Wahlanalyse

Eine Wahl mit einem lachenden Dritten?

Eine Wahl mit einem lachenden Dritten?

Eine Wahl mit einem lachenden Dritten?

Kjeld Thomsen/ Jan Peters
Apenrade/Aabenraa
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Nach der Wahl 2017 trafen sich Parteivertreter zu Sondierungsgesprächen. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

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Venstre weiterhin an der Macht oder Wachwechsel zugunsten der Sozialdemokraten? Der Zweikampf bei der Wahl in der Kommune Apenrade scheint offen. Nutznießer könnten kleinere Parteien werden, die als Zünglein an der Waage eine einflussreiche Rolle einnehmen.

Werden die Diskussionen um den Jollenhafen in Loddenhoi (Loddenhøj) und die Probleme mit der Sonder- und Behindertenschule „Fjordskole“ in Krusau (Kruså) zum Stolperstein für Apenrades Bürgermeister und Venstre-Spitzenkandiat Thomas Andresen, wenn die Wähler am 16. November abstimmen?

Die „Fjordskole“ und deren Umzug von Apenrade nach Krusau war schon beim Wahlkampf vor vier Jahren ein Thema.

Der härteste Konkurrent, die Sozialdemokratische Partei um Spitzenmann Erik Uldall Hansen, würden den amtierenden Bürgermeister allzu gern an solchen weniger ruhmreichen Ereignissen der Legislaturperiode scheitern sehen.

Letzte Scharmützel

Bei der jüngsten Wahlveranstaltung am Donnerstagabend hat der amtierende Bürgermeister nicht teilgenommen. Er entschuldigte das mit den hohen Infektionszahlen, die eine Corona-Erkrankung immer wahrscheinlicher machten. Da er jedoch für die Wahl verantwortlich sei, wolle er kein Risiko eingehen, schrieb er auf seinem Facebook-Account. Manch böse Stimme behauptete, Andresen wolle sich vor der Veranstaltung drücken.

An seiner Stelle schickte er Philip Tietje zu der Veranstaltung, auf der – wieder einmal – das Thema Loddenhoi Jollenhafen auf der Agenda stand. Und Tietje machte deutlich: Venstre steht hinter dem Projekt und glaubt auch weiterhin, dass der Hafen bleibt wie und wo er ist. Uldall Hansen sagte ebenso deutlich, er wolle dafür sorgen, dass das Bauwerk verschwindet.

Obwohl das Thema nur wenige Menschen in der Kommune betrifft, ist es zu einem Spielball im Wahlkampf geworden, der wohl nicht nur wegen der Entscheidung, den Hafen zu bauen, dazu geworden ist, sondern auch, weil immer wieder Verfehlungen zutagekommen, die dem Vertrauen der Bürger gegenüber dem Stadtrat arg geschadet haben.

Plus und Minus

Garantiert ist das Scheitern von Thomas Andresen allerdings nicht, denn der Noch-Bürgermeister hat auch Erfolge aufzuweisen. Vorneweg sicherlich die Wirtschaftsförderung. Mit diesem Schwerpunkt sind neue Gewerbegebiete entstanden mit großen Bauprojekten und der Ansiedelung großer Unternehmen.

Auch der Apenrader Hafen hat als Wirtschaftsfaktor und Wirtschaftsstandort zu einem Höhenflug angesetzt, was nicht zuletzt auch auf Erwin Andresen von der Schleswigschen Partei zurückzuführen ist. Das SP-Stadtratsmitglied ist nach der jüngsten Wahl mit dem Vorsitz des Hafens betraut worden und hat an der Weiterentwicklung maßgeblichen Anteil gehabt.

Bis auf den „Fjordskole“-Makel kann sich Thomas Andresen durchaus auch mit Erfolgen im Bereich Schulen und Kindergärten brüsten. Es sind Neubauten, Renovierungen und Sanierungen in dreistelliger Millionenhöhe auf den Weg gebracht worden. Das geschah auch im Sinne der übrigen Parteien, darunter die Sozialdemokraten. Wer letztendlich die Lorbeeren kassieren wird, bleibt abzuwarten.

Machtanspruch

Die Sozialdemokraten mit Erik Uldall Hansen haben ihren Machtanspruch ganz klar formuliert. Sie wollen Venstre die Bürgermeisterkette unter allen Umständen entreißen.

Mit dem eigenen Abschneiden dürfte das jedoch kaum klappen. Es bedarf Kooperationspartner, um den Bürgermeisterposten im eigenen Lager unterzubringen oder ihn dem Konkurrenten Venstre anderweitig abzujagen.

Hierbei könnte die Konservativen Partei um Spitzenmann und Bürgermeisterkandidat Jan Riber Jakobsen eine zentrale Rolle zukommen.

Sollte seine Partei das Zünglein an der Waage sein, um Venstre und Thomas Andresen vom Thron zu stoßen, dann gibt es für den Pattburger und seine Partei eine äußerst interessante Verhandlungsposition.

Bürgermeisterfrage

Politische Beobachter halten es sogar für möglich, dass Riber bei entsprechend gutem Abschneiden der Konservativen den Bürgermeisterposten zugesprochen bekommt, mindestens aber eine bedeutende Rolle einnimmt. Auch das wird letztendlich vom Wahlergebnis abhängen.

Venstre konnte bei der jüngsten Wahl auf das gute Ergebnis des Bündnispartners, der Dänischen Volkspartei (Dansk Folkeparti, DF), setzen.

Deren Spitzenmann Ejler Schütt hat nach internen Querelen aber die Fronten gewechselt und tritt für Liberal Alliance an.

Die Wogen bei DF scheinen immer noch nicht geglättet zu sein und es bleibt spannend, ob die Partei um Spitzenkandidat Arne Leyh Petersen an das gute Ergebnis von vor vier Jahren anknüpfen kann. Auch Jane Thorgeirsson hatte die Partei aus Protest verlassen und gehört dem Stadtrat noch als parteiloses Mitglied an.

Wer mit wem?

Um sich die Mehrheit zu sichern, wird Venstre vermutlich erneut mit DF kooperieren wollen und die Hand womöglich auch weiter in Richtung rechter Flügel ausbreiten, um Liberale Allianz mit Ejler Schütt und Neue Bürgerliche (Nye Borgerlige) mit Jan Køpke Christensen für sich zu gewinnen.

Für die Schleswigsche Partei stellt sich ebenfalls die Frage, wie sie sich positionieren soll.

Erwin Andresen hat als Fraktionschef und Hafenvorsitzender seine ganze Routine ausgespielt und einmal mehr untermauert, dass die SP sich auf ihre Arbeit konzentriert und mit nahezu allen breit zusammenarbeiten kann und möchte.

Der zweite SPler, Kurt Andresen, der nicht wieder antritt, überzeugte ebenfalls durch sachliche und akribische Arbeit, unter anderem als stellvertretender Vorsitzender des Technischen Ausschusses.

Neutrale Kraft

Sollte es tatsächlich gelingen, ein drittes Mandat zu gewinnen, dann würde auch die SP an Einfluss gewinnen. Als Partei der Mitte behält es sich die Partei der deutschen Minderheit offen, mit wem sie enger zusammenarbeiten wird. Das hängt von den Gesprächen nach der Wahl ab.

Bleiben noch die kleineren potenziellen Mit- und Gegenspieler von Venstre und Sozialdemokraten: Sozialistische Volkspartei (Socialistisk Folkeparti), Einheitsliste (Enhedslisten), Neue Bürgerliche, Liberale Allianz, Christdemokraten (Kristendemokraterne) und die Alternative (Alternativet).

Sie alle wird wohl erst einmal weniger beschäftigen, wen sie beim Regieren unterstützen sollen, sondern viel mehr, ob es mit einem oder vielleicht sogar mehr Mandaten klappt.   

Das Wahlergebnis von 2017 in Apenrade

  • Venstre: 33,5 % (- 4,3 %); 10.831 Stimmen (- 1.474),  11 Mandate (von 31)
  • Sozialdemokraten: 29 % (+ 3,1 %), 9.363 Stimmen (+ 931), 9 Mandate
  • Dänische Volkspartei: 14,4 % (- 0,1 %), (-4.664 Stimmen (- 47), 5 Mandate
  • Schleswigsche Partei: 6,1 % (- 2,4 %), 1.974 Stimmen (-788), 2 Mandate
  • Konservative: 4,9 % (+ 0,8 %), 1.573 Stimmen (+ 240), 2 Mandate
  • Einheitsliste: 3 % (- 1,4 %), 967 Stimmen (- 478), 1 Mandat
  • Sozialistische Volkspartei: 2,3 & (- 0,2 %), 740 Stimmen (- 62), 1 Mandat
  • Neue Bürgerliche: 2,1 % (+ 2,1 %), 684 Stimmen (+ 684), 0 Mandate
  • Radikale Venstre: 1,8 % (+ 0,8), 567 Stimmen (+ 250), 0 Mandate
  • Liberale Allianz: 1,6 % (+ 0,2 %), 528 Stimmen (+ 81), 0 Mandat
  • Alternative: 0,8 % (+ o,8 %), 270 Stimmen (+ 270), 0 Mandate
  • Robin Hood Partei: 0,3 % (+ 0,3 %), 109 Stimmen (+ 109), 0 Mandate
  • Christdemokraten: 0,2 % (+ 0,2 %), 62 Stimmen (+ 62) (-59) 0 Mandate
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