Impfung als „Wunderwaffe“

Eine Woche ohne Corona-Regeln: So entwickeln sich die Zahlen in Dänemark

Eine Woche ohne Corona-Regeln: So entwickeln sich die Zahlen in Dänemark

So entwickeln sich die Zahlen in Dänemark

SHZ
Kopenhagen
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Trotz Rekordinzidenzen hat Dänemark alle Corona-Maßnahmen gestrichen. Wie wirkt sich das auf die Zahlen im Land aus? Foto: Axel Heimken/dpa/shz.de

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Empfehlungen statt Verordnungen, Freiwilligkeit statt Pflicht: Dänemark hat in der Pandemie einen ganz anderen Weg als Deutschland eingeschlagen. Ein Blick auf die aktuellen Corona-Zahlen.

Seit nun einer Woche sind Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen bei unseren nördlichen Nachbarn Geschichte. Trotz weiterhin astronomischer Infektionszahlen in Dänemark wurde Covid dort der Status der „gesellschaftskritischen Krankheit“ aberkannt, damit ist Corona der Grippe gleichgestellt.

Inzidenzen um 5000 sorgen auch eine Woche nach dem zweiten „Freedom Day“ des Landes – im vergangenen September wurde ein Großteil der Corona-Maßnahmen schon einmal vorübergehend aufgehoben – nicht für eine Überlastung der Kliniken.

Die Omikron-Wand und aktuelle Zahlen

Der Durchmarsch von Omikron brachte das kleine Land zwischen Schweden und Deutschland in den weltweiten Fokus und führte schließlich dazu, dass die Regierung von Staatsministerin Mette Frederiksen im November zunächst die Reißleine zog. Da die Lage in den Kliniken aber stabil blieb, ging die Regierung nun erneut den Schritt der Öffnung.

Ein Blick auf die aktuellen Zahlen: Nach wie vor liegt die 7-Tage-Inzidenz bei knapp 5000, scheint aber nach einer Woche ohne Beschränkungen auf ähnlichem Niveau zu verharren. Inzwischen haben etwa 95 Prozent der Infizierten eine der beiden in Dänemark vorherrschenden Omikron-Varianten im Körper. Doch die Verläufe sind zuallermeist milde.

Zwar ist die Anzahl der positiv Getesteten in den Krankenhäusern in den vergangenen sieben Tagen um 266 Personen auf aktuell 1.294 gestiegen. Das sind mehr als doppelt so viele sind wie vor genau einem Jahr. Doch in den Intensivstationen und an den Beatmungsgeräten spiegelt sich dies auch nach Wochen in der anhaltenden Infektionswelle nicht wieder.

Aktuell werden 34 Patienten mit Corona-Infektion auf den Intensivstationen in ganz Dänemark behandelt, davon zwölf an Beatmungsmaschinen, drei Personen weniger als noch vor einer Woche. Etwa ein Viertel der Intensivpatienten wird nicht ursächlich wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt.

Die Zahl der tödlichen Covid-19-Fälle in diesem Winter hatte am 3. Februar mit 30 ihren Höhepunkt erreicht. Insgesamt liegt die Covid-19-Letalität in Dänemark aktuell bei 0,19, in Deutschland bei 1,05 Prozent.

Das Hauptproblem in den dänischen Krankenhäusern ist derzeit weniger die Pandemie als der kritische Personalschwund auf den Stationen, der vor allem in den letzten zwölf Monaten akut wurde. Viele offene Stellen können derzeit nicht neu besetzt werden.

Impfquote mit Schleswig-Holstein vergleichbar – oder?

Als Dänemarks Schlüssel zur Freiheit gilt die Impfbereitschaft der Bevölkerung. Frederiksen nannte die Impfungen eine „Wunderwaffe“.

83,36 Prozent der Dänen haben die Erstimpfung hinter sich (SH: 79,97) und 61,14 Prozent der dänischen Bevölkerung (SH: 62,6) sind inzwischen geboostert. Bei den Personen über 65 Jahren liegt die Quote bei der Drittimpfung bei weit über 90 Prozent.

Hier sieht der Kieler Virologe Helmut Fickenscher auch den Hauptunterschied zu unserem Nachbarland: „In Dänemark ist die Abdeckung mit Impfungen bei den Älteren besonders hoch.“ Zudem seien unsere Nachbarn in Sachen Gesundheitsorganisation besser aufgestellt.

Altenheime etwa werden dort hausärztlich aus einer Hand versorgt, wodurch die Koordination bei Impfungen deutlich leider gefallen ist als in Deutschland, wo jeder Bewohner seinen eigenen Hausarzt mitbringt.

Wo sich Dänemark zudem erheblich von Schleswig-Holstein unterscheidet, ist die Infektionsrate und die damit verbundene natürliche Immunität. 30 Prozent aller in Dänemark lebenden Menschen waren inzwischen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, in SH liegt dieser Wert bei 7,65 Prozent.

Eine Aufhebung aller Maßnahmen wie in Dänemark sieht Fickenscher für Schleswig-Holstein aus diesem Grund noch weit in der Zukunft. „Ich sehe hier noch überhaupt keine Diskussion, ob die Masken fallen könnten“, sagt er. Zugleich würde ein Großteil der Bevölkerung hierzulande einen Wegfall aller Regeln nicht so entspannt hinnehmen wie die Dänen.

Die in Schleswig-Holstein ab Mittwoch in Kraft tretenden Lockerungen – allen voran den Wegfall der 2G-Regel im Einzelhandel –hält Fickenscher aber vor dem Hintergrund der aktuellen Lage im Land für nachvollziehbar.

Empfehlungen statt Regeln

2021 hatte sich Corona-Situation mit Beginn des Februars deutlich entspannt. Das ist auch die Erwartung, die das Staatliche Serum Institut nun hat. Pünktlich zum Fall der Restriktionen übermittelte die Gesundheitsbehörde, dass die Epidemie in den härtesten betroffenen Regionen insbesondere bei Schülern rückläufig ist, der Scheitelpunkt sei also übersprungen.

Mit dieser Datenlage der vergangenen Monate und Jahre sieht sich der dänische Staat nun nicht mehr zuständig und geht in den Empfehlungs-Modus über. Insbesondere in Pflegeheimen und Krankenhäusern gelte es aber weiterhin, Ansteckungen nach Möglichkeit vorzubeugen. Hier empfiehlt die Gesundheitsbehörde, dass die Institutionen weiterhin Maske und Corona-Pass fordern.

 

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