Domsanierung

Großes Aufräumen in der Fürstengruft

Großes Aufräumen in der Fürstengruft

Großes Aufräumen in der Fürstengruft

Joachim Pohl/shz.de
Schleswig
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Fachkundige Begutachtung der Särge aus der Fürstengruft. Foto: Jürgen Rademacher/Nordkirche

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Im Zuge der Domsanierung wurden auch die beiden Räume der Fürstengruft und einige Sarkophage auf Vordermann gebracht.

Es ist ein besonders schwieriger, ja heikler Abschnitt der laufenden Domsanierung. Die Fürstengruft, untergebracht in einer Art Anbau an der Nordostecke des Doms, war schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr saniert worden. Die mehrjährige Bautätigkeit mit umfangreichen Absperrungen wurde jetzt genutzt, um die beiden Räume „auf Vordermann zu bringen“ und gleichzeitig die Särge mit ihren aufwendigen Verzierungen zu sichern. Dazu mussten die Fürstengruft geräumt und etliche Särge ausgelagert werden.

„Wir stießen auf ein großes Durcheinander, als wir die untere Gruft öffneten.

Andreas Hamann, Beauftragter für die Domsanierung

„Wir stießen auf ein großes Durcheinander, als wir die untere Gruft öffneten“, berichtet Pastor Andreas Hamann, der die gesamte Domsanierung für die Kirche federführend begleitet. Grabräuber aus früheren Jahrhunderten hatten ihre schändlichen Spuren hinterlassen, Särge waren aufgebrochen und zum Teil beschädigt worden, Sargdeckel lagen quer auf offenen Särgen. „Das war bekannt“, sagt Hamann und schätzt, dass die untere Gruft, die keinen Eingang hat, zuletzt während der Sanierungsarbeiten in den 50er-Jahren geöffnet worden war. „Es war klar, dass da etwas geschehen musste“, so Antje Wendt, Pressesprecherin der Bischofskanzlei.

Friedrich I. wurde als erster dänischer König 1555 hier begraben

Die Fürstengruft ist ein verborgener Schatz der Landesgeschichte, zudem ein bedeutender Teil der deutsch-dänischen Geschichte Schleswig-Holsteins. König Friedrich I. war 1555 einer der ersten Würdenträger, die hier bestattet wurden – und ist bis heute der einzige dänische König seit dem frühen Mittelalter, der nicht im Dom zu Roskilde ruht. Auch seine zweite Frau Sophie von Pommern liegt hier, ebenso wie 29 weitere Mitglieder der herzöglichen Familie, darunter auch mehrere Kinder, was man an der Größe der Särge erkennen kann. „Die Säuglingssterblichkeit war damals noch sehr hoch“, erinnert Andreas Hamann.

Per Flaschenzug und mit viel Manpower wurden die Särge wieder in die Gruft hinunter gelassen. Foto: Jürgen Rademacher/Nordkirche

Im Jahr 1661 war die untere Gruft gefüllt. Fortan wurden ab Christian Albrecht die Mitglieder der fürstlichen Familie in der oberen Gruft beigesetzt, die im Erdgeschoss liegt und bis heute normal durch ein Portal zugänglich ist.

Für die Räumung und die Sanierung der Fürstengruft hat sich die Kirche besonderen Rat und Beistand geholt. Die Forschungsstelle Gruft in Lübeck mit den beiden Sepulkralarchäologen Regina und Andreas Ströbl hat das gesamte Projekt begleitet. Mit dem Abtransport der Särge wurde eine Spezialfirma - Tischendorf aus Kiel - beauftragt. Um die Särge aus der unteren Gruft zu heben, wurde direkt im Eingang zur oberen Gruft der Fußboden geöffnet – gerade so groß, dass die Särge hindurch passten. Mit Flaschenzügen und vereinten Kräften der Fachlogistiker wurden die schweren Särge behutsam nach oben bugsiert und an einen sicheren Ort gebracht. So hatten die Bauarbeiter Platz, um einen neuen Fußboden zu verlegen. Erneuert wurden auch die Gerüste, auf denen die Särge lagern.

Blick in die untere Fürstengruft. Foto: Jürgen Rademacher/Nordkirche

Diese bestehen meist aus einem hölzernen Innensarg mit aufwendiger textiler Bespannung, einem Zwischensarg aus einer Zinn-Blei-Legierung und einem Außensarg aus Stein. Die Textilien wurden bei einigen Särgen repariert, jedoch nicht erneuert. Die Deckelplatten der Zwischensärge sind allesamt mit zum Teil überaus kunstvollen Gravuren versehen. Jeder Sarg ist individuell gestaltet, sodass bis heute nachvollziehbar ist, welche Person in welchem Sarg liegt. „Unser Ziel war es, wieder eine würdige Grabstelle zu haben“, so Hamann. Das habe der Respekt vor den Verstorbenen geboten. Bei der gesamten Aktion sei es nur um Sicherung und Instandsetzung, nicht jedoch um Wiederherstellung gegangen.

Die Verstorbenen wurden seinerzeit aufwendig präpariert und zudem vor der Beisetzung prachtvoll bekleidet. Die Menschen glaubten an die leibliche Wiederauferstehung, darauf sollten sie vorbereitet sein. Daher sollten die Körper erhalten bleiben.

In diesem Bauteil an der Nordseite des Doms ist die Fürstengruft untergebracht. Foto: Joachim Pohl

Bei den Arbeiten in der unteren Fürstengruft musste zudem der Artenschutz beachtet werden. Seltene Fledermäuse überwintern dort, wie Hamann zu berichten weiß. In dieser Zeit waren und sind sämtliche Arbeiten ausgeschlossen.

Hier werden Metallbeschläge gesichert. Foto: Jürgen Rademacher/Nordkirche

Bestattungen gab es in der Vergangenheit jedoch nicht nur in der Fürstengruft, sondern auch in den Seitenkapellen des Kirchenschiffs. Die Steinsärge sind durch das Trenngitter deutlich zu sehen. Sterbliche Überreste seien auch im Bereich des Hohen Chors unter den großen Bodenplatten und unter den Stufen lokalisiert worden. In früheren Jahrhunderten war es durchaus üblich, hoch gestellte Persönlichkeiten direkt in der Kirche zu bestatten.

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