Gesellschaft

Wo Menschen in SH ihre letzte Ruhe finden

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Wo Menschen in SH ihre letzte Ruhe finden

Tina Ludwig/shz.de
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Sylvia Kaufmann

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Friedwälder, Erlebnis-Friedhöfe oder Abschied auf See: Die Bestattungskultur hat sich verändert. Eine Übersicht.  

Engel, Statuen, Grabsteine mit einer persönlichen Botschaft, Gestecke und Blumenschmuck – so individuell wie die Menschen, so verschieden sind auch die Gräber auf den Friedhöfen in Schleswig-Holstein gestaltet. Sie sollen den Angehörigen Trost spenden und die Erinnerung an die Verstorbenen aufrecht erhalten.

Die Bestattungskultur ist vielfältig geworden. Die Menschen wollen nicht mehr nur in klassischen Sarg- und Urnengräbern beigesetzt werden, sondern suchen sich für ihre letzte Ruhestätte auch alternative Orte wie Ruheforste, Themengräber oder das Meer aus. Nicht nur die Bestattungskultur hat sich geändert, auch der Friedhof als Ort wird zunehmend anders wahrgenommen. Das liegt nicht nur an der Gestaltung. 

Erlebbarer Friedhof

Nicht nur die Bestattungskultur hat sich geändert, auch der Friedhof als Ort wird zunehmend anders wahrgenommen. Das liegt nicht nur an der Gestaltung. Parkfriedhöfe wie der Eichhof-Friedhof in Kiel, der Friedhof Ohlsdorf in Hamburg oder die Flensburger Friedhöfe laden als städtische Oasen zu Spaziergängen ein. Und auf vielen Friedhöfe werden Führungen angeboten, um das Thema Tod zu entkrampfen und der Öffentlichkeit vielmehr die Geschichte und die Bedeutung des Orts nahezubringen, erzählt Torsten Kreß, Betriebsleiter der Flensburger Friedhöfe. So wird zum Beispiel die Natur erkundet oder es geht auf eine Zeitreise in eine spannende Vergangenheit. Ob Walfänger, die auf den Inseln bestattet wurden, oder regional bekannte Persönlichkeiten – es gibt viel zu entdecken. Auch leise Konzerte sind möglich, solange die Totenruhe nicht gestört wird, ergänzt Kreß.

Waldbestattung: Die letzte Ruhe unter Bäumen

Der Gedanke, unter Eichen, Buchen, Birken oder Ahornbäumen die letzte Ruhe zu finden, reizt viele Menschen. Oft spielt dabei auch eine Rolle, dass sie ihren Angehörigen nach dem Tod nicht zur Last fallen wollen. Deshalb beobachtet Olaf Hufenbach, Geschäftsführer von Horst Bestattungen in Neumünster, dass diese pflegeleichte Grabstätte zunehmend gefragt ist. Schon zu Lebzeiten könne man sich seinen Baum aussuchen. Bis zu zwölf Urnen werden an einem Baum beigesetzt. Angehörige haben die Möglichkeit, einzelne Grabstellen zu erwerben oder sich für einen Familienbaum zu entscheiden. Ruhebiotope werden diese Urnenbestattungsplätze genannt.

Die Urne wird mit der Asche des Verstorbenen unter dem Baum beigesetzt. Bei der Gestaltung der Trauerzeremonie haben die Angehörigen freie Hand und können etwa entscheiden, ob vor der Beisetzung eine Andacht stattfinden soll. Die Grabstelle wird anschließend auf Wunsch mit Namen, Geburts- und Sterbedaten auf einer kleinen Steinplatte gekennzeichnet, die mit einem Nagel an die Bäume angebracht wird. Doch ein Muss ist das nicht, denn im Ruheforst sind auch anonyme Bestattungen möglich.

Letzte Ruhe im Schmetterlingsgarten oder im Wellenreich

Themengrabstätten sind gut für Menschen, die sich auch nach dem Tod eine Umgebung wünschen, mit der sie sich verbunden und gut aufgehoben fühlen. Bei der Auswahl der Grabstätte spielen persönliche Vorlieben, aber auch die eigene Lebensphilosophie eine große Rolle. Für die Trauernden ist die Wahl der Grabstätte wichtig, denn sie weckt Erinnerungen an den Verstorbenen und strahlt Geborgenheit aus.

Die Friedhöfe haben sich dieser Entwicklung angepasst und viele verschiedene Themengrabstätten gestaltet. So gibt es auf den Flensburger Friedhöfen das Rosarium, das Mediterraneum, die Lavendelei, den Ginkgo Garten oder das Wellenreich, beschreibt Torsten Kreß die Möglichkeiten. Diese werden seiner Aussage nach gut angenommen. In Neumünster kann man sich im Bienengarten, Himmelsgarten oder Schmetterlingsgarten beisetzen lassen. Ein maritimes Grabfeld gibt es auf dem Brunsbütteler Friedhof, einen „Ankerplatz“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Dort ist auch die Aufbewahrung der Urne in einer Krypta oder im Kolumbarium möglich.

„Einige Menschen suchen sich dort schon zu Lebzeiten ihre Grabstätte aus, um zu wissen, wo sie ihre letzte Ruhe verbringen“, sagt Torsten Kreß. Viele von ihnen gehen, fügt er hinzu, mit einem besseren Gefühl nach Hause.

Auf dem Parkfriedhof Ohlsdorf kann die Themengrabstätte sogar online ausgewählt werden. 13 verschiedene Stätten werden dort angeboten. Aber auch alle anderen Grabarten können im Internet erworben werden.

Seebestattung: Für immer mit dem Meer verbunden

Die Seebestattung gehört zu den ältesten Bestattungsarten und war lange nur den Seeleuten vorbehalten. Doch heute entscheiden sich viele Menschen, die sich mit dem Meer und der Küste verbunden fühlen, vor ihrem Tod für eine Beisetzung im Meer. Auch Komiker Karl Dall wollte dort seine letzte Ruhe finden. Seebestattungen sind in Nord- und Ostsee in speziell ausgewiesenen Gebieten möglich. Reedereien fahren unter anderem ab Flensburg, Strande, Heiligenhafen, Niendorf, Travemünde, Büsum, Nordstrand, Schlüttsiel oder Sylt zu den Positionen, an denen die Urne mit der Asche des Verstorbenen ins Wasser gelassen wird. Diese Urne löst sich innerhalb weniger Stunden im Wasser auf. 

Der Ablauf der Zeremonie ist von seemännischen Ritualen geprägt. Der Kapitän begrüßt die Trauergäste am Hafen, dann geht es mit dem Schiff zur Beisetzungsposition. Dort angekommen, versammeln sich die Gäste am Heck an der Urne. Die Schiffsflagge weht auf Halbmast und der Kapitän richtet auf Wunsch ein paar persönliche Worte an die Anwesenden und den Verstorbenen. Auch seemännische Musik oder Lieblingsstücke des Verstorbenen können gespielt werden. Danach wird die Urne nach acht Doppelschlägen mit der Schiffsglocke dem Meer übergeben und die Trauergäste können einzelne Blumen und kleine Gebinde ins Wasser werfen. Bevor das Schiff zurück in den Hafen fährt, umkreist es unter Seemannsmusik die Bestattungsstelle.

Da die Seebestattung anonym ist und vielen Angehörigen ein Ort zum Trauern fehlt, gibt es an Land an einigen Stellen Gedenksteine. So steht zum Beispiel an der Hörnumer Hafentreppe die Engelsfigur „Odum” und auf Nordstrand ein Gedenkstein direkt am Deich. Und auf dem Niebüller Parkfriedhof können Erinnerungstafeln an einem Dalben angebracht werden, um an Seebestattete, aber auch an Verstorbene, die keine Grabstätte mehr haben, zu erinnern.

Grabstätten für Kinder

Wenn ein Kind stirbt, brauchen Eltern, Geschwister und weitere Familienangehörige einen besonderen Ort zum Trauern, um den schweren Verlust zu verarbeiten. Viele Friedhöfe haben dafür Bereiche für Kindergräber sowie Grabfelder für Tot- und Fehlgeburten eingerichtet. Größe und Gestaltung der Anlagen sind dabei sehr unterschiedlich. Oft sind sie durch Gestaltungselemente wie Gedenksteine mit Symbolen, einheitliche Grabplatten, besondere Bepflanzung, Informationstafeln und anderen Grabschmuck gut zu erkennen. Besonders durch die Gestaltung der Grabsteine oder die Gaben der Eltern, die auf dem Grab liegen, stechen sie aus dem sonst gewohnten Erscheinungsbild der Friedhöfe hervor.

Für Kinder, die anonym bestattet werden, gibt es vielerorts Gedenksteine, an denen kleine Täfelchen mit dem Namen zur Erinnerung angebracht werden.

Nicht nur den Eltern, auch den Bestattern geht der Tod eines Kindes sehr nahe. „Für mich ist es der Horror pur, wenn ich einen verstorbenen Säugling oder ein Kind abholen muss“, erzählt Olaf Hufenbach.

Reerdigung als günstige Alternative

Eine ökologisch nachhaltige, aber nicht unumstrittene Bestattungsform ist die Reerdigung. Bei diesem Bestattungsverfahren wird der Leichnam unbekleidet auf ein Substrat aus Stroh, Heu, Blumen und Aktivkohle ohne chemische Zusätze gebettet. Mit diesem Substrat, das sich in einem Edelstahl-Behälter befindet, wird der Körper auch bedeckt. Anschließend wird alles bewässert. Der Kokon wird geschlossen und Schläuche sorgen für den Luftaustausch. Nach zehn Tagen wird der Behälter regelmäßig bewegt, um die Feuchtigkeit optimal zu verteilen. Im Inneren steigt die Temperatur auf 75 Grad an. Nach 40 Tagen haben die körpereigenen Mikroorganismen den Leichnam zersetzt. Bis auf die Knochen, die anschließend zermahlen und untergemischt werden, bleibt nichts vom Körper übrig. Die nährstoffreiche Erdmasse, die anderthalb Mal so schwer ist wie der Körper zu Beginn, wird auf dem Friedhof beigesetzt.

Die Reerdigung wird jedoch verstärkt in der Politik diskutiert und nicht alle Kommunen lassen diese Form der alternativen Bestattung auf ihren Friedhöfen zu. Lediglich Mölln und Kiel haben dafür grünes Licht gegeben. In Nordrhein-Westfalen und Bayern ist diese Bestattungsform verboten.

Die Klassiker der Erd- und Feuerbestattung

Nicht jeder mag die alternativen Bestattungsformen, viele nutzen immer noch die klassischen Gräber für Erd- und Feuerbestattungen. Doch die Zahl der Erdbestattungen nimmt ab, über 80 Prozent der Menschen wollen in einer Urne beigesetzt werden, teilen die Friedhöfe in Schleswig-Holstein mit. Das liegt, so Torsten Kreß, zum einen an der finanziellen Situation und zum anderen an der sich verändernden Gesellschaft. Die Folgekosten einer Bestattung sind häufig ein Thema, denn ein Grab muss bis zu 25 Jahre gepflegt werden. Bei einer Erdgrabstätte sei der Pflegeaufwand dreimal so hoch wie bei einem Urnengrab. Hinzu komme, dass die Familien immer kleiner werden und teilweise weit auseinander wohnen.

Einige Menschen bevorzugen sogar eine anonyme Ruhestätte, um den Angehörigen nicht zur Last zu fallen. Bestatter empfehlen jedoch, diese Beisetzungsart genau zu überdenken, da sie für die Hinterbliebenen belastend sein kann, denn es fehlt ein Ort zum Trauern. Die Pflege von Gräbern wird dagegen für die Angehörigen als tröstend empfunden und ist hilfreich bei der Trauerarbeit.

Bei der Wahl der Bestattungsform, ob im Sarg oder in der Urne, komme es stark auf das Bauchgefühl der Angehörigen an, erklärt Olaf Hufenbach. Er selbst müsse ihnen gut zuhören und herausfinden, was sie wollen. Der Tod sei schließlich ein emotionales Thema. Umso wichtiger ist es, dass die Angehörigen eine Grabstätte finden, die zum Verstorbenen passt, und an der die Erinnerung an ihn weiterlebt.

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