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„Zuhören statt stigmatisieren“: Das sagen Politiker über die „Ghetto“-Pläne der Regierung

„Zuhören statt stigmatisieren“: Das sagen Politiker über die „Ghetto“-Pläne der Regierung

„Zuhören statt stigmatisieren“: Das sagen Politiker über die „Ghetto“-Pläne der Regierung

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Pernille Skipper
Pernille Skipper Foto: Enhedslisten

Die Pläne der dänischen Regierung, in zahlreichen dänischen Wohngebieten, die auf der von der Regierung geführten „Ghettoliste“ stehen, hart durchzugreifen und zum Beispiel dort lebende Straftäter doppelt zu bestrafen, werden von Politikern im Lande unterschiedlich aufgenommen.

Dänemarks Regierung hat am Donnerstag ihren Plan dazu vorgestellt, wie sie angebliche Parallelgesellschaften in Dänemark bekämpfen will. Unter dem Namen „Ein Dänemark ohne Parallelgesellschaften – keine Ghettos im Jahre 2030“ wurden von den Ministern von Venstre, Liberaler Allianz und Konservativen diverse Maßnahmen vorgestellt. Die Reaktionen aus der dänischen Politik fielen gemischt aus.

Martin Henriksen, integrationspolitischer Sprecher der Dänischen Volkspartei (DF): „Es ist gut, dass es höhere Strafen und einen verstärkten Polizeieinsatz in den Ghettos geben soll. Aber die Regierung muss aufpassen, den Mund nicht zu voll zu nehmen. Der Entwurf kann nicht alle Probleme lösen.“

Cecilia Lonning-Skovgaard (Venstre), Beschäftigungs- und Integrationsbürgermeisterin Kopenhagen: „Wir müssen einsehen, dass die Parallelgesellschaften in Kopenhagen leider überlebt haben und über die Jahre gedeihen konnten und deshalb freue ich mich sehr darüber, dass die Regierung die Probleme jetzt an den Wurzeln packt.“

Pernille Skipper, Fraktionssprecherin der Einheitsliste: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Regierung Experten einberuft, Fachleute, Bewohner und andere, die tatsächlich etwas von den Problemen verstehen, und ihnen einmal zuhört, anstatt zu stigmatisieren und die Risse in der Gesellschaft noch zu vertiefen.“

Uffe Elbæk, politischer Chef der Partei Alternative: „Ich bin baff darüber, dass die Regierung acht Minister in den Mjølnerpark (Wohngebiet auf Nørrebro in Kopenhagen, Red.) schickt, als ob benachteiligte Wohngebiete Dänemarks größte Herausforderung wären. Denn selbst, wenn es immer etwas gibt, was dort besser gemacht werden kann, sind sie längst nicht das größte Problem. Ich würde mir deshalb wünschen, dass die Regierung sich darauf konzentrieren würde, die viel dringlicheren Probleme zu lösen, zum Beispiel, dass unser Trinkwasser vergiftet ist, dass die Stressepidemie außer Kontrolle gerät, dass Arbeitssuchende kontrolliert werden und unter Generalverdacht stehen und nicht zuletzt, dass wir am Rande einer Klimakatastrophe stehen.“

Kristian Thulesen Dahl, DF-Parteivorsitzender: „Ich freue mich auf die Verhandlungen über strengere Strafen, schnelleres Rauswerfen von kriminellen Bewohnern, die Herausforderungen mit der Zusammensetzung der Bewohner und so weiter. Das sind wichtige Themen. Aber wir werden auch mit dem klaren Ausgangspunkt an den Verhandlungstisch treten, dass wir die Probleme der Ghettos nicht einfach woanders hinschieben dürfen.“

Pia Olsen Dyhr, Parteichefin der Volkssozialisten (SF): „Für mich ist es wichtig, zu sagen, dass dieser Einsatz auf beiden Beinen stehen muss. Wir müssen gegen Leute vorgehen, die Unsicherheit für die anderen Bewohner verbreiten und gegen die hohe Kriminalität. Aber wir müssen auch an die ganze Vorbeugung denken und daran, die Leute und den gesamten sozialen Einsatz voran zu bringen. Da fehlt der Fokus im Regierungsentwurf. Es macht mich so unendlich müde, wenn die Regierung sich aufplustert und mehr Wert darauf legt, hart zu klingen als darauf, dass wir konkrete Herausforderungen in Gemeinschaft lösen müssen.“

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