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Løkkes lange Nacht auf Twitter

Løkkes lange Nacht auf Twitter

Løkkes lange Nacht auf Twitter

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Lars Løkke Rasmussen
Hätte laut Poul Madsen lieber die Augen zu machen sollen: Lars Løkke Rasmussen. Foto: Uffe Weng/Ritzau Scanpix

Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen hat sich in der Nacht zu Dienstag auf ein Online-Wortgefecht mit Journalisten und Bürgern eingelassen und Ekstra Bladet dabei im Stile Trumps „fake news“ vorgeworfen. Løkke hätte lieber ins Bett gehen sollen, meint EB-Chefredakteur Madsen.

In der Nacht zu Dienstag hat Dänemarks Regierungschef, Staatsminister Lars Lokke Rasmussen (Venstre), mit mehreren Twitter-Kommentaren für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Der Regierungschef nutzte das soziale Medium, um sich über die Berichterstattung der Tageszeitung Ekstra Bladet zu beschweren.

„Løkke hätte ins Bett gehen sollen“, kommentiert Ekstra Bladet-Chefredakteur Poul Madsen am Dienstag auf bt.dk. „Wenn in dem Artikel etwas verkehrt war, berichtigen wir das natürlich. Aber Fakt ist, dass er mit bei dem Treffen war, bei dem seine Frau entlassen wurde“, so Madsen über das, was seiner Meinung nach Kern der Berichterstattung war.

Streitpunkt: War Løkke mit seiner Frau in der Schule?

Das Blatt hatte geschrieben, dass Løkke seine Ehefrau Sólrun Løkke Rasmussen zu einem Mitarbeitergespräch an deren Schule begleitet habe. Es sei „äußerst ungewöhnlich“, wenn der Regierungschef zu einem solchen Gespräch erscheine und versetze die Vorgesetzte seiner Frau in eine „komplizierte Situation“, zitiert Ekstra Bladet den Experten für Führungsfragen im öffentlichen Dienst, Per Nikolaj Bukh von der Uni Aalborg. Es wäre „viel natürlicher“ gewesen, hätte Sólrun Løkke Rasmussen ihren Betriebsrat mit zu dem Gespräch genommen.

Ekstra Bladet berichtet in dem Artikel auch, dass das Gespräch mit der Entlassung Sólrun Løkke Rasmussens geendet habe. Und genau an diesem Punkt stört sich der Regierungschef.

Auf einen ersten Tweet des Ekstra Bladet-Chefredakteurs Poul Madsen reagiert Lars Løkke Rasmussen um 23.22 Uhr bereits offensichtlich gereizt: „Meine lieben Freunde bei Ekstrabladet überraschen zuverlässig mit Geschichten über meine Familie und mich. Hatte keine Ahnung, dass meine Frau gefeuert wurde... #FakeNews“.

Mit dem Schlagwort „fake news“ begebe sich Løkke in sprachliche Nähe zu US-Präsident Donald Trump, der diesen Begriff immer wieder auf Twitter verwendet, wenn er Medienberichte als unwahr zurückweist, merkt bt.dk an.

Løkke: Ein Unterschied, ob man entlassen wird oder selbst kündigt

Als auch die DR-Moderatorin Signe Molde-Amelung den Artikel von Ekstra Bladet  auf Twitter teilt, reagiert Lars Løkke Rasmussen erneut: „Du glaubst also blind alles, was Poul Madsen schreibt?“, kommentiert er. Und setzt damit eine längere Auseinandersetzung in Gang. Molde-Amelung hatte den Artikel mit dem Kommentar getweetet: „...und der Preis für die größten Eier geht an die weibliche Direktorin an der Zahles-Schule...“.

Zunächst will Løkke in der nun folgenden Twitter-Debatte gar nicht weiter auf die in dem Artikel gemachten Anschuldigungen eingehen. Schließlich deutet er zumindest an, dass seine Frau selbst gekündigt habe und nicht entlassen worden sei.

Der Grafiker Morten Nyby Løkke fragt Løkke: „Warst Du nun bei dem Treffen oder warst Du nicht bei dem Treffen?“ und Løkke antwortet: „Welches Treffen? Ist meine Frau entlassen worden?“
„Das Treffen, das beschrieben wurde“, fragt Nyby. „Ja oder nein?“ – und Løkke antwortet erneut: „Gab es ein Treffen, auf dem meine Frau entlassen wurde? Ich habe nichts davon gehört.“

Ein weiterer Twitter-User versucht es: „Sorry, aber damit können wir nichts anfangen, Lars. Du musst etwas haben, das belegt, dass die Geschichte falsch ist.“ Daraufhin der Regierungschef: „A la 'hast du aufgehört, deine Frau zu schlagen?' Es ist Poul Madsen, der schreibt, dass meine Frau gefeuert wurde.“

DR-Journalist Kristoffer Eriksen versucht es ebenfalls: „Lass es uns mit dieser Version versuchen: Warst Du bei einem Treffen als Beisitzer an der Schule Deiner Frau?“. Løkkes Antwort: „Du kannst alle möglichen Versionen ausprobieren, aber das hat nichts mit der Sache zu tun. Die Ausgangslage ist die, dass Poul Madsen schreibt, dass meine Frau gefeuert wurde (steht auf der ersten Seite ihrer Papierzeitung). Ist das richtig?“

Eriksen: „Das Zentrale ist doch, ob Du bei einem Treffen an der Schule als Beisitzer warst. Kannst Du das nicht aufklären?“

Løkke: „Das Zentrale? EB schreibt in der Substanz eine Lügengeschichte – und dann soll ich mich für Teilelemente rechtfertigen... Die haben keine Ahnung, was überhaupt Sache ist.“

Eriksen: „Dem müssen wir dann wohl auf den Grund gehen. Möchtest Du nicht ein Interview dazu geben? Wann auch immer. Gerne morgen.“

Løkke: „Danke, nein. Habe keine Lust, nach Poul Madsens Pfeife zu tanzen. Ruf ihn stattdessen an.“

Als Eriksen erneut nach der Anwesenheit bei dem Gespräch fragt, antwortet Løkke (inzwischen ist es 0:34 Uhr), dass der Fokus des Journalisten an der falschen Stelle liege, aber „viel Glück für das Interview mit meinem guten Freund. Frag doch auch gleich, ob er die Entlassungsbehauptung an selber Stelle und in selber Aufmachung dementiert (erste Seite).“

Und es geht noch eine gute Dreiviertelstunde weiter. Lars Løkke Rasmussen macht schließlich mehr oder weniger klar, dass seiner Meinung nach nicht seine Frau entlassen wurde, sondern sie selbst gekündigt habe.

„Ob meine Frau gefeuert wurde oder nicht.. ist das ein Detail? Na herzlichen Dank – und schlaf gut. (Es geht um Menschen. Ist es Dir egal, ob Du eventuell gefeuert wirst oder gekündigt hast? Ist das gleichgültig, wenn Du in Deiner Karriere weiter kommen musst?)“, fragt Løkke – und lässt sich, nachdem sich die Satire-Figur Kirsten Birgit Schiøtz Kretz Hørsholm einschaltet, noch zu folgendem Kommentar hinreißen, in dem sich auf die Arbeit seiner eigenen Stiftung für schulisch herausgeforderte Jungen bezieht: „Alles ist nur Spaß. So habe ich es aber mit den rund 1.000 Jungen nicht erlebt, die Kontakt mit der Løkke-Stiftung hatten. Schlaf gut.“

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Wir geben dir, was du brauchst“