Schülerprojekt

Realschüler aus Sollwitt bauen Tinyhouse für Obdachlose - und finden keinen Abnehmer

Realschüler aus Sollwitt bauen Tinyhouse für Obdachlose

Realschüler aus Sollwitt bauen Tinyhouse für Obdachlose

Silke Schlüer/shz.de
Sollwitt
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Domenik, Bastian und Michel haben die Hütte selbst gebaut und würden sie gerne als Obdachlosenunterkunft oder einem anderen sozialen Zweck zur Verfügung stellen. Foto: Silke Schlüter

Sinnvolle Abschlussarbeit: Schon im letzten Jahr wurde das Projekt fertig, doch die bürokratischen Mühlen mahlen langsam.

Als die 9. Klassen der Gemeinschaftsschule Viöl im vergangenen Jahr vor der Aufgabe standen, sich für die Abschlussarbeit ein sinnvolles Thema zu überlegen, stand für Bastian Meyer, Michel Schütt und Domenik Wulfert schnell fest: „Wir bauen ein Tinyhouse und stellen es der Stadt/dem Kreis als Obdachlosenunterkunft zur Verfügung.“ Gesagt, getan. Für die fertige Hütte haben die Schüler am Ende eine 1 mit Sternchen bekommen, für die dazugehörige Präsentation eine 2. 

Vor einem Jahr begannen die drei Jungs mit der Arbeit an der Hütte. Foto: Privat

Eigentlich hätte die 3,5 qm große Hütte auch schon längst einem wohnungslosen Menschen zu Gute kommen können, doch die bürokratischen Mühlen mahlten extrem langsam und letztendlich sind wohl auch die baurechtlichen Hürden zu hoch… Jedenfalls steht das selbstgebaute Tinyhouse ein ganzes Jahr später immer noch auf dem Meyer-Hof in Sollwitt herum. Ungenutzt. Die Stadt Husum hat dafür eine Verwendung gefunden. 

„Unser Wunsch war es, andere dazu inspirieren, ebenfalls solche Häuser zu bauen oder andere Hilfsmöglichkeiten zu entwickeln – für Menschen, die auf der Straße leben."

Domenik, Maurer-Azubi

Was für die drei Jungs total schade ist: „Unser Wunsch war es, andere dazu inspirieren, ebenfalls solche Häuser zu bauen oder andere Hilfsmöglichkeiten zu entwickeln – für Menschen, die auf der Straße leben. Gerne hätten wir mit unserem Projekt dafür gesorgt, dass sich wenigstens ein Wohnungsloser bereits in diesem Winter sicher fühlen kann und nicht frieren muss“, sagt Domenik, der inzwischen eine Lehre als Maurer begonnen hat, während seine Freunde ein zehntes Schuljahr drangehängt haben. Bastian will Automechaniker werden, Michel geht in die Lagerlogistik.

„Wir waren sogar selbst in Husum, um mit wohnungslosen Menschen auf der Straße und mit den Mitarbeitern der Bahnhofsmission zu sprechen.“

Michel, Schüler

Gelernt haben alle drei viel in diesem Projekt: „Unter anderem, dass man sehr genau rechnen und sorgfältig arbeiten muss, damit alles passt und man nicht immer wieder vor vorne anfangen muss“, sagt Domenik. Verinnerlicht haben sie aber auch die Nöte der Obdachlosen. Das belegt ihre 50-seitige Projektarbeit, in der sie das Thema von allen Seiten beleuchtet haben. „Wir waren sogar selbst in Husum, um mit wohnungslosen Menschen auf der Straße und mit den Mitarbeitern der Bahnhofsmission zu sprechen“, erzählt Michel. 

Durchdachter Innenausbau. Foto: Privat

Kontakt zur Firma Sunfjord Holzhaus in Mildstedt

Die Idee zum Tinyhouse stammt aus einer TV-Doku, die Bastian zusammen mit seinem Vater gesehen hatte. Bernd Meyers Vertrauen in die handwerklichen Fähigkeiten der damals noch 15-jährigen Jungs war groß: „Das schafft Ihr!“, sagte er und stellte den Kontakt zur Firma Sunfjord Holzhaus in Mildstedt her, wo man sofort bereit war, das Projekt zu unterstützen. Die Geschäftsführung bot den Schülern an, das Grundgerüst mit fachkundiger Unterstützung in der werkseigenen Halle zu bauen und stellte auch das nötige Werkzeug zur Verfügung.

Anhand der Skizzen, die Bastian zu Papier gebracht hatte, listeten die Jungs auf, was gebraucht wurde: OSB- und Gipsbetonplatten, Holzbalken und -bohlen, Dachlatten und -pappe, Glaswolle für die Isolierung, Laminat und, Rollen und Griffe, damit die Unterkunft bei Bedarf leicht verschoben werden kann, ein Fenster, eine Tür und natürlich jede Menge Schrauben und Nägel. Einen Großteil des Materials spendierten Sunfjord und die Haselunder Dachdeckerei Timmsen; die Sollwitter Firma Schütt Bauelemente steuerte das Fenster bei.

Nachdem das fertige Grundgerüst mit Papas Hilfe zum Meyer-Hof transportiert worden war, waren die Jungs für den Rest mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Das tat der Kreativität aber keinen Abbruch. So haben sie die Tür zum Tinyhouse so konstruiert, dass der jeweilige Bewohner sie von innen verriegeln kann, aber auch dann noch rauskommt, wenn sich jemand den dummen Spaß machen sollte, den Riegel von außen zu blockieren. „Wir haben eine Klöndör gebaut, die in der Mitte unterteilt ist. Im Notfall kann man den oberen Teil öffnen, nach außen greifen und sich selbst befreien“, erklärt Bastian die plietsche Idee. Sie haben ein Bett, einen Klapptisch und Regale gezimmert, Laminat verlegt, die Wände gestrichen, eine robuste Matratze sowie Decken und Kissen besorgt sowie eine batteriebetriebene Lampe und mehrere Kleiderhaken installiert. Damit wäre die Hütte sofort bezugsfertig und einsatzbereit.

„Die drei Jugendlichen haben mit viel Fleiß und Geschick eine tolle Hütte gebaut. Auch ihre Idee, sie für einen guten Zweck zur Verfügung zu stellen, verdient höchstes Lob."

Florian Lorenzen, Landrat

Doch auch der Kreis hat inzwischen abgelehnt: „Die Deckenhöhe ist zu niedrig, der zweite Rettungsweg fehlt, der Brandschutz ist nicht gegeben – baurechtlich bedeutet das die rote Karte. Sollte die Hütte irgendwo für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden, müsste unser Bauamt dies unterbinden“, so die klare Ansage. Zwar würden Städte wie Köln solche Hütten durchaus dulden, das sei jedoch der dort sehr viel extremeren Wohnungsknappheit geschuldet.

Rechtslage erlaubt den Einsatz nicht

Trotzdem ist Landrat Florian Lorenzen ganz bei den Jungs: „Die drei Jugendlichen haben mit viel Fleiß und Geschick eine tolle Hütte gebaut. Auch ihre Idee, sie für einen guten Zweck zur Verfügung zu stellen, verdient höchstes Lob. Es ist sehr schade, dass die Rechtslage den Einsatz für den gedachten Zweck nicht erlaubt. Ich hoffe, dass sich nun doch noch jemand meldet, der die Hütte für einen sozialen Zweck nutzen kann.“

„Diese Hoffnung wollen auch wir nicht aufgeben. Das Thema Häuser für Obdachlose sollte mehr in den Fokus gerückt werden, damit sie weg von der Straße kommen“, finden die Jungs, die sich in dem Fall über einen Anruf unter 0160/8435764 (Meyer) freuen würden. WhatsApp geht auch.

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