Deutsche Minderheit
Fotografische Augenblicke aus knapp drei Jahrzehnten
Fotografische Augenblicke aus knapp drei Jahrzehnten
Fotografische Augenblicke aus knapp drei Jahrzehnten
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Ein Querschnitt aus den Fotografien von Karin Riggelsen: Die Pressefotografin des „Nordschleswigers" hat aus ihrem umfangreichen Archiv 50 Fotos zusammengesucht für die Ausstellung „Augenblick“, die der Bund Deutscher Nordschleswiger ausrichtet.
Die Schau ist vom Tag der Deutschen Einheit bis zum Deutschen Tag im Haus Nordschleswig zu sehen.Trotz der Vielfalt der Motive, die das facettenreiche Leben der Menschen in der Minderheit widerspiegelt, aber auch Begegnungen der deutschen Nordschleswiger mit Größen aus Politik und Gesellschaft diesseits und jenseits der deutsch-dänischen Grenze, dem Königshaus und kulturellen Veranstaltungen dokumentiert, besticht Riggelsen mit ihrem Lieblingsmotiv: Einfühlsam „fängt“ sie immer wieder Kindergesichter ein beim Spielen und dem Alltag in den deutschen Einrichtungen.
Dabei ist die Grenze zwischen Arbeit und Hobby bei ihr längst nicht mehr zu ziehen. Wenn man seit Kindheit an intensiv fotografiert, hat man irgendwann nicht ein Lieblingsfoto, sondern eine Menge Fotos, die einem am Herzen liegen, verrät die Ausstellende.
Ausstellungseröffnung beim Empfang zum Tag der Deutschen Einheit
„Es ist keine Kunstausstellung, ich zeige nur kurze Momente aus meiner Zeit als freischaffende Mitarbeiterin des ,Nordschleswigers‘", sagt Karin Riggelsen. Der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Uwe Jessen, nimmt die offizielle Eröffnung vor zum Auftakt des Sektempfanges im Rahmen des Tages der Deutschen Einheit, am Sonntag, 3. Oktober, ab 11 Uhr. Gwyn Nissen, Chefredakteur des „Nordschleswigers“, hält die Eröffnungsrede.
Die Ausstellung ist thematisch aufgeteilt und wird im Foyer, der Pyramide (Sitzungsraum „Tondern“) und dem Sitzungsraum „Apenrade“, in der Öffnungszeit des Verwaltungs- und Veranstaltungszentrums an der Westerstraße zu sehen sein. Die Fotoausstellung ist bis Donnerstag, 4. November, zugänglich.
Jahrzehntelanges Engagement würdigen
Der Kulturkonsulent des BDN, Uffe Iwersen, erzählt, dass die Ausstellung von langer Hand geplant ist. Vertreter des BDN schlugen der Pressefotografin auf der Neujahrstagung in Sankelmark im Januar 2020 vor, für die Tagung des kommenden Jahres eine Ausstellung zu gestalten. Die Tagung in der Akademie Sankelmark fiel 2021, wie so viele andere Feierlichkeiten, der Corona-Krise zum Opfer.
„Wir wollen Karin Riggelsens Arbeit durch knapp drei Jahrzehnte für unsere Zeitung und somit für die ganze Minderheit würdigen", erklärt Uffe Iwersen. Riggelsen habe als Minderheitenfotografin eine Bandbreite an Fotos gemacht, die kleine Schulveranstaltungen ebenso abdecken wie große Staatsbesuche, und die eine einzigartige Bilderquelle darstellen, hebt der Kulturkonsulent hervor.
Humanitäres Engagement für Kinder
Der BDN und die Fotografin verständigten sich darauf, dass der Überschuss der Verkaufsausstellung dem Projekt „Kein Kind ohne Ferien“ zufließt. Die Foto-Auswahl wurde auf dem Großformatprinter des Büchereiwesens gedruckt und in 50 mal 60 Zentimeter großen Rahmen befestigt. Anke Christensen, Verwaltungsangestellte der Bücherei, half der Fotografin beim Zuschneiden der gedruckten Fotos. „Anke ist eine große Hilfe“, so Karin Riggelsen, als wir sie einige Tage vor der Ausstellungseröffnung im Keller der Bücherei zum Interview treffen.
Fotografin steht lieber hinter der Kamera
Als Karin Riggelsen aufgefordert wurde, eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, zögerte sie kurz: „Ich mag es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Ich bin lieber hinter der Kamera, wie bei meiner Arbeit“, verrät sie.
Pandemie und technische Probleme
„Ich habe die Einladung im Hinterkopf behalten und im Frühjahr 2020 entschlossen, mich der Herausforderung zu stellen“, lacht Riggelsen. Was sie zu dem Zeitpunkt nicht wissen konnte, war, dass nicht nur die Schutzmaßnahmen zur Pandemie eine Durchführung der Neujahrstagung 2021 untersagten. Auch technische Probleme mit ihrem Computer zu Hause in Hostrupholz (Hostrupskov) machten der erfahrenen Pressefotografin einen Strich durch die Rechnung. Ihr Computer brach im Dezember 2020 zusammen. Bislang hat sie es, trotz professionellen Beistands, nicht geschafft, sämtliche Fotodateien sicherzustellen. Dabei handelt es sich um Material aus den Jahren 2000 bis 2018.
Museen hoffen, geschichtsträchtiges Fotomaterial bewahren zu können
Museumsinspektor René Rasmussen vom Museumsverbund Museum Sønderjylland, sicherte Riggelsen Unterstützung zu beim Sicherstellen des Fotomaterials. „Das Museum ist daran interessiert, die Fotos der Nachwelt zu erhalten. Ich bin zuversichtlich, dass ein wesentlicher Teil der Dateien wieder hergestellt werden kann. Auch das Archiv der Minderheit, ,Deutsches Archiv Nordschleswig', hat Interesse daran, die Entwicklung der Minderheit anhand meines Archivs zu dokumentieren“, sagt Karin Riggelsen.
Fotografieren ist der Lebensmittelpunkt
Ein Leben ohne Fotografieren kann sich Riggelsen nicht vorstellen. Deswegen zieht sich die 67-Jährige auch peu à peu aus dem aktiven Berufsleben zurück. „Ich nähere mich den 70. Irgendwann muss Schluss sein. Inzwischen habe ich eine Vier-Tage-Arbeitswoche. Das passt wunderbar in meinen jetzigen Lebensrhythmus“, verrät sie.
Fotografische Gehversuche im Schlosspark
Erste fotografische Erfahrungen machte Karin Riggelsen im Gravensteiner Schlosspark (Gråsten Slotspark). Sie war acht oder zehn Jahre, als sie die „Instamatic“ Kamera ihrer Eltern stibitzte und Blumen fotografierte im königlichen Park.
Das Puzzle fügte sich aneinander
„An meinen Arbeitsplätzen habe ich immer interne Mitteilungen verschickt und diese reich bebildert“, blickt Karin Riggelsen an die Zeit in der Modebranche zurück. Ihr heimlicher Traum, in der Medienwelt Fuß zu fassen, verwirklichte sich erst 1986.
„Ich arbeitete damals in einem Apenrader Modegeschäft. Als mich ein Mitarbeiter der Anzeigenabteilung der damaligen Tageszeitung ,Jydske Tidende' kontaktierte, schlug mir dieser im Gespräch vor, mich um einen Platz als Auszubildende in der Fotoabteilung der Zeitung zu bewerben“, sagt Riggelsen. Sie packte damals die Gelegenheit beim Schopfe.
Nach einem kurzen Praktikum wurde Karin Riggelsen auszubildende Fotografin bei der Lokalzeitung. „Ich habe sofort gemerkt, dass es das war, was ich beruflich machen wollte. Ich habe Zufriedenheit im Beruf gefunden.“ Riggelsen schloss ihre Ausbildung 1989 erfolgreich ab und arbeitete danach als freischaffende Fotografin.
Seit 1992 beim „Nordschleswiger“
Als Helge Grøhn, der langjährige Pressefotograf des „Nordschleswigers“, 1992 verstorben war, bot ihr der damalige Chefredakteur Siegfried Matlok die Stelle als freischaffende Fotografin bei der Zeitung der Minderheit an.
„Das Angebot habe ich sofort angenommen und auch nie bereut. Ich habe sehr viel miterlebt beim ,Nordschleswiger‘, wo ich sehr gerne arbeite“, unterstreicht Karin Riggelsen.
Deutsch seit den Schuljahren eingerostet
Karin Riggelsens Eltern waren kein aktiver Teil der deutschen Minderheit. Als sie beim „Nordschleswiger“ einstieg, musste sie daher ihre Deutschkenntnisse, die seit den Schuljahren eingerostet waren, auf Vordermann bringen.
Mit dem Chefredakteur nach Kopenhagen
Die Quereinsteigerin hat, wie sie versichert, „den spannendsten Job überhaupt“. In der Anfangszeit, als Chefredakteur Siegfried Matlok auch das Sekretariat der deutschen Minderheit in Nordschleswig in Kopenhagen leitete, sei sie ab und an in die Hauptstadt gefahren, um Politiker und Honoratioren für Artikel und Reportagen des Chefredakteurs aufzunehmen. „Bei einem Regierungswechsel habe ich mich vor Schloss Amalienborg aufgestellt, um die neue Regierung zu fotografieren. Als ich anderthalb Stunden vor dem Termin kam, war ich die einzige Medienvertreterin weit und breit. Bei Anbeginn des Pressetermins hatten sich viele Fotografen versammelt. Statt im Pressepool in vorderster Reihe zu stehen, war ich ganz nach hinten geschoben worden“, erinnert sie sich.
Das Smartphone fordert die Professionellen heraus
Der Kampf um den Platz an vorderster Front verschärfte sich im Laufe der Jahre: „Früher haben wir Kollegen untereinander um einen guten Platz gekämpft. Seit Einzug des Smartphones müssen wir auch mit allen anderen Leuten wetteifern.“ Während die Medienleute oftmals bei Veranstaltungen in Pressepools eingeteilt werden und die zugeteilten Plätze nicht verlassen dürfen, kann sich das Publikum meistens freier bewegen. „Wenn Königin Margrethe kommt, dann können die Zaungäste ihre Smartphones zücken und tolle Fotos machen, während wir Professionellen abseits bleiben müssen“, hat die Pressefotografin erfahren.
Von der Dunkelkammer ins Homeoffice
Wie viele Kameras sie seit 1992 verschlissen hat, daran kann die Hostrupholzerin sich nicht nicht erinnern. Sie habe ihr Equipment laufend erneuert und sei der technologischen Entwicklung gefolgt, auch als „Der Nordschleswiger“ Stück für Stück digitalisiert wurde. „Früher habe ich in der Dunkelkammer im Keller des Pressehauses gestanden, um die Fotos zu entwickeln. Inzwischen fahre ich nach Arbeitsaufgaben in mein Homeoffice, wo ich die Fotos bearbeite, bevor ich sie elektronisch an die Redaktionen weiterleite.
Online-Medium ist der neue Alltag
Neue Orte und Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen und Minderheitenleuten sind für die Berufsfotografin zum Alltag geworden. Um das nötige fachliche und technische Know-how zu haben, hat sie nach der Ausbildung an der Fachhochschule in Aarhus laufend Lehrgänge und Workshops besucht.
„Der Nordschleswiger“ ist seit 3. Februar ein Online-Medium, und Karin Riggelsen stellt ihr Bildmaterial sowohl für tagesaktuelle Berichterstattung als auch für Reportage-Fotografie zur Verfügung. Ihre Fotos erscheinen außerdem in der 14-täglichen Printausgabe, die mit online erschienenen Artikeln bestückt wird.
Beim Fotografieren kommt man in die Privatsphäre der Menschen. Man muss ein gutes Situationsgespür haben und wissen, wie man Grundvertrauen gewinnt, denn viele Menschen sträuben sich, wenn man sie fotografieren will.
Karin Riggelsen, Pressefotografin
Neue Möglichkeiten für den „Nordschleswiger“
Obwohl sie sich noch manchmal dabei ertappt, darüber nachzudenken, welches Foto sie für die Titelseite der Zeitung anbieten könnte, befürwortet Karin Riggelsen die Umstellung auf das Webmedium. „Unsere Reichweite ist bedeutend größer geworden. Das ist eine gute Möglichkeit für uns, in einem breiteren Kreis bekannt zu werden“, sagt die Fotografin.
Situationsgespür haben und Grundvertrauen gewinnen
Die Branche ist durch die Möglichkeiten im Internet noch schnelllebiger geworden, die Fotografin hält aber daran fest, dass sie, wenn sie für Aufgaben eingeteilt wird, Zeit hat, mit der zu fotografierenden Person ins Gespräch zu kommen: „Beim Fotografieren kommt man in die Privatsphäre der Menschen. Man muss ein gutes Situationsgespür haben und wissen, wie man Grundvertrauen gewinnt, denn viele Menschen sträuben sich, wenn man sie fotografieren will.“ Karin Riggelsen bezeichnet es als wichtig, dass sie bei ihren Fotoaufgaben Zeit mitbringt und auch über die Hintergründe der Menschen und ihrer Storys etwas weiß, um im richtigen Augenblick auf den Auslöser drücken zu können. Dass Routineaufgaben wahrgenommen werden müssen, nimmt sie gelassen: „Das gehört auch dazu.“