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Windräder: Erhöhtes Tötungsrisiko für Großvögel

Windräder: Erhöhtes Tötungsrisiko für Großvögel

Windräder: Erhöhtes Tötungsrisiko für Großvögel

Dirk Steinmetz/shz.de
Rieseby
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Auch im Bereich der Windeignungsfläche Saxtorf waren im Vorjahr Seeadler von der Gutachterin beobachtet worden. Foto: Frank Dreves/Archiv

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Auswirkungen auf Großvögel und Fledermäuse durch Bau von Windkraftanlagen auf Riesebyer Fläche bei Saxtorf befürchtet.

Mit dem möglichen Bau von Windkraftanlagen im Windpark Saxtorf sind hohe Auswirkungen auf Großvögel und Fledermäuse zu erwarten. Zu dem Ergebnis kommt die Dipl. Biologin Natascha Gaedecke in ihrem Gutachten. Sie stellte bei der Sitzung des Bauausschusses am Donnerstagabend fest, dass aus gutachterlicher Sicht der Bau von Windkraftanlagen in der Riesebyer Windeignungsfläche Saxtorf, zwischen Gut Saxtorf, dem Wald Kollholz, der Außensiedlung Wettstein und dem Russlandmoor gelegen, sehr kritisch zu bewerten sei. Sie hatte im Auftrag der Gemeinde ein faunistisches Gutachten im Zuge der Bauleitplanung für den B-Plan 17 Windpark Saxtorf erstellt. 

Dipl. Biologin Natascha Gaedecke stellte dem Riesebyer Bauausschuss ihr faunistisches Gutachten für den B-Plan 17 Windpark Saxtorf vor. Foto: Dirk Steinmetz

Ihre ornithologischen Untersuchungen und die Fledermauserfassungen hatte sie im Vorjahr auf der Grundlage der Empfehlungen  des Umweltministeriums und des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume (LLUR) zur Erfassung sensibler Großvogelarten durchgeführt.
 

Biologin erwartet Auswirkungen für Seeadler, Rotmilan und Rohrweihe

Die Biologin erwartet Auswirkungen für die streng geschützten Vogelarten Seeadler, Rotmilan, Rohrweihe und Mäusebussard. Für ihre Untersuchung hatte sie an 25 Tagen Flugbewegungen aller Groß- und Greifvögel erfasst. Zugleich hatte sie Brutplätze im Umkreis der Eignungsfläche erfasst. Dabei konnte sie zwar nicht von einem Brutversuch eines Seeadlerpaares im Kollholz berichten, wohl aber von Vorbereitungen für eine Brut auf einem Kunsthorst, wovon es auch Fotos einer Wildkamera gebe.

Seeadler bereiteten Brutversuch vor

Warum es nicht zur Brut kam, konnte nicht geklärt werden, wobei die Wissenschaftlerin auf denkbare Störungen durch Menschen verwies. Sie geht davon aus, dass es sich um ein etabliertes Rievierpaar handelt. Durch die langjährige Tradition des Waldes Kollholz als Seeadlerrevier sei ihrer Ansicht nach in den kommenden Jahren auch eine Brut wahrscheinlich.

Biologin erwartet Seeadlerbrut in den kommenden Jahren

Die besondere Gefährdung von Seeadler, Rotmilan, Rohrweihe und Mäusebussard sieht die Biologin durch deren extrem hohe Verweildauer im beobachteten Gebiet belegt. So war der Mäusebussard an allen Beobachtungstagen, der Seeadler bei 92 Prozent, der Rotmilan bei 72 Prozent und die Rohrweihe bei 63 Prozent der Beobachtungstage angetroffen worden. Ihre Gefährung durch Windkraftanlagen sei dadurch hoch einzuschätzen.

Links der Strommasten befindet sich die Windeignungsfläche Saxtorf. Die Gutachterin Natascha Gaedecke kommt in ihrem Faunistischen Gutachten für den B-Plan 17, Windpark Saxtorf, zu dem Schluss, dass es zu hohen Auswirkungen auf streng geschützte Arten kommen kann. Rechts schließt sich der Wald Kollholz an. Foto: Dirk Steinmetz/Archiv

In ihrem Gutachten kommt die Biologin zu dem Schluss, dass es für den Seeadler und weitere Greifvögel durch den Bau von Windkraftanlagen zu einem erhöhten Kollisions-, bzw. Tötungsrisiko kommen kann.

Erhöhtes Tötungsrisiko für Groß-Greifvögel

Die Erfassung von Fledermäusen erfolgte in 14 Nächten, in denen zehn Arten erfasst wurden. Dabei wurden sehr viele Kontakte und teils hohe Individuenzahlen registriert. Besonders betroffen von einem Bau wären die streng geschützten Fledermausarten Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus und Zwergfledermaus.

Während sich für Fledermäuse das Kollisionsrisiko wirkungsvoll durch nächtliche Abschaltungen reduzieren ließe, sei die Situation bei den Greif- und Großvögeln problematischer, so die Biologin. Zwar seien Ablenkflächen und Abschaltungen von Anlagen zu besonders sensiblen Zeiten denkbar, aber besonders für den Seeadler seien derartige Vermeidungsmethoden am schwierigsten umzusetzen.
 

Vermeidungsmethoden nur schwer umzusetzen

Das Gutachten hatte der Bauausschuss zur Kenntnis genommen. Eine Entscheidung, wie das weitere Bauleitverfahren im B-Plan 17 fortgeführt werden soll, vertagte der Ausschuss allerdings. Bevor hierzu eine Entscheidung getroffen werden könne, müsse geklärt werden, wie sich das Auslaufen der Veränderungssperre für den B-Plan 17 Ende August 2021 auswirke. So meinte Hartmut Schmidt (BVR), dass er gehört habe, dass eine solche Sperre weiterwirke, solange ein innerhalb der Veränderungssperrenzeit gestartetes Bauleitverfahren noch im Gange sei. Nur wenn das so sei, mache es Sinn, Geld in weitere Gutachten und weitere Bauleitplanungen zu investieren, machte Hartmut Schmidt deutlich.

Amt klärt mit Rechtsbeistand fortdauernde Gültigkeit der Veränderungssperre

Bauamtsleiter Norbert Jordan erklärte aus seiner Sicht, dass er derzeit eher keine Gründe sehe, die bereits zwei Mal verlängerte Veränderungssperre erneut über die bereits vier Jahre andauernde Sperrung hinaus zu verlängern. Dabei verwies er auf das gegen die Gemeinde geführte Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig hinsichtlich der Zulässigkeit der Veränderungssperre. Einen Termin für die Verhandlung gibt es noch nicht.

Verfahren gegen Rieseby wird noch verhandelt

Das Amt wird den Sachverhalt mit dem Rechtsbeistand prüfen lassen, kündigte Jordan an. Wenn das Ergebnis vorliege, dann könne man entscheiden, ob es Sinn mache, weitere Gutachten zu beauftragen und das Verfahren fortzuführen, so Schmidt. Sollte die Sperrung Ende August auslaufen, so könnte es für das LLUR als Genehmigungsbehörde für die Bauanträge für sechs Windkraftanlagen mit 200 Metern Höhe, keinen Grund mehr geben, nicht Baurecht zu geben, so Jordan. Die Fläche sei nicht zuletzt auch im beschlossene Regionalplan zum Sachthema Windeignungsfächen ausgewiesen. Das ausstehende Bauleitverfahren noch bis zum 31. August abzuschließen, sei nicht realistisch, machte der Bauamtsleiter deutlich.

Bauleitverfahren bis Ende August 21 abzuschließen, ist unrealistisch

Hoffnung, durch einen Wechsel des Verfahren auf eine vorhabenbezogene B-Planung, die bereits vor dem Wechsel auf die Angebotsplanung erfolglos betrieben wurde, Zeit zu gewinnen, sah der Bauamtsleiter nicht. Vermutlich müsste einiges neu gemacht werden und es sei der Gemeinde dann nicht mehr möglich, Einfluss auf die Anzahl, die Höhe und die Standorte der Windkraftanlagen zu nehmen, das gehe nur mit einer Angebotsplanung. Jens Kolls (SPD) hatte den Wechsel ins Gespräch gebracht und zugleich angedacht, mit den Vorhabenträgern wieder in einen Dialog zu treten. Ein Umstand, den Frank Dreves (WGR) vehement ablehnte, da diese gegen die Gemeinde klagten.

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