Aufforsten gegen den Klimawandel

Zapfenernte in 25 Metern Höhe für einen gesunden neuen Wald

Zapfenernte in 25 Metern Höhe für einen gesunden neuen Wald

Zapfenernte in 25 Metern Höhe für einen gesunden neuen Wald

Werner Hoppe/shz.de
Pinneberg
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Die Guten kommen in den Sack – Andreas Rabuske begutachtet die Douglasien-Zapfen aus nächster Nähe direkt dor, wo sie gewachsen sind. Foto: Werner Hoppe/shz.de

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Im Kreis Pinneberg werden pro Jahr etwa 6,5 Hektar neuer Wald aufgeforstet. Die Basis dafür stammt unter anderem aus einer Försterei in Ahrensbök (Kreis Ostholstein): Hier werden Zapfen für ganz Deutschland geerntet.

Es ist ein Teufelskreis: Zum einen ist ein gesunder Wald wichtig für dem Klimaschutz. Zum anderen setzt der Klimawandel auch dem deutschen Wald immer mehr zu. Die Landesforsten setzen folglich einen Hauptschwerpunkt darauf, die bestehenden Wälder im Lande im Hinblick auf die Klimaveränderungen zu stabilisieren. Eine Mammutaufgabe auch für Schleswig-Holstein. Daneben soll die Aufforstung zu einem höheren Waldanteil führen. Im Kreis Pinneberg wurden im Jahr 2021 insgesamt 6,5 Hektar Waldfläche Wald neu angelegt: Laur Kreisverwaltung 5,5 davon als sogenannte Wiederaufforstung für gerodete Flächen und ein Hektar als neu Anlage.

Denn die Dauer-Trockenheit in den Jahren 2018 und 2019, Sturmschäden sowie extremer Borkenkäferbefall haben dem deutschen Wald schwer geschadet. Große Bestände sind verdorrt, und in Deutschland müssen insgesamt 277.000 Hektar Forstfläche wiederbewaldet werden. Schleswig-
Holstein hat Glück gehabt und stellt eine Ausnahme dar, betonten die Landesforsten in Neumünster gegenüber shz.de. Denn: „In den SHLF (Anmerkung: Schleswig-Holsteinischen Landesforsten) registrieren wir nicht wie beispielsweise in Niedersachsen und Hessen große Anteile an Schad-Freiflächen, sondern eher kleinere, schwierig verifizierbare Flächen“.

Dabei kommt es darauf an, möglichst schnell genügend standortgeeignetes sowie herkunftsgesichertes Pflanzmaterial beziehungsweise Saatgut zu beschaffen. Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten unterhalten dafür einige Saatbaum-Plantagen und zugelassene Saatgutbestände. Die Zapfenpflücker der Försterei Ahrensbök holen bei entsprechendem Behang im Herbst die Saat für neue Bäume aus den Baumkronen.

Hintergrund ist es, die Versorgungssicherheit mit hochwertigem Saatgut sicherzustellen, erklärt Jens-Birger Bosse (Abteilungsleiter Biologische Produktion der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten). Dazu solle „die Pflückerkompetenz in den SHLF erhalten werden“. Bosse: Die Försterei Ahrensbök kultiviert beispielsweise in der Samenplantage Ratekau spezielle Bäume mit gesichertem Genom, auch als Plusbäume bezeichnet.

Dafür stehen 105 unterschiedliche Douglasienprovinienzen zur Verfügung. Durch Aufpfropfen von Zweigen gezielt ausgewählter Douglasienherkünfte wurde ihre Wuchshöhe – normal sind etwa 40 Meter – auf etwa maximal 25 Meter begrenzt. Der Grund dafür ist rein praktischer Natur, denn auf diese Weise lassen sich die Zapfen in den Baumkronen leichter erreichen und ernten. Dieses Prinzip wird auch mit einigen weiteren Baumarten umgesetzt. Während die Pflücker die Bäume früher aufwendig mit Steigeisen und anderen Kletterhilfen – häufig baumverletzend – erreichen mussten, geht es heute wesentlich schonender und sicherer, demonstrieren Andreas Rabuske und Jens Brandt von der Försterei Ahrensbök.

Aus einer Tonne Zapfen werden bis zu 16 Kilo Samen gewonnen

Eine hydraulische Arbeitsbühne beziehungsweise ein Hubsteiger, wie er im Baubereich verwendet wird, hievt die Pflücker hinauf direkt zu den Baumkronen. Aus allernächster Nähe können sie die Zapfen dort begutachten und abnehmen. Durch einen Einfülltrichter Marke Eigenbau übergeben die Kollegen ihre Beute anschließend in Sammelsäcke. Jeder Sack aus luftdurchlässigem Gewebe fasst etwa zehn Kilogramm, hiermit kann eine schonende Trocknung und Nachreifung ohne Pilzbefall gewährleistet werden. Aus einer Tonne Douglasien-Zapfen werden je nach Erntejahr 0,5 bis 2,0 Prozent, das heißt 5 bis 16 Kilogramm Samen gewonnen.

Aber ohne die Hilfe ihres hydraulischen Lifts wollen die beiden Pflücker sich ihre Einsätze heute auch gar nicht mehr vorstellen. Dabei mache die Zapfenernte im Herbst allerdings nur einen Teil ihrer Aufgaben in der Försterei Ahrensbök aus, sagt Götz-Alexander Mentz. Er ist als Revierförster für die Samenplantage in Ahrensbök zuständig.

Mit der Übergabe der Ausbeute aus der Douglasien-Samenplantage ist die Aufgabe der Zapfenpflücker erfüllt. Aber die Zapfen müssen noch die Klengung durchlaufen, erläutert Jens-Birger Bosse den weiteren Prozess.

Die Samen können je nach Baumart in Kühlhäusern gelagert von zwei bis zu 25 Jahren haltbar bleiben. So lange werden die Douglasien-Zapfen aus der Samenplantage der Försterei Ahrensbök aber nicht lagern. Denn sie werden zurzeit dringend gebraucht, um der Wiederbewaldung von bundesweit 277.000 Quadratkilometern Fläche zu dienen, die durch Trockenheit, Windwurf und Borkenkäferbefall zerstört worden sind.

Schleswig-Holstein hat es dabei nicht so hart getroffen wie andere Bundesländer, weil der Wald im hohen Norden Deutschlands überwiegend aus Mischwäldern mit Laubbäumen wie unter anderen der Buche und Eiche besteht. Die anfälligeren klimainstabilen Nadelbaumarten fallen deshalb nicht so sehr ins Gewicht.

Insgesamt gesehen ernten die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten bereits seit vielen Jahren die Früchte der Entwicklung von Mischwald. Dazu Jens-Birger Bosse: „Der Wald wird seit langem umgebaut, weg von der Monokultur und hin zum Mischwald.“ Und weiter: Die Landesforsten in Schleswig-Holstein sehen ihre Aufgabe darin, ein möglichst breites Portfolio zu bieten und zu erhalten „in dem die Douglasie aber nur weniger als 10 Prozent ausmacht“. Insgesamt kämen für die Bildung von Mischwald „möglichst heimische Baumarten wie Buche, Eiche oder Ahorn“ infrage. Und:

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