Dansk-tysk med Matlok

Jens-Peter Bonde: Vom EU-Gegner zum kritischen Befürworter

Jens-Peter Bonde: Vom EU-Gegner zum kritischen Befürworter

Jens-Peter Bonde: Vom EU-Gegner zum kritischen Befürworter

DN
Kopenhagen
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Jens-Peter Bonde im Fernseh-Interview, das bei „Grænseforeningen“ in Kopenhagen geführt wurde. Foto: DK4

Im Interview mit Siegfried Matlok spricht der langjährige dänische EU-Politiker über den dringenden Reformbedarf der Europäischen Union und mögliche neue Weichenstellungen. Einen dänischen Brexit hält er für den falschen Weg.

Der langjährige dänische EU-Politiker Jens-Peter Bonde hat sich gegen europaweite Kandidatenlisten bei der Wahl zum EU-Parlament 2019 ausgesprochen, wie sie u. a. vom französischen Präsidenten Macron vorgeschlagen worden sind. Nach Ansicht von Bonde wäre es jedoch wünschenswert, wenn die dänischen Wähler künftig ihren eigenen nationalen Kommissar für Brüssel wählen könnten. Eine Direktwahl z. B. von Margrethe Vestager würde die Wahlbeteiligung in Dänemark auf jeden Fall erhöhen, meint Bonde in einem vom Fernsehsender DK4 ausgestrahlten Interview.  

Der aus Apenrade stammende Bonde, der insgesamt 29 Jahre dem EU-Parlament angehört hatte, verwies darauf, dass er selbst zwar als Abgeordneter überall in Europa aktiv war,  um an EU-Diskussionen teilzunehmen, aber ein einziger Politiker allein kann doch unmöglich die demokratische Legitimation Europas sichern, so Bonde.  

„Hvad nu EU?“

Er hat kürzlich gemeinsam mit dem EU-Experten Professor Uffe Østergaard im Verlag Frydenlund ein Buch mit dem Titel „Hvad nu EU?“ herausgegeben, in dem beide, die in der EU früher stets unterschiedliche Richtungen vertraten,  „zehn Gebote“ für eine dringend notwendige demokratische Reform als „Rettung der EU“  fordern.

Die EU hat sich als „Beamten-Monster“ entwickelt. Er wisse, dass auch Kommissions-Präsident Jean–Claude Juncker seine Ideen für ein Europa der Nähe unterstütze, aber in Wirklichkeit sind es die Beamten, die den EU-Kurs steuern – ohne demokratische Legitimation und ohne selbst zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Das muss jetzt endlich aufhören. Jedes EU-Gesetz muss im nationalen Parlament vorbereitet und eingeleitet werden, bevor es vom EU-Parlament und von der Kommission verabschiedet werden kann. Der Wähler muss die Möglichkeit erhalten, Politiker für ihr Handeln zur Verantwortung ziehen zu können statt ohnmächtig die oft geheimen Entscheidungen der EU nur zur Kenntnis nehmen zu dürfen. Ohne eine demokratische Mehrheit kein Gesetz, denn es gibt doch nichts über „Grundlov“ und Grundgesetz, stellt der Autor fest. 

Bonde fordert Reformen

Im Interview in der Sendereihe „Dansk-tysk med Matlok“ fordert Bonde  dringend  demokratische Reformen. Seiner Ansicht nach solle sich die EU als Prinzip künftig nur einmischen, wenn es um grenzüberschreitende Fragen geht. Als Beispiel nannte Bonde einen dänischen Gemüsehändler, der seine Erdbeeren auf Zypern kauft. Dann unterliegt er natürlich den EU-Regeln, aber wenn er seine eigenen Erdbeeren nur direkt auf dem heimischen Gemüsemarkt verkauft, dann ist dies nach seinen Vorstellungen in Zukunft kein Fall für die EU. 

Kein dänischer Brexit gewünscht

Bonde, einst heftiger dänischer EU-Gegner, hat sich längst in  einen kritischen Befürworter verwandelt. Er wünscht sich kein Europa ohne die EU, sondern eine bessere EU und die sei nun mal ohne Änderungen nicht möglich. 

Einen Flirt mit dem Gedanken eines dänischen Brexits lehnt Bonde ab.  Die EU zählt inzwischen rund 155.000 Direktive, Beschlüsse, und die wird Großbritannien auch nach einem EU-Austritt mehr oder weniger akzeptieren müssen.  Eine solche Kopie-Lösung wäre jedoch für Dänemark der falsche Weg, so Bonde, der im Gespräch mit Siegfried Matlok den Vorschlag vom  inzwischen zurückgetretenen SPD-Chef Martin Schulz für die „Vereinigten Staaten von Europa“ deutlich zurückweist. Seinem „alten Freund“ aus gemeinsamen EU-Tagen schreibt Bonde ins Stammbuch: Niemand kann nach den Verträgen aus der EU rausgeschmissen werden. Es wird auch künftig eine EU als Föderation von Nationalstaaten geben, und die Nationalstaaten werden auch nicht an Bedeutung verlieren, so die EU-Prognose von Jens Peter Bonde. 

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