Silvesterausgabe

Wie Glücksburg auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung gekommen ist

Wie Glücksburg auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung gekommen ist

Wie Glücksburg auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung gekommen ist

SHZ
Glücksburg
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Für die versöhnliche Geschichte zum Jahresende wählte Seite-Drei-Redakteur Holger Gertz Glücksburg aus. Die Bürgermeisterin hat er in ihrer „gemütlichen Höhle“ besucht.

Ruf als Ort, an dem die Menschen glücklich sind, verfestigt sich. Die überregional erscheinende Süddeutsche Zeitung druckte am Silvestertag auf ihrer Schwerpunkt-Themen-Seite Drei einen Bericht über die 6100-Einwohner-Stadt an der Flensburger Förde: „Zum Glück. Am Ende des Schauerjahres 2021 zu den zufriedensten Menschen in Deutschland.“

Der Autor beschreibt darin schlaglichtartig, was Glücksburg an drei Recherchetragen kurz vor Weihnachten für ihn ausmachte: eine lange Bahnfahrt, das Meer, Wohlstand, Bürgermeisterin, Schloss, Wildschweingehege. Zwischendrin werden auch allgemeine Fragen nach dem Glück und dem typisch Norddeutschen abgehandelt.

Den Hintergrund der Geschichte bildet der Glücksatlas 2021. Die Publikation der Deutschen Post in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach listet Schleswig-Holstein zum wiederholten Mal – diesmal gemeinsam mit Sachsen-Anhalt – als Bundesland mit den glücklichsten Einwohnern auf.


Für die versöhnliche Geschichte zum Jahresende wählte Seite-Drei-Redakteur Holger Gertz Glücksburg aus – einerseits wegen des Namens. Der Ortsname enthält das heiß ersehnte, viel beschworene Glück ja bereits. Außerdem ist Glücksburg die nördlichste Stadt Deutschlands, ein einprägsamer Superlativ.

„Über das nördliche Norddeutschland steht bei uns wenig im Blatt“, sagt der SZ-Redakteur, der auch Lehrbeauftragter der Akademie für Publizistik in Hamburg und der Journalistenschule München ist. Er selbst stammt aus Oldenburg, betrachtet sich herkunftsmäßig als Norddeutschen. Glücksburg kennt er schon von früheren Besuchen.

Das Glitzern des Wassers produziert Glück

„Wir Münchner meinen ja immer, bei uns sei das Glück zu Hause“, sagt Gertz im Gespräch am Telefon. In Glücksburg, so sein Fazit, sei man wohl glücklich aufgrund des Blickes auf das Wasser. In seinem Artikel zitiert er Flensburgs Tourismus-Chef Gorm Casper, der sagt: Das Glitzern auf dem Wasser produziere „ganz viel Glück“.

Die klare Luft und die Nähe zu Dänemark spielen laut Gertz weitere wichtige Rollen. Die Dänen, die bei Glücksrankings ebenfalls immer ganz oben stehen, färben offenbar ab. Dass die Dänen zufriedener mit ihrem Staat sind, die Politiker nicht als Feinde sehen, ist für Gertz ein wichtiges Kriterium. Weniger Feindschaft, stattdessen mehr Solidarität und keine so strengen Hierarchien sorgen offenbar für mehr Wohlgefühl.

Viel Wohlstand in Glücksburg

Ein weiterer Glücksfaktor ist Geld. Man sollte genug haben. Glücksburgs Einwohner seien finanziell, so der Eindruck des SZ-Redakteurs, überwiegend gut gestellt.

„Stinklangweilig“ fand es ein Besucher in Glücksburg, habe er im Netz gelesen, erzählt Gertz. Aber gerade das Fehlen von Überangeboten könne auch eine Stärke sein. Nicht zu „ver-Sylt-isieren“ und nicht so „super-Geld-ig“ zu sein, habe Vorteile. „Man kann zur Ruhe finden“, so Gertz. In der vielseitigen Natur von Glücksburg scheint ihm das wunderbar zu gelingen. „Wenn es am Wasser zu kalt ist, geht man eben in den Wald.“ Besonders beeindruckt war er von jungen Leuten, die in den frostigen Tagen vor Weihnachten „abbadeten“.

Die Bürgermeisterin hat er in ihrer „gemütlichen Höhle“ besucht, wo Stofftiere auf Schränken sitzen und der Aufdruck eines Frühstücksbrettchens mahnt: „Lächeln. Morgen wird‘s noch schlimmer“. Gertz erlebte Kristina Franke als sachlichen Menschen, der Zahlen, Daten, Fakten stets mit einer gewissen Lustigkeit verbinde. Als prominente Person des früheren Glücksburgs fiel ihm Beate Uhse auf.

Unterschiedliche Reaktionen auf SZ-Artikel

Warum Schleswig-Holsteiner trotz nervtötender Regularien besser gelaunt durch die Pandemie kommen, erklärt Gertz mit dem norddeutschen Motto „Wat mutt dat mutt“. Sinngemäß: Wir können das Virus nicht ändern, denkt der Schleswig-Holsteiner und sieht daher ein, das eigene Verhalten zu ändern. Diese Einstellung helfe, die schwierige Situation zufriedener zu überstehen.

Die Reaktionen auf den Text in Glücksburg, soweit er gelesen wurde, sind unterschiedlich. Eine Hamburgerin, die nur alle paar Wochen in Glücksburg ist, bezeichnet ihn als „treffend“. Einem langjährigen Bewohner Glücksburgs hingegen ist er zu allgemein und voller Plattitüden über das Meer. Bürgermeisterin Franke möchte sich nicht äußern. „Der Artikel spricht für sich“, findet sie.

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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