Teure Nachzahlungen für Strom und Gas

Was können Husumer tun, wenn sie die Energiekosten nicht bezahlen können?

Was können Husumer tun, wenn sie die Energiekosten nicht bezahlen können?

Was wenn die Energiekosten unbezahlbar werden?

Jonas Bargmann/shz.de
Husum
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Bei der Heizkostenabrechnung, aufgeteilt in Festkosten, Verbrauchskosten, Warmwasser, könnte es für viele Menschen aus Husum und Umgebung eine hohe Nachzahlungsforderung geben. Foto: www.imago-images.de/shz.de

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Die nächste Heizperiode steht bevor und schon jetzt müssen sich die Husumer Gedanken machen, wie sie ihre Abrechnungen begleichen können – aber was ist, wenn ich finanziell nicht in der Lage dazu bin?

„Ich habe Angst vor den Abrechnungen“ offenbart Helga T.* (63) aus Husum. Gemeint sind die Abrechnungen, die in den kommenden Monaten in die Husumer Haushalte reinflattern flattern werden. Mit ihrer Sorge sei sie nicht alleine. Vielen aus der Stadt gehe es ähnlich. „Der große Schock, insbesondere für Familien mit Kindern, kommt erst noch“, sagt die Hartz IV-Empfängerin.

Dabei steht der Start der nächsten Heizperiode im Herbst erst bevor – und auch wenn die Ampelkoalition zuletzt ein Entlastungspaket geschnürt hat, mit dem eine Strompreisbremse für den Basisverbrauch eingeführt werden soll, besteht die Gefahr, dass viele Husumer mit einer hohen Nachzahlung rechnen müssen. Aber welche Möglichkeiten gibt es, wenn die Jahresabrechnung kommt und nicht bezahlt werden kann?

Möglichkeit 1: Ratenzahlung mit dem Energieversorger vereinbaren

Wenn die geforderte Nachzahlung des Strom- oder Gasanbieters so hoch ist, dass sie nicht auf einen Schlag bezahlt werden kann, rät die Verbraucherschutzzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) dazu, eine Ratenzahlung mit dem Energieversorger zu vereinbaren, berichtet Carina Habeck von der VZSH.

Nach der Kontaktaufnahme kommt ein Vorschlag seitens des Energieversorgers. „Der Kunde kann hier auch einen Vorschlag unterbreiten, den er sich leisten kann. Wenn die Kunden keine Ratenzahlung machen können, verweisen wir auf die Schuldnerberatung – vorausgesetzt, die Leute sind bereits verschuldet.“ Wer in Gefahr läuft, auch den monatlichen Abschlag nicht zahlen zu können, sollte ohnehin seinen Energieversorger kontaktieren.

Möglichkeit 2: Antrag auf Grundsicherung, Hartz IV oder Sozialhilfe

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, einen Antrag zum Erhalt der Grundsicherung, von Hartz IV oder Sozialhilfe zu bekommen – vorausgesetzt, die betroffene Person unterschreitet das Existenzminimum. Wichtig: Der Antrag beim Jobcenter muss in dem Monat gestellt werden, in dem die die Person die Abrechnung erhalten hat. Außerdem könnten Geringverdiener bei höheren Abschlägen möglicherweise Anspruch auf Wohngeld haben.

Möglichkeit 3: Darlehen beim Sozialamt zur Stromschuldenübernahme

In den Fällen, in denen beispielsweise das Husumer Jobcenter nicht für die Stromschuldentilgung in Betracht kommt, sollte sich der Betroffene an das Sozialamt in Husum wenden Dort besteht die Möglichkeit, ein Darlehen zur Tilgung von Stromschulden zu erhalten.

Möglichkeit 4: Abrechnungen genaustens prüfen

Die Verbraucherschutzzentrale weist zudem daraufhin, dass die Abrechnungen der Energieversorger gründlich geprüft werden sollen. Ist der angegebene Verbrauch korrekt und auch der künftig geforderte Abschlag? Der Grund: Anbieter rechnen die Abschläge bei Preisänderungen nicht individuell aus, so Carina Habeck.

Die VZSH rät, den Abschlag anhand des letzten Jahresverbrauchs zu berechnen. Auf der Internetseite der Verbraucherzentrale (siehe unten) wird ein Abschlagsrechner angeboten. Abschlagsänderungen sollten dem Anbieter schriftlich mitgeteilt werden. Ein weiterer Tipp: Wer seinen Verbrauch zudem mit 2021 vergleicht, kann zudem schlussfolgern, ob er bei der Energie sparen muss. Die 63-jährige Helga T. rät: „Ich notiere mir alle drei Monate meinen Verbrauch und gebe ihn an meinen Anbieter weiter. So habe ich immer einen guten Überblick.“

Möglichkeit 5: Kontakt mit der Schuldnerberatung aufnehmen

Wer in der vergangenen Zeit bereits Schulden angehäuft hat und darüber hinaus noch eine hohe Energienachzahlung leisten muss, kann sich an die Schuldnerberatung wenden. „Hier wird geprüft, welche individuellen Handlungsmöglichkeiten es gibt“, so Habeck. Erreichbar ist beispielsweise die Schuldnerberatung in Husum unter der Telefon 04841/66 65 13. Weitere Stellen im Kreis Nordfriesland finden Sie unter: Schuldenberatungsstellen in Nordfriesland

Die Zahl der Anrufer, die die Verbraucherschutzzentrale aufgrund der gestiegenen Energiepreise kontaktieren und um Hilfe bitten, steigt, wie Carina Habeck auf Nachfrage von shz.de bestätigt.

Wann darf mir der Anbieter die Energieversorgung kappen?

Wer die zu bezahlenden Kosten nicht bezahlt, muss damit rechnen, dass die Energieversorgung bei ihm unterbunden wird. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt werden:
• „Der Verbraucher zahlt die Rechnung(en) trotz Mahnung nicht, wobei der geschuldete Betrag doppelt so hoch sein muss wie der monatliche Abschlag und sich mindestens auf 100 Euro beläuft“ erklärt Carina Habeck.

• Außerdem muss der Anbieter über die drohende Sperre informieren. Dies kann er mit einer Mahnung tun. Ebenso muss darüber informiert werden, wie die Sperre verhindert werden kann (Beispiel: staatliche Unterstützungsangebote oder Schuldnerberatungen). „Im Zusammenhang mit der Sperrankündigung ist der Versorger verpflichtet, eine zinsfreie Ratenzahlungsvereinbarung und eine Weiterversorgung anzubieten“, teilt Habeck mit.

• „Weiter müssen zwischen der ersten schriftlichen Androhung der Sperrung und der tatsächlichen Sperrung mindestens vier Wochen liegen. Zuletzt muss der Anbieter acht Tage vor der endgültigen Sperrung nochmals über die anstehende Unterbrechung schriftlich informieren“, so Carina Habeck. Sie ergänzt: „Es kann auch eine Unverhältnismäßigkeit der Sperrung gegeben sein, etwa dann, wenn in dem Haushalt kleine Kinder, Schwangere oder Personen, die gesundheitlich eingeschränkt sind, leben.“

* Name geändert

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“