Leitartikel

„Bürgermeisterinnen sind Mangelware“

Bürgermeisterinnen sind Mangelware

Bürgermeisterinnen sind Mangelware

Kopenhagen/Nordschleswig
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Gerade mal 14 Bürgermeisterinnen gibt es in den 98 Kommunen des Landes. Laut einer Prognose wird das nach dem 16. November kaum besser werden. Da hätten wir 2021 schon deutlich weiter sein müssen, meint Walter Turnowsky.

Die Kommunalwahlen 2009 wären eigentlich ein schöner Anlass gewesen zu feiern, dass nun gleichviel Frauen wie Männer Bürgermeisterposten innehaben. Da war es nämlich genau 100 Jahre her, dass Frauen zum ersten Mal an kommunalen Wahlen teilnehmen durften.

Dass es keinen Anlass für solch eine Jubiläumsfeier gab, wissen wir nur allzu gut.

Auch jetzt noch machen sich die Männer in den Bürgermeistersesseln breit. Gerade mal in 14 der 98 Kommunen steht eine Frau an der Spitze.

Noch nicht mal jeder fünfte Posten

Laut einer Prognose des Institutes für Menschenrechte werden es nach den Wahlen am 16. November zwei mehr werden. Na, immerhin: Bei dem Tempo erreichen wir 2089 Gleichstellung bei den Bürgermeisterposten.

Nun sollte man solche Prognosen nicht überbewerten, aber ob es eine Bürgermeisterin mehr oder weniger wird, ist nicht entscheidend. Der Skandal ist, dass noch nicht mal jeder fünfte Bürgermeisterposten mit einer Frau besetzt wird.

Sicher gibt es eine Vielfalt an Erklärungen und Ursachen für diese Ungleichstellung. Doch in mehr als 100 Jahren haben die Parteien eigentlich mehr als genug Zeit gehabt, diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Lokalabteilungen sind am Zug

An den Wählerinnen und Wählern liegt es nicht. 2017 machten vier von zehn in Frederikshavn ihr Kreuz bei Bürgermeisterin Birgit Stenbak Hansen (Soz.) – das war dänischer Rekord. Ein ähnlich überzeugendes Ergebnis erzählte Tove Larsen (Soz.) bereits 2005 in Apenrade (Aabenraa).

Es sind also die Parteien und vor allem ihre Lokalabteilungen, die mehr Frauen als Spitzenkandidatinnen aufstellen müssen. Dies erfordert, wie die langsame Entwicklung zeigt, einen gezielten langfristigen Einsatz. Wer meint, das geschieht von selbst, wird weitere 70 Jahre warten müssen.

Nordschleswig als Schlusslicht

Wenden wir den Blick nach Nordschleswig, kann man sich nicht gerade als Vorzeigeregion rühmen: Sämtliche vier Bürgermeister sind derzeit Männer. Und bei den anstehenden Wahlen ist unter den Bürgermeisterkandidaten, die sich Hoffnung machen dürfen, nur eine Frau. Allein Sonderburg könnte mit Venstres Ellen Trane Nørby eine Bürgermeisterin bekommen.

Vier SP-Männer

Bei der Schleswigschen Partei (SP) gibt es in puncto Parität auch noch Luft nach oben. Die Spitzenkandidaten heißen Jørgen, Stephan, Erwin und Carsten. Sieht man sich die gesamten Spitzenteams an, ist das Verhältnis 10:4.

Der Bund Deutscher Nordschleswiger hat 2019 eine Gleichstellungspolitik verabschiedet. An der Umsetzung muss, wie in anderen Organisationen, noch gearbeitet werden.

 

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