Mitgliedszuwachs

Gewerkschaften gehen gestärkt in Tarifverhandlungen

Gewerkschaften gehen gestärkt in Tarifverhandlungen

Gewerkschaften gehen gestärkt in Tarifverhandlungen

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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2018 wurde zuletzt verhandelt – damals gab es zahlreiche Demonstrationen und zuletzt musste geschlichtet werden. (Archivfoto) Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

Diese Woche beginnen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Mitgliederzuwächse und außerordentliche Belastungen in der Corona-Krise bringen der Arbeitnehmerseite eine starke Verhandlungsposition. Doch zugleich dürfte der finanzielle Spielraum angesichts von Covid-19 bescheiden sein.

Wenn in Dänemark in den vergangenen Jahren über die Gewerkschaften berichtet wurde, war der Mitgliederschwund fast immer Thema. Doch die Kurve ist geknackt, mehrere Organisationen verzeichnen Zuwächse oder zumindest weniger starke Verluste.

Angesichts der bevorstehenden Verhandlungen zum öffentlichen Dienst gehen die Gewerkschaften somit gestärkt in die Woche, in der es auch um die Arbeits- und Lohnbedingungen vieler direkt von der Corona-Situation betroffenen Berufsgruppen geht.

Zuwächse bei mehreren Gewerkschaften

„Die inneren Blutungen sind gestoppt. Es gibt keine Flucht aus den gewerkschaftlichen Organisationen mehr. Im Gegenteil hat es sogar mancherorts Zuwächse gegeben“, sagt der Arbeitsmarktforscher Henning Jørgensen von der Universität Aalborg.

Besonders der Dachverband Akademikerne (AC) verzeichnet mehr Mitglieder, beispielsweise im Verband der Juristen und Ökonomen (Djøf) und bei Dansk Magisterforening (DM).

Bei AC hat es im Zuge der Tarifverhandlungen einen besonders starken Pfeil nach oben gegeben – was ungewöhnlich ist. „Normalerweise gibt es nach solchen Verhandlungen immer auch Austritte. Aber das war nicht so sehr der Fall wie früher“, sagt der AC-Vorsitzende Lars Qvistgaard. „Im Zuge der sehr angespannten Verhandlungen war ein größerer Mitgliederzuwachs zu beobachten. Sowohl im Laufe der Verhandlungen als auch im Nachhinein“, sagt er.

Auch der Verband der Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, Dansk Sygeplejeråd verzeichnet Zuwächse, ebenso wie die Gewerkschaften der Pädagogen und der Sozialberater.

Es handele sich um „sehr aktive Gewerkschaften, die bei wichtigen Themen wie Lohngleichheit, Arbeitsdruck und so weiter sehr deutlich aufgetreten sind“, sagt Mikkel Mailand, Forschungsleiter und Arbeitsmarktforscher an der Universität Kopenhagen.

Corona-Krise als Pfund – und als Hemmschuh zugleich

In Kalenderwoche 51 werden die Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit dem Austausch von Forderungen eingeleitet.

Der Mitgliederzuwachs sei eine gute Grundlage für die Gewerkschaften, meint Mailand. „Doch es kann andere Faktoren geben, die es schwer Machen, etwas mitzunehmen. Zum Beispiel sieht es nach einem ziemlich engen ökonomischen Rahmen aus“, sagt er.

Ursache dafür ist die Corona-Situation, die für Unsicherheit über die finanzielle Lage sorgt. Dies mache es schwer, Tarifverträge über ein, zwei oder drei Jahre abzuschließen.

„Die Unterhändler auf beiden Seiten werden schon dafür sorgen, dass es kein konfliktgeladener Verlauf wird. Doch das bedeutet nicht, dass man sich mit nichts zufriedengeben wird“, so der Wissenschaftler.

Das sieht auch sein Kollege aus Aalborg, Henning Jørgensen, so. „Es ist mit einer großen Erwartungshaltung seitens der Kerngruppen zu rechnen, die während der Corona-Krise zur Arbeit gegangen sind und die sehr anpassungsbereit waren“, sagt er.

Darum geht es:

  • Für rund 745.000 öffentlich Beschäftigte in Kommunen, Regionen und beim Staat sollen bis Anfang 2021 neue Tarifverträge vorliegen.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer tauschen als Startschuss der Verhandlungen diese Woche ihre Forderungen und Wünsche aus.
  • In den Tarifverträgen werden unter anderem Löhne, Arbeitszeiten, Urlaub, Fortbildung, Rentenbeiträge, besondere Rechte für Senioren und Bedingungen bei Krankheit und Elternzeit für Berufsgruppen festgelegt.
  • Zuletzt wurde 2018 verhandelt. Damals musste nach langem Streit geschlichtet werden – ein großer Arbeitskampf wurde abgewendet.

Quellen: Offentligt Ansattes Organisationer (OAO), Forskningscenter for Arbejdsmarkeds- og Organisationsstudier (Faos) på Københavns Universitet und Ritzau.

 

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