Zu wenig Personal

Zu spät oder zu wenig Personal: Feuerwehren in Flensburg in Schwierigkeiten

Zu spät oder zu wenig Personal: Feuerwehren in Flensburg in Schwierigkeiten

Feuerwehren in Flensburg in Schwierigkeiten

Benjamin Nolte
Flensburg
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Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr bei der Arbeit. Foto: Benjamin Nolte/shz.de

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Fachkräftemangel, Einsparungen der Vergangenheit und unzählige neue Aufgaben belasten viele Feuerwehren. Das gilt auch für der Berufsfeuerwehr Flensburg, die jetzt über neue Lösungen nachdenken muss.

Geht es nach der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft, dann führt in Flensburg kein Weg an zukünftig zwei Standorten der Berufsfeuerwehr vorbei. Mit den aktuellen Strukturen lässt sich die Hilfsfrist bereits seit Jahren nicht mehr wie vorgeschrieben einhalten. Die Erreichungsgrade sind in den vergangenen Jahren gesunken. Teilweise deutlich.

Bei einem Feuer sollen die Einsatzkräfte in mindestens 90 Prozent der Fälle spätestens zehn Minuten nach Eingang des Notrufes mit zwölf Einsatzkräften vor Ort sein. 2021 lag der Zielerreichungsgrad gerade einmal bei 73 Prozent. 27 Prozent der Einsätze konnte die Berufsfeuerwehr nicht innerhalb der vorgeschriebenen Hilfsfrist und/oder nicht mit ausreichender Mannschaftsstärke bedienen.

Personaleinsparungen bei der Berufsfeuerwehr

Bei den Freiwilligen Feuerwehren sind die Zahlen noch schlechter. Hier lag der Zielerreichungsgrad bei gerade einmal 52 Prozent. Mit dem Feuerwehrbedarfsplan 2004 waren Personaleinsparungen bei der Berufsfeuerwehr verbunden, die durch eine stärkere Einbindung der Freiwilligen Feuerwehren kompensiert werden sollten. Ohne die Schutzziele zu verfehlen. Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache.

Die ursprünglich geplante Version der Hauptfeuerwache ist zu teuer. Binnen weniger Wochen soll die Politik nun entscheiden, wie es weitergeht. Die Stadtverwaltung präsentierte Alternativvorschläge. Darunter abgespeckte Versionen des Neubaus am Munketoft und eine Lösung mit zwei Standorten im Osten und Westen. Geringere Baukosten, aber höhere Folgekosten. Finanziell dürfte eine Lösung mit zwei Standorten den Haushalt stärker belasten. In erster Linie aufgrund eines deutlich höheren Personalbedarfs. Man plant mit mindestens 45 neuen Einsatzkräften. 

Weitere Alternativen

Gibt es weitere Alternativen? Aus Kreisen von Politik und auch Feuerwehr sind entsprechende Töne zu hören. Um die Hilfsfrist im ganzen Stadtgebiet einhalten zu können, könnte man tagsüber über die Stationierung von Löschfahrzeugen an den weißen Flecken nachdenken. Wären hauptamtliche Einsatzkräfte bei den Freiwilligen Wehren eine Lösung? Oder gar eine verkürzte Ausbildung von Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren zu Berufsfeuerwehrmännern und -frauen, wie in Lübeck vor kurzem vorgeschlagen?

Für Marco Gülich, Ortsgruppen-Vorsitzender der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft Flensburg-Umland, sind das keine zukunftsweisenden oder nachhaltigen Lösungsansätze. Zudem rechtlich schwierig bis gar nicht umsetzbar. „Wir fordern für die Kolleginnen und Kollegen der Berufsfeuerwehr in Flensburg ein zukunftsfähiges Konzept zur Aufstellung der Feuerwehr und schnellstmöglich die Umsetzung der Zwei-Wachen-Lösung“, so Gülich.

Hürde Personalnot

Zwei Wachstandorte dürften das Problem mit der Hilfsfrist weitgehend lösen, die Zielerreichungsgrade nach oben korrigieren. Allerdings steht die Stadt Flensburg bei dieser Lösung vor neuen Herausforderungen. Mindestens 45 neue Feuerwehrleute werden für den zweiten Löschzug benötigt. Bis 2028 diese Zahl an Einsatzkräfte anwerben zu können, unmöglich. „Für uns kommt hier nur die Umsetzung der Ausbildung am eigenen Standort in Frage“, so Gülich. „wir sehen im ganzen Land einen Zuwachs von hauptamtlichen Kräften, die aus den aktuellen Ausbildungskapazitäten heraus nicht bedient werden können.“

Flensburg steht mit der Personalnot nicht alleine da. Die Berufsfeuerwehr Lübeck braucht 32 zusätzliche Einsatzkräfte, war im vergangenen Jahr an 191 Tagen unterbesetzt. „Der Fehmarnbelt-Tunnel wird für einen großen Bedarf sorgen, ebenso herrscht bei den Feuerwehren in Brunsbüttel und Norderstedt Personalbedarf“, ergänzt Gülich. Aus Sicht der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft kann das Problem nur durch die Schaffung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten gelöst werden. „Flensburg hat jetzt die Chance sich für die nächsten 50 Jahre auszurichten“, so Gülich. „dazu zählt auch sich in puncto Ausbildung neu aufzustellen und sich vor allem unabhängiger zu machen.“ 

Die Schaffung eigener Ausbildungskapazitäten würde die Stadt Flensburg sowohl zeitlich und finanziell vor Herausforderungen stellen. Um der eigenen Berufsfeuerwehr langfristig eine Perspektive zu bieten und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten zu können, wäre dieser Schritt aber womöglich unabdingbar.

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