Deutsch-dänische Grenze
Trotz neuer Technik weniger durchgehende Züge
Trotz neuer Technik weniger durchgehende Züge
Trotz neuer Technik weniger durchgehende Züge
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Die deutsch-dänische Stromgrenze in Pattburg stoppt die neuen dänischen Züge: Die Bahnen fahren mit unterschiedlicher Spannung. Ziel sei ein verbesserter Bahnverkehr im Grenzland, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Venstre-Folketingsfraktion. Doch die Weichen wurden falsch gestellt.
Die ab 2024 vorgesehenen neuen Coradia-Triebwagen können nur im dänischen Bahnstromnetz mit 25 Kilovolt/50 Hertz eingesetzt werden. Sie sind als Ersatz der heute fahrenden dieselgetriebenen IC3-Züge vorgesehen. Das dänische Transportministerium kündigt nun Untersuchungen zur Lösung des Problems an. Denn für die bis zu 200 Stundenkilometer schnellen Züge mit energiesparender und damit klimafreundlicher Technik sind Fahrten über die Bahnstromgrenze in Pattburg nach Flensburg und Hamburg ausgeschlossen.
In Deutschland fahren die elektrischen Züge ebenso wie in Schweden mit 15 Kilovolt Spannung und einer Wechselstromfrequenz von 16,7 Hertz. Seit Jahren haben die deutsche und die dänische Bahn es versäumt, für grenzüberschreitende Fahrten im Personenverkehr Züge für beide Stromsysteme zu beschaffen. Deshalb fahren seit Jahrzehnten immer noch Dieselzüge zwischen Hamburg und Kopenhagen, obwohl die Strecke durchgehend elektrifiziert ist.
Unser Ziel ist ein besserer grenzüberschreitender Zugverkehr
Kristian Pihl Lorentzen, Venstres verkehrspolitischer Sprecher
Das dänische Transportministerium kündigte an, mit dem Einsatz der neuen Coradia-Triebwagen ab 2024 keine Intercityzüge mehr über Tingleff (Tinglev) und Pattburg (Padborg) bis Flensburg (Flensborg) einzusetzen. Sie sollen stattdessen nach Sonderburg (Sønderborg) fahren. Der verkehrspolitische Sprecher der Venstre-Folketingsfraktion, Kristian Pihl Lorentzen, fordert deshalb, dass Pattburg und Tingleff mit deutschen Zügen bedient wird. „Unser Ziel ist ein besserer grenzüberschreitender Zugverkehr“, erklärt Kristian Pihl Lorentzen.
Die Neuordnung des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs auf der Strecke Tingleff-Flensburg unterstützen alle Folketingsfraktionen. Das bedeutet allerdings für die Reisenden aus Dänemark das Ende der umsteigefreien Fahrten nach Flensburg. Zwar werden in einigen Jahren die heutigen Direktverbindungen Hamburg-Kopenhagen mit den DSB-Zweisystemloks der Baureihe EB und modernen Wagenzügen anstelle der altersschwachen IC3-Triebwagen angeboten. Die Direktzüge halten jedoch bisher innerhalb Nordschleswigs nur in Pattburg. Auch in Flensburg gibt es keinen Halt.
Schleswig-Holstein parat für Fahrten über die Grenze
Pihl Lorentzen unterstützt wie die übrigen Fraktionssprecher Verhandlungen mit den zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein über die „Verlängerung“ des Regionalverkehrs bis nach Pattburg und Tingleff. Dazu hatte sich der Nahverkehrsverbund Nah.sh gegenüber dem „Nordschleswiger“ bereits im Juni bereiterklärt. „Wir überlegen gemeinsam mit den Dänischen Staatsbahnen (DSB) und dem dänischen Transportministerium, die für den Einsatz zwischen Kiel und Flensburg vorgesehenen elektrischen Triebwagen mit Akkumulatoren bis Pattburg, Tingleff oder auch Sonderburg fahren zu lassen“, erklärte der für die Bereiche Fahrplan und Fahrzeuge zuständige Mitarbeiter bei Nah.sh, Jochen Kiphard.
Er fügte hinzu, dass es auch möglich sei, ab 2027 die dann erwarteten neuen elektrischen Regionalzüge für die Linie Hamburg-Flensburg mit Zweisystemtechnik auszurüsten: Diese könnten dann über die Grenze bis Tingleff oder sogar bis Frederica eingesetzt werden.
Pihl Lorentzen will besseren Nahverkehr über die Grenze
Kristian Pihl Lorentzen unterstreicht die Absicht Dänemarks, neben dem Fernverkehr auch den Nahverkehr über die deutsch-dänische Grenze zu verbessern. „Wir führen einen intensiven Dialog mit dem Transportministerium“, so der Oppositionspolitiker: Er erinnert aber auch daran, dass leider seit Jahren im dänischen Zugverkehr „Chaos“ herrsche. Er verweist darauf, dass nicht nur das Programm zur Digitalisierung des Signalsystems hinter den Zeitplänen zurückliege, sondern auch die dringend erforderliche Elektrifizierung der Strecke zwischen Fredericia und Aarhus verspätet sei. Derzeit könne mit einer Inbetriebnahme 2026 gerechnet werden.
Die fehlenden elektrischen Oberleitungen in die zweitgrößte dänische Stadt könnten nicht nur den Einsatz der neuen elektrischen Coradia-Züge zwischen Kopenhagen und Aarhus ausbremsen. Der fehlende Bahnstrom blockiert auch den Einsatz der neuen DSB-Fernzüge mit Zweisystemloks zwischen Aarhus und Hamburg.
In den Informationen des dänischen Transportministeriums zur Zukunft des regionalen Zugverkehrs zwischen Flensburg und Tingleff ist nur die Rede von Zügen, die nordwärts bis Tingleff fahren. Das Ministerium kündigt an, dass die Untersuchungen zur künftigen Bedienung bis zum Sommer 2022 durchgeführt werden. Das sei erforderlich, damit die 2022 vorgesehenen Bestellungen für mögliche neue Regionalzüge mit Zweisystemtechnik in Schleswig-Holstein erfolgen können.
Der Einsatz der Batteriezüge Kiel-Flensburg bis nach Tingleff taucht im Material des Transportministeriums als Alternative auf. Bei dieser Verbindung könnte sich der noch mehrere Jahre dauernde Bau der neuen Schlei-Bahnbrücke als Hindernis erweisen. Denn bis 2026 ist mit jeweils mehrmonatigen Sperrungen der Brückenverbindung zu rechnen.
Schlechte Aussichten für Bahnreisende
Die jetzt veröffentlichten Pläne lassen erahnen, dass die Reisenden sich im deutsch-dänischen Grenzland auf mehrfaches Umsteigen und Unbequemlichkeiten einstellen müssen. Es werden über Jahre keine klimafreundlichen Alternativen zum Autoverkehr geboten. Hoffnung machen die Angaben, dass sich Schleswig-Holstein für eine Nutzung der deutsch-dänischen Fernverkehrszüge auch für Nahverkehrskunden einsetzt, dazu wären aber Zughalte in der Grenzregion erforderlich.