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Wie Christina Olsen von der Förde nach Lateinamerika kam

Wie Christina Olsen von der Förde nach Lateinamerika kam

Wie Christina Olsen von der Förde nach Lateinamerika kam

Gunnar Dommasch/shz.de
Flensburg
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Christina Olsen (Mitte) mit dem Innovatech-Projektteam zu Besuch bei der Bauerninitiative in El Salvador. Foto: Privat

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Lateinamerika hatte es Christina Olsen aus Flensburg schon immer angetan. Nach dem Studium der Fächer Internationales Management und Entwicklungszusammenarbeit bewirbt sie sich auf eine Kurzzeitstelle in Lateinamerika und bleibt – im Februar werden es fünf Jahre.

Raus aus dem Schoß der Familie, alle Sicherheiten hinter sich lassen, die Welt entdecken – das war die Vision von Christina Olsen. Die Flensburgerin bereist Lateinamerika, macht schließlich als Mitarbeiterin der Sparkassenstiftung Karriere und ist jetzt in führender Position bei einem Entwicklungsprojekt, finanziert von den Vereinten Nationen.

Von Flensburg nach Mexiko

Sie lebt in Mexiko und räumt schon mal mit einem Vorurteil auf. „Dort reiten die Menschen auf Eseln herum und die Kriminalität ist allgegenwärtig? Ein völlig falsches Bild.“ Stattdessen schwärmt sie von Kultur und Natur, Gastro und Lifestyle.

Es ist manchmal ein langer Weg, um herauszufinden, wie man seine Zukunft gestalten möchte, zu spüren, wofür man brennt. Als Christina Olsen mit 19 Jahren ihr Abi an der KTS in Flensburg baute, hätte der Mathe-Leistungskurs schon eine grobe Richtung vorgeben können. Oder ihre Affinität zu Jura oder Internationaler Kooperation.

Spanisch als vierte Fremdsprache

Christina Olsen zieht es zunächst nach Barcelona, wo sie wohnt und jobbt, spanisch als vierte Fremdsprache erlernt. Nach einem Jahr entscheidet sie sich, in Flensburg Internationales Management zu studieren – mit dem Schwerpunkt Spanisch, versteht sich.

Besonders Lateinamerika hat es der 33-Jährigen angetan: Sie durchquert neben einem Exkurs nach Neuseeland die Länder Argentinien, Panama, Ecuador. „Ich hatte immer den Traum, dort zu leben.“ Was sie anzieht? Lebensfreude, glückliche Menschen, die positive Einstellung. „Es ist alles locker und bunt, wird weniger gejammert und gemeckert als hierzulande. Lebensfreude pur!“

Der jungen Frau geht es nicht nur darum, Geld zu verdienen, sondern sie möchte durch ihren Job etwas verändern – das Gefühl haben, dass die Arbeit sinnvoll ist und Menschen helfen kann. Sie erlebt hautnah Armut, unzumutbare Lebensumstände mit wenig oder keinem Zugang zu Bildung. „Wer dort arm geboren wird, hat wenig Chance da raus zu kommen.“ Kein Strom, Internet oder fließend Wasser.

Untersützung für Kleinbauern und kleine Unternehmen

Wie also kann man nachhaltig helfen? Nach ihrem Masterstudium in Hamburg, als Christina Olsen sich in Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit vertieft, stößt sie auf eine Stellenausschreibung der Sparkassenstiftung für Internationale Kooperation und bewirbt sich für eine Kurzzeitberatung von drei Monaten. Daraus werden im Februar sage und schreibe fünf Jahre.

Zunächst geht es für sie darum, kleine ländliche Finanzinstitute mit Kleinbauern oder kleinen Unternehmen dabei zu unterstützen, bessere digitale Angebote zu entwickeln. Um die individuellen Probleme und Zusammenhänge besser zu verstehen, reist sie zu den Betroffenen und den Partnerinstitutionen der Stiftung, um sich auszutauschen. So vertieft sie sich über drei Jahre in diese Tätigkeit – und wächst mit der Aufgabe.

Verantwortlich für Projekte in sechs Ländern

Nach einer Zwischenstation im Rahmen einer Uno-Initiative für landwirtschaftliche Zusammenarbeit (ausgestattet mit einem Volumen von knapp vier Millionen Dollar) beginnt sie im November 2021 das Projekt „Innovatech“, bei dem es darum geht, Start-ups in ländliche Regionen zu transferieren. 9000 Kleinbauern sollen innerhalb der 1,5 Projektjahre unterstützt werden.

„Ich hatte das Glück, Direktorin werden zu dürfen“, sagt sie bescheiden; sie ist verantwortlich für sechs Länder: Mexiko, El Salvador, Honduras, Guatemala, Haiti, Bolivien und leitet ein stets wachsendes Team von aktuell 17 Mitarbeitern. Das Pilotprojekt soll bei erfolgreicher Umsetzung in weiteren Regionen wiederholt und ausgeweitet werden.

Digitalisierungsboom in Lateinamerika

„Durch die Pandemie gibt es einen Boom an neuen Digitallösungen auf der ganzen Welt – auch in Lateinamerika. Insbesondere in großen Städten sind wir sogar Deutschland voraus“, betont Christina Olsen. „Die digitale Schere zwischen Stadt und Land aber wird immer größer und ist ein Risiko, dass die ländlichen Gebiete noch ärmer werden.“

Die Flensburgerin gesteht: „Natürlich vermisse ich meine Familie.“ Umgekehrt genauso. Doch die Eltern sind stolz auf ihre Tochter. „Sie hat sich nicht ins gemachte Nest gesetzt – sondern sich auf ihrem ganz eigenen Weg durchgebissen.“ Die wiederum genießt in regelmäßigen Abständen die Ruhe im Norden. Mexiko-Stadt ist da ein anderes Kaliber. In einer Stadt mit über 20 Millionen Einwohnern kann man von Ruhe nur träumen.

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