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Dänemarks öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der politischen Zwickmühle

Dänemarks öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der politischen Zwickmühle

Dänemarks öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der politischen Zwickmühle

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Johanne Schmidt-Nielsen
Satire darf alles? Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk offenbar nicht. Johanne Schmidt-Nielsen spricht von „Selbstzensur“. Foto: Scanpix

Danmarks Radio hat eine Politikerin aus einer Weihnachtssendung herausgeschnitten, offenbar aus Angst, als zu linksorientiert zu gelten. Zuvor hatte eine Geschichtssendung die nationalkonservativen Gemüter erhitzt und es wurden finanzielle Kürzungen angedroht.

Als „linksgedrehte Propaganda“ hatte der stellvertretende Vorsitzende der zweitgrößten Partei im dänischen Folketing, Søren Espersen, die  Geschichtssendung „Historien om Danmark“ bezeichnet, die im Oktober im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von Danmarks Radio gezeigt wurde. Er hatte sich darüber geärgert, dass als Beispiel für den dänischen Widerstand in der Besatzungszeit eine linke Gruppierung herangezogen wurde.

In seinem Rundumschlag gegen DR bezeichnete er auch das aufwendig produzierte Historiendrama 1864 als „lächerlich“. Die Serie hatte die fatalen Folgen des Nationalismus in den Vordergrund gestellt und war daraufhin als politisch angegriffen worden.

„Wie man gegenüber DR reagieren sollte, weiß ich nicht. Ein guter Anfang wären die Verhandlungen über eine neue Medienabsprache, die nach Neujahr beginnen“, sagte er damals.

Jetzt kommt der Vorwurf auf, dass sich Danmarks Radio diesem politischen Druck gebeugt habe und bei einer geplanten Radio-Weihnachtssendung, die erst beschnitten und dann ganz abgesetzt wurde, Selbstzensur ausgeübt habe.

Johanne Schmidt-Nielsen als Präsidentin war offenbar zu viel 

Der satirische Weihnachtskalender von DR P1 wurde einen Tag vor der geplanten ersten Ausstrahlung aus dem Programm genommen. In der geschassten Sendung geht es darum, dass das Königshaus durch Volksentscheid abgesetzt wurde und jetzt in der Wohnsiedlung Urbanplanen auf Amager bei Kopenhagen untergebracht wird. Ursprünglich sollte Johanne Schmidt-Nielsen, Abgeordnete der linken Einheitsliste, als Präsidentin in der Serie agieren – und die Aufnahmen mit ihr waren bereits fertig produziert.

Wie die Tageszeitung Politiken nun berichtet, hat Danmarks Radio die Serie offenbar tatsächlich aus Furcht vor neuen Anschuldigungen, „rote Gefolgsmänner“ zu sein, abgesetzt. In einer Mail, die Politiken vorliegt, schreibt ein Produktionsmitarbeiter direkt an die Politikerin und entschuldigt sich darin bei ihr für die Absetzung. „Wir sind leider von redaktioneller Furcht davor betroffen, in einem DR-Unwetter über ‘rote Gefolgsmänner' zu enden, wie es bei Historien om Danmark passiert ist“, heißt es da unter anderem.

Selbstzensur aus Angst vor Kürzungen?

Seitens DR verweigert die Senderleitung jeglichen Kommentar, dazu, ob es Furcht vor politischen Konsequenzen gegeben hat, berichtet Politiken. Johanne Schmidt-Nielsen macht sich unterdessen Sorgen über „Selbstzensur, aus Angst, das bei den Bewilligungen gekürzt wird“. Schon jetzt sind sich Regierung und Dänische Volkspartei darüber einig, ganze 25 Prozent des DR-Budgets zu kürzen. „Wir haben ein Problem, wenn der Inhalt bei DR jetzt davon abhängig gesteuert werden soll, wer an der Geldkassette sitzt“, sagt sie.

Danmarks Radios Kulturdirektorin Tine Smedegaard Andersen hatte noch am 4. Dezember im DR-Programm P1 Morgen erklärt, dass es die mangelnde Qualität der Sendung gewesen sei, die zur Absetzung geführt habe. Daraufhin hatte sich die freischaffende Regisseurin der Sendung beschwert, denn es habe eine Vereinbarung mit DR darüber gegeben, dass DR die Verantwortung für die Absetzung übernehmen würde.

Die Sendung wurde an mehreren Stellen aus politischen Gründen stark beschnitten – dass sie dann den Qualitätsansprüchen nicht mehr  genüge, sei kein Wunder, so die Darstellung der Regisseurin, die ebenfalls von Selbstzensur spricht. Andersen wiederum spricht in Politiken nun von „nicht optimalen Prozessen“, will aber von politischer Selbstzensur nichts wissen.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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