Flensburg

Zwischen Pollern, Schuhen und Gentrifizierung: Was Bewohner über die Norderstraße denken

Zwischen Schuhen und Gentrifizierung: Was Bewohner über die Norderstraße denken

Was Bewohner über die Norderstraße denken

Marian Prill/shz.de
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Mads-Ole Melfsen und Anna Müller arbeiten in der Kaffeebar „Plan B“ und kennen die Norderstraße - und ihren Mythos - gut. Foto: Marian Prill/shz.de

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In unserer Serie „Flensburg, deine Straßen“ macht unser Reporter einen Streifzug durch die Stadt und kommt mit den Bewohnern ins Gespräch. In dieser Folge: Das Mysterium der hängenden Schuhe in der Norderstraße und die Gentrifizierung.

„Wenn Studenten Flensburg verlassen, werfen sie ihre Schuhe hier in der Norderstraße über die Leine, damit etwas von ihnen in der Stadt bleibt“, erklärt Mads-Ole Melfsen, dessen Studium „International Management sich ebenfalls dem Ende neigt.

Schon als Kind hat der heute 24-Jährige hier die ersten Schuhe zwischen den Häusern wahrgenommen. Unumstritten ist, dass sie im Laufe der Jahre zu einem Markenzeichen geworden sind, das die etwa 700 Meter lange Norderstraße in Flensburgs Szeneviertel unverwechselbar macht.

Verschiedene Gerüchte um die hängenden Schuhe

Für die Fußbekleidung, die Tag und Nacht, bei Sonne und Regen, in luftiger Höhe herumhängt, gäbe es noch andere Erklärungsversuche, deutet Melfsen an, während er in der Kaffeebar Plan B Getränke für die Gäste vorbereitet:

Wieder andere sprechen davon, dass der Skate-Shop eine Marketingaktion gestartet habe: Diejenigen, denen es gelang, mit einem Wurf die alten Schuhe auf der Leine zu fixieren, sollen sich über enorme Preisvorteile gefreut haben.

„Ich selbst bin aber kein Skater. Denn ich habe Angst davor, zu stürzen“, gibt der Kellner unumwunden zu, bevor er seine Getränkekreation zum Tisch des Bestellers trägt. Als er zurückkommt, erzählt er, dass er dennoch viel Sport treibe und seit etwa drei Jahren dem Boxsport frönt.

Moment mal, Angst vor Stürzen, aber dafür in den Ring steigen? Wie passt das denn zusammen? Die Antwort klingt plausibel: „Ich finde Schürfwunden nicht so schön.“

Eine weibliche Stimme meldet sich zu Wort: „Was macht Ihr denn hier? Sorry, ich bin einfach nur krass neugierig.“ Die Stimme gehört Anna Müller, die sich gerade für die nächste Schicht im Café bereit macht. Die Idee, einige der insgesamt 815 Straßen Flensburgs vorzustellen, gefällt ihr gut.

Und so lässt sich auch die 26-Jährige nicht zweimal bitten, Verbesserungsvorschläge für die Norderstraße zu formulieren:

Ihrer Meinung nach sollten hier junge Menschen leben, die studieren und sich das durch die heutigen Mietpreise nicht leisten können. „Außerdem wäre es gut, wenn man hier abends auch länger draußen sitzen darf, um mal einen Wein zu trinken. Soweit ich weiß, sind entsprechende Schanklizenzen aber schon im Gespräch“, sagt sie.

Mads-Ole Melfsen ergänzt: „Ich würde die Straße noch grüner gestalten. Mir gefällt die Bepflanzung der Verkehrsinseln schon sehr gut, das ließe sich an einigen Stellen noch erweitern.“ Die Autos aus der Straße zu verbannen, lehnen beide jedoch unisono ab. „Ich denke, die Möglichkeit, hier durchzufahren und zu parken, ist wichtig für die Geschäfte und das Drumherum“, erklärt Mads-Ole Melfsen.

Ansonsten sei diese Straße ein wirklich toller Ort, findet er: „Man kennt sich, man schnackt miteinander, alle sind offen und kreativ. Die Straße beherberge aber auch Geheimnisse, sagt Anna Müller und deutet auf eine illustrierte Katze an einer Hauswand: „Alle wissen, dass es eine Künstlerin sein soll, die die Hauswände mit den süßen Vierbeinern verziert, doch niemand weiß, wer sie ist.“

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