig ist ihm nach über 30-jähriger Expeditionserfahrung allerdings, das Thema immer wieder anzusprechen und für die Menschen transparent und einsichtig zu machen – in der Hoffnung, dass diese Erkenntnisse Eingang ins öffentliche Bewusstsein finden, ein Handlungsdruck entsteht und daraus klimaschützende Maßnahmen erwachsen.

Der in Bad Bramstedt lebende Polarforscher hat großes Verständnis und Sympathien für junge Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen. „Ich habe mich lange geärgert, dass junge Leute oft unpolitisch sind, ich finde ihr Engagement sehr gut.“ Arved Fuchs lobt die Bewegung „Fridays für Future“ und hat auch Verständnis für die Aktionen der Bewegung „Letzte Generation“. „Ich kann den Zorn der jungen Leute verstehen“, sagt der gelernte Schiffsbetriebstechniker. Auch wenn er es nicht gutheißt, wenn einzelne Jugendliche berühmte Gemälde mit Brei beschmieren oder sich auf Kreuzungen festkleben.

Man kennt sich: Arved Fuchs über Ewald Huß und Mathias Schulz

Eckernförde kennt Arved Fuchs und findet die Stadt „wunderschön“. Er kennt auch einheimische Skipper wie Ewald Huß und seinen Traditionssegler „Platessa“, mit dem er sich am Dienstag getroffen hat, oder Mathias Schulz mit seiner kleinen, wunderbar restaurierten Haikutter-Flotte im Binnenhafen. Mit seinem Schiff, der „Dagmar Aaen“, war Fuchs erstmals im Ostseebad.

Vielen Spaziergängern war das legendäre Expeditionsschiff ein Begriff. Interessiert nahmen sie das knapp 24 Meter lange, stabile, stahlverstärkte Schiff aus Eichenholz in Augenschein und freuten sich, wenn sich dann und wann auch einmal Arved Fuchs an Deck sehen ließ und kurz „Moin“ sagte.

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