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USA verlegen weitere Kriegsschiffe und Kampfjets nach Nahost

USA verlegen weitere Kriegsschiffe und Kampfjets nach Nahost

USA verlegen weitere Kriegsschiffe und Kampfjets nach Nahost

dpa
Washington/Tel Aviv/Teheran
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Die USA verstärken ihre Militärpäsenz im Nahen Osten. (Archivbild) Foto: Vincent Thian/AP/dpa

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Nach der Tötung des politischen Anführers der islamistischen Hamas in Teheran droht der Iran Israel mit Vergeltung. Die Sorge vor einer Eskalation wächst. Die USA verstärken ihre Militärpräsenz.

Im Nahen Osten verdichten sich die Anzeichen für einen bevorstehenden Vergeltungsschlag des Irans gegen Israel. Diplomatische Versuche, eine Eskalation mit der Gefahr eines regionalen Krieges nach der Tötung des Hamas-Anführers Ismail Hanija in Teheran zu verhindern, blockt der Iran Medienberichten zufolge ab. Während Israels Armee in höchster Alarmbereitschaft ist, verlegen die USA nach Angaben des Pentagons zusätzliche Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge zur Abschreckung in die Region. Beide Verbündete bereiteten sich auf die Abwehr eines Angriffs vor, der schon an diesem Wochenende erfolgen könnte, meldete das «Wall Street Journal». Es werde befürchtet, dass ein Angriff diesmal breiter und komplexer sein wird als Irans Attacke auf Israel im April.

Damals hatte Teheran den jüdischen Staat mit 330 Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen. Allerdings erst, nachdem der Iran sein Vorhaben im Voraus Diplomaten signalisiert und Israel und den USA Zeit zur Vorbereitung gegeben hatte, wie das «Wall Street Journal» festhielt. Am Ende konnte Israel die meisten Geschosse aus eigener Kraft und mithilfe der USA und anderer Verbündeter abfangen. Dieses Mal agierten Israel und seine Verbündeten «in einem Vakuum», schrieb die US-Zeitung. Der Mangel an Informationen und damit der Kalkulierbarkeit hat die gesamte Region im Nahen Osten in einen der gefährlichsten Momente seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober versetzt.

Berichte: Iran lehnt alle Vermittlungsversuche ab

Die Forderung «von befreundeten und nicht-befreundeten» Staaten nach einer friedlichen Lösung sei für Teheran nach der gezielten Tötung des politischen Anführers der verbündeten Hamas, Hanija, in Teheran inakzeptabel, zitierte das Nachrichtenportal Iran Nuances informierte Quellen. «Israel hat alle roten Linien überschritten», zitierte auch das «Wall Street Journal» einen iranischen Diplomaten. «Unsere Antwort wird schnell und hart sein», sagte der Diplomat. Auch die Vermittlungsversuche würden Irans Entschlossenheit zu einem Vergeltungsschlag nicht verringern, heißt es im Bericht von Iran Nuances auf der Plattform X. Die USA werden dennoch weiterhin mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um die angespannte Situation in der Region zu deeskalieren, wie das Pentagon weiter mitteilte. 

Israel droht dem Iran im Falle eines Angriffs mit einer weitaus härteren Gegenreaktion als nach Irans Attacke im April. Damals habe sich Israel auf Bitten der USA und anderer Verbündeter bei der Antwort auf die Aggression zurückgehalten, sagte Israels nationaler Sicherheitsberater Zachi Hanegbi im Interview der «Bild» und anderer Axel-Springer-Medien. «Das ist jetzt eine neue Situation. Man kann sich einmal zurückhalten, nicht zweimal», fügte er hinzu. Angesichts der sich zuspitzenden Lage informierte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin seinen israelischen Kollegen Joav Galant über eine Neuaufstellung der militärischen Kapazitäten der USA in der Region, wie Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh mitteilte. 

USA verstärken Militärpräsenz

Es gehe darum, die Verteidigung Israels zu unterstützen und auf die «sich entwickelnde Krise» in der Region reagieren zu können, erläuterte die Sprecherin. Zu diesem Zweck wies US-Verteidigungsminister Austin die Verlegung zusätzlicher Zerstörer mit der Fähigkeit zur Abwehr ballistischer Raketen sowie ein weiteres Jagdgeschwader in die Region an. Zudem würden Schritte ergriffen, um die «Bereitschaft zum Einsatz zusätzlicher landgestützter ballistischer Raketenabwehr zu erhöhen», hieß es in einer Mitteilung des Pentagons weiter.

Israels Militär griff unterdessen laut Menschenrechtsaktivisten im Grenzgebiet des Libanons und Syriens Ziele der Hisbollah an. Israel habe ein Waffenlager mit Raketen und ein Hauptquartier der Miliz getroffen, erklärten libanesische Aktivisten sowie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Israel kommentiert Angriffe im benachbarten Syrien in der Regel nicht. 

Aktivisten: Israel attackiert Hisbollah an Syriens Grenze

Israel greift dort aber regelmäßig Ziele der mit dem Iran verbündeten Milizen an. Über Syrien gelangt auch ein Großteil iranischer Waffen zur Hisbollah im Libanon, die sich seit Beginn des Gaza-Krieges vor zehn Monaten fast täglichen gegenseitigen Beschuss mit der israelischen Armee liefert. Die Hisbollah handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas im Gazastreifen. In der Region wächst nach den Tötungen von Hanija sowie des ranghohen Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr in Beirut die Sorge vor einem kriegerischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran und dessen Verbündeten wie der Hisbollah. 

Ein solcher drohte bereits nach dem 14. April, als die iranischen Revolutionsgarden Hunderte Drohnen und Raketen auf Israel abfeuerten. Hintergrund der Attacke war damals ein Israel zugeschriebener Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem Anfang April zwei iranische Generäle getötet worden waren. Israel hatte damals mit einem Gegenangriff auf einen Luftwaffenstützpunkt im Zentraliran reagiert, worauf Teheran erklärt hatte, die Sache nicht mehr weiter verfolgen zu wollen. Israels Sicherheitsberater Hanegbi warnte im «Bild»-Interview den Iran nun vor einem neuen Angriff.

Israel droht dem Iran: Ein Angriff wäre ein Fehler

«Israel anzugreifen ist etwas, wofür sie einen sehr schmerzhaften Preis zahlen werden. Hoffentlich tun sie es nicht. Es wäre ein Fehler. Israel ist sehr stark», sagte Hanegbi. Ähnlich hatte sich in den vergangenen Tagen auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geäußert. Er glaube nicht, dass die Region vor einem Krieg stehe, sagte Hanegbi. Der Iran wolle keinen umfassenden Krieg. US-Präsident Joe Biden zeigte sich am Donnerstag «sehr besorgt». Eigenen Angaben zufolge führte er ein «sehr direktes» Telefonat mit Netanjahu.

Die Tötung von Hanija habe bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg «nicht geholfen», sagte der US-Präsident. Die Angriffe auf Hanija und Schukr hatten zuletzt befürchten lassen, dass die indirekten Verhandlungen um eine Waffenruhe in Gaza zum Erliegen kommen. Zum Angriff auf Schukr hatte sich Israel bekannt. Zum Anschlag auf Hanija nahm es bislang nicht Stellung. Der Iran und die Hamas machen Israel dafür verantwortlich.

Dennoch gehen die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter. Netanjahu habe die Entsendung einer Delegation zu Gesprächen in Kairo genehmigt, teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten mit. Die Abordnung werde heute Abend oder am Sonntag in die ägyptische Hauptstadt aufbrechen, hieß es. Allerdings weckte die Mitteilung des Büros von Netanjahu keine großen Erwartungen in die bevorstehende Gesprächsrunde in Kairo. Die Hamas halte weiterhin an Forderungen fest, die für Israel inakzeptabel seien, hieß es darin. 

Bei den indirekten Verhandlungen vermitteln Ägypten, Katar und die USA. Sie zielen auch auf eine Freilassung israelischer Geiseln in der Gewalt der Hamas ab. Im Gegenzug sollen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Die Gespräche drehen sich seit Monaten im Kreis. Auslöser des Kriegs war das Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.

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