Hochbegabung

„Mensa ist meine zweite Familie, mein Zuhause“

„Mensa ist meine zweite Familie, mein Zuhause“

„Mensa ist meine zweite Familie, mein Zuhause“

Jan Sternkopf
Jan Sternkopf Journalist
Apenrade/Aabenraa
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Malene Heijo, Apenrade, gehört zu den wenigen Menschen, denen eine überdurchschnittliche Begabung nachgewiesen werden kann. Foto: Karin Riggelsen

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Mensa ist der weltweite Verein für hochbegabte Menschen mit einer geprüften Intelligenz. Malene Heijo aus Apenrade machte zum Spaß einen Test und ist heute Kontaktperson für den Bereich Apenrade. Sie möchte gerne Vorurteile abbauen, denn zwar sind Mensa-Mitglieder kluge Leute – sie sind aber gleichzeitig Menschen wie du und ich.

Wenn sie auf ihre Kindheit zurückblickt, erkennt Malene Heijo aus Apenrade schon, dass sie irgendwie anders war.

„Aber ich war mir dessen nicht bewusst. Als Kind denkt man ja nicht darüber nach – wer tut das schon“, so die heute 38-jährige Mutter zweier Kinder.

Heute ist sie klüger. In vielerlei Hinsicht. Denn sie weiß jetzt, weshalb sie als Kind das Gefühl hatte, fehl am Platz zu sein. Malene Heilo gehört nämlich zu einer Gruppe Menschen, denen eine außerordentliche Begabung bescheinigt werden kann. Ihr Intelligenzquotient befindet sich im oberen Bereich – über 135, während der Durchschnitt zwischen 90 und 110 liegt.

Malene Heijo ist Mitglied bei Mensa, einem Verein für hochbegabte Menschen mit einem geprüften Intelligenzquotienten von mindestens 135.

„Der Test, der mir seinerzeit den Zugang zu Mensa verschaffte, misst nur bis 135. Ich weiß deshalb nicht, wie schlau ich wirklich bin“, sagt Malene Heijo und lacht selbst über die Bemerkung.

Zu knauserig

„Ich kann aber sagen, dass ich zu dem einen Prozent der Menschheit gehöre, der einen IQ von 135 und darüber hat. Ich könnte zwar noch zusätzlich einen Test machen lassen, der mir Genaueres sagt. Das ist aber eine teure Angelegenheit, und der ,Sønderjyde’ in mir ist zu knauserig, um das auch bezahlen zu wollen.“

Weltweit gibt es von ihrer Art nur 140.000 Menschen, denen ein solcher IQ bescheinigt worden ist.

„Es gibt aber mehr davon“, ist sie sich sicher. Und deshalb gehen sie und der örtliche Mensa-Verein nun auf die Suche.

Am 1. Oktober konnte Mensa International sein 75-jähriges Bestehen feiern. Und am Sonnabend, 16. Oktober, bietet Malene Heijo gemeinsam mit Kollegen den Apenradern einen Test an.

„Das machen wir am nördlichen Ende der Fußgängerzone ab 12 Uhr. Gleichzeitig stehen Mensa-Mitglieder im Zeitraum von 12 bis 16 Uhr im Café Storm am Storetorv zur Verfügung, sollte jemand Fragen haben, was das mit Mensa und Intelligenzquotient auf sich hat. Man muss nicht unbedingt vorher einen Test gemacht haben. Wer sich aber testen lässt, den fordere ich auf, unbedingt bei Café Storm mal hereinzuschauen“, so Malene Heijo zur Veranstaltung, die ihres Wissens in dieser Art zum ersten Mal in Apenrade durchgeführt wird.

Neue Mitglieder zu werben ist ein Ziel der Veranstaltung. Malene Heijo möchte aber gleichzeitig Vorurteile abbauen.

„Mensaner sind Menschen wie du und ich. Wir sind ja keine Superhelden. Es gibt Mensaner, die nicht schreiben können. Oder lesen. Einige sind auch farbenblind.“

Malene Heijo, Apenrade, gehört zu dem einen Prozent der Menschheit, der über einen Intelligenzquotienten von über 135 verfügt. Foto: Karin Riggelsen

Ihr eigener Weg zu Mensa ging über Ikea in Aarhus. Ihr Ex-Freund hatte sie aufgefordert, jetzt „endlich den Test machen zu lassen". Und wenn auch nur zum Spaß.

„Also willigte ich ein. Unter der Bedingung, dass wir vorher bei Ikea einkaufen gingen“, erzählt Malene Heijo. Ihre kleine List gelang. Vorher noch im Warenhaus shoppen, bevor sie in der Aarhuser Abteilung den Test absolvierte.

Das war im Februar 2009.

„Schon bei der Präsentationsrunde der Anwärter dachte ich, dass ich voll danebenhauen würde. Ich war davon überzeugt, dass ein solcher Test nichts bringen würde. Typisch Frau – man spielt sich selber herunter“, sinnt sie im Nachhinein und lächelt vor sich hin.

Nun – es kam ganz anders.

Denn kurze Zeit später erhielt sie einen Brief mit einem Diplom sowie ein Antragsformular auf eine Mensa-Mitgliedschaft mit der Bitte, sie möge den Antrag so schnell wie möglich einsenden.

„Das war zwar nicht gerade das, was ich erwartet hatte. Ich musste aber gleichzeitig feststellen, dass die vielen Erlebnisse aus meiner Kindheit plötzlich Sinn ergaben.“

Malene Heijo macht in Apenrade einen Werbe-Vorstoß. In der Fußgängerzone können Bürger am Sonnabend, 16. Oktober, einen Mensa-Test machen. Foto: Karin Riggelsen

Es war, als ob alles in die Reihe fiel. Bei Mensa konnte sie sie selbst sein. Hier fühlt sie sich verstanden.

„Mensa ist meine zweite Familie. Hier fühle ich mich zu Hause, willkommen und geborgen. Wir sind nicht nur Gleichgesinnte – wir sind auch Freunde, die Freud und Leid miteinander teilen, so verschieden wir auch sind. In einer Mensa-Runde versteht man mich – egal welchen Unsinn ich rede. Ich muss nicht darüber nachdenken, wie ich mich ausdrücke. Man hört mir zu, auch wenn ich von meiner vier Tage langen Untersuchung von Marienkäfern berichte“, erzählt Malene Heijo und schüttelt lachend den Kopf über ihr eigenes „blödes“ Beispiel, das aber dann doch ganz treffend ihre Welt kennzeichnet.

Die menschlichen Beziehungen sind für sie sehr wichtig. Das gilt auch beruflich. Sie hatte sich in verschiedenen Jobs umgesehen, war somit in der Versicherungsbranche tätig und machte sogar ein Anwaltspraktikum.

Weder das eine noch das andere konnte sie jedoch überzeugen.

Der schönste Job beim Bäcker

„Den schönsten und besten Job habe ich beim Bäcker in Loit“, so die gebürtige Loiterin und fügt hinzu: „Hier habe ich das Gefühl, dass meine Gabe von Nutzen ist, denn meine Funktion erfordert Überblick und Systematik. Und überhaupt bin ich ein sozialer Typ, der mit jedem reden kann – das ist im Bäckerladen ein großer Vorteil. Für mich kommt es darauf an, welche Menschen ich um mich habe, damit ich wachsen und gedeihen kann.“

Malene Heijo macht sich keinerlei Vorstellungen, mit ihrem IQ besser zu sein als andere Menschen. Das wäre überheblich und passt so gar nicht zu ihrem Charakter. Im Gegenteil.

„Es gibt viele Arten von Intelligenz. Aber ein hoher IQ macht eben einen großen Unterschied. Obgleich man dabei auch etwas faul wird. Meine Arbeitsdisziplin lässt auf jeden Fall sehr zu wünschen übrig. Ich habe mich ja nie anstrengen müssen, um Neues zu lernen.“

Sie gibt zu, dass sie ihr Potenzial nicht voll ausnutzt. Sie interessiert sich zwar für viele verschiedene Dinge, in denen sie sich auch vertieft. Zum Beispiel Sprache, Kuchenbacken, Zeichnen oder Kampfsport.

„Das ist typisch für Mensaner – wenn man ein Thema findet, will man alles über dieses Thema wissen. Mein Ehemann wünscht sich insgeheim, dass ich irgendwann mal auch das Thema Garten aufgreife“, so Malene Heijo augenzwinkernd.

Malene Heijo möchte gern ihr Potenzial zum Wohle anderer Menschen einsetzen. Foto: Karin Riggelsen

Gern möchte sie ihre Gabe zum Wohl anderer einsetzen.

„Ich setze meine Fähigkeiten dort ein, wo ich für jemanden einen Unterschied machen kann. Ich bin froh, wenn es den Menschen um mich herum gut geht. Deshalb habe ich auch andauernd die Antennen ausgefahren, um festzustellen, ob es jemandem mies geht.“

Ihre Gabe ist zwar ein Geschenk, das sie zu schätzen weiß. „Es ist aber manchmal auch ein Fluch. Eine verfluchte Gabe wäre wohl der treffendere Ausdruck. Ich bin froh, die Welt so zu erleben, wie ich es tue. Es ist aber auch ziemlich erschöpfend. Es wäre ja leichter, wenn man zum Durchschnitt gehört – denn danach ist ja unsere Gesellschaft eingerichtet und nicht nach einer kleinen Gruppe von 1 Prozent. In Dänemark sind wir gerade um die 1.000 Menschen.“

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