Leitartikel

„Quiz zur Integration“

Quiz zur Integration

Quiz zur Integration

Kopenhagen
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Die Bevölkerung hat ein viel zu negatives Bild von der Integration, wie eine neue Studie zeigt. Doch statt die Untersuchung als Anlass zu sehen, das Bild eine wenig geradezurücken, machen die regierenden Sozialdemokraten das Gegenteil. Und das ist hochgradig verantwortungslos, meint Walter Turnowsky. 

An den Anfang des heutigen Leitartikels stellen wir ein wenig ungewöhnlich ein kleines Quiz mit vier Fragen:

1. Wie hoch ist der Anteil der 15- bis 29-jährigen männlichen Nachkommen von Einwanderern mit nicht westlichem Hintergrund, die 2019 wegen eines Delikts verurteilt worden sind?

2. Wie hoch ist der Anteil der Einwanderinnen mit nicht westlichem Hintergrund, die eine Arbeit haben?

3. Wie hoch ist der Anteil von nicht westlichen Einwanderinnen und Einwanderern und ihren Nachkommen an der dänischen Bevölkerung?

4. Wie hoch ist der Anteil der nicht westlichen Einwanderer, die die Demokratie als Staatsform unterstützen?

Zu negative Auffassung

Die Auflösung des Quiz kommt weiter unten. Solltest du mit deinen Antworten nicht ganz richtig liegen, brauchst du nicht traurig zu sein: Ungefähr drei Viertel der Bevölkerung liegen nicht nur ein wenig, sondern sogar sehr falsch bei ihren Antworten.

Mehrheitlich sind die Bürgerinnen und Bürger der Auffassung, dass es mit der Integration immer schlechter geht, wobei das Gegenteil der Fall ist. 

Laut einer Befragung, die das Wissenszentrum für Integration und das Medium „Mandag Morgen“ unter 2.015 Personen durchgeführt haben, meinen diese, dass 20 Prozent der Nachkommen kriminell sind (Frage 1). Die korrekte Antwort lautet 3,5 Prozent. 

Noch deutlicher wird die Fehleinschätzung, wenn man bedenkt, dass die Frage die Information beinhaltet, dass es 2012 5,4 Prozent waren. Statt eines Rückgangs bei der Kriminalität, tippen die Befragten also auf einen Anstieg auf fast das Vierfache. 

Interessant dabei: Die Anhängerinnen und Anhänger sämtlicher Parteien liegen falsch – einige mehr als andere.

Sprecher weicht der Frage aus

Der integrations- und ausländerpolitische Sprecher der regierenden Sozialdemokraten, Rasmus Stoklund, lässt sich von derartigen Fakten jedoch nicht beirren. In der Sendung „P1 Morgen“ greift er stattdessen die Prämissen der Untersuchung an. Man könne nicht alle nicht westlichen Einwanderer in einen Topf werfen, schließlich gäbe es auch Menschen aus Asien und Indien, die besser integriert seien. 

Denn wie will man ein Problem lösen, wenn die geführte Politik auf völlig falschen Annahmen basiert?

Walter Turnowsky

Würde man junge Männer mit Abstammung aus dem Nahen Osten betrachten, so seien diese wesentlich krimineller als der Bevölkerungsdurchschnitt. Tatsache ist, dass 4,5 Prozent dieser Gruppe 2019 verurteilt wurden. Es ändert also nichts an der Tatsache, dass die Schätzung von 20 Prozent vollkommen danebenliegt.

Statt also die Chance zu ergreifen, zu versuchen, das falsche Bild zurechtzurücken, macht Stoklund das Gegenteil: Er verstärkt die zu negative Auffassung von Menschen mit Migrationshintergrund.

Lösungen erfordern korrektes Wissen

Damit setzt er die 95 Prozent Gesetzestreuen einem Generalverdacht aus. Unverantwortlich ist für so ein Verhalten ein noch zu milder Ausdruck. Doch nicht nur ist es hochgradig unverantwortlich, es löst auch keine Probleme. Denn wie will man ein Problem lösen, wenn die geführte Politik auf völlig falschen Annahmen basiert?

Hier soll nämlich nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass es weiterhin bei der Integration erhebliche Probleme gibt.

Nur gibt es eben auch Positives zu vermelden. So haben 52 Prozent und nicht wie geschätzt, nur 33 Prozent der Einwanderinnen eine Arbeit (Frage 2). Auch wer durch die Zuwanderung die Demokratie bedroht fühlt, sollte sich nicht den Schlaf rauben lassen. 85 Prozent und nicht lediglich 50 Prozent sehen diese als die beste Staatsform (Frage 4). 

Der Anteil der Einwanderer mit nicht westlichem Hintergrund und deren Nachkommen liegt bei 9 Prozent. Solltest du auf 19 Prozent getippt haben, liegst du genauso falsch wie der Durchschnitt der Bevölkerung (Frage 3).

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