Long-Covid-Syndrom

Zurück ins Leben nach Corona-Erkrankung

Zurück ins Leben nach Corona-Erkrankung

Zurück ins Leben nach Corona-Erkrankung

Petra Kölschbach/shz.de
Wyk auf Föhr
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Blickt wieder zuversichtlich in die Zukunft: Die Long-Covid-Patientin Manuela Weißenhof hat sich auf Föhr gut erholt. Foto: Petra Kölschbach

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Die Patientin kam viele Monate nicht auf die Beine. In der Wyker Westfalen-Klinik fand sie ein spezielles Reha-Angebot.

Sie ist jung, schlank, wirkt sportlich und energiegeladen. Doch es gab eine Zeit, in der Manuela Weißenhof jede Kraft fehlte, ihren Alltag zu bewältigen. Hinter der 45-Jährigen liegt eine lange Leidensgeschichte. Weißenhof war im vergangenen Sommer an Corona erkrankt und kam monatelang nicht mehr auf die Beine. Die Sauerländerin entwickelte ein Long-Covid-Syndrom, eine der gefürchteten Spätfolgen, die das tückische Virus verursachen kann.

In der Wyker Nordseeklinik Westfalen hat sie eine speziell auf diese Patienten abgestimmte Reha absolviert und ist jetzt, wie sie strahlend erzählt, „wieder zu 80 Prozent fit“. Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert Weißenhof ihre Leidensgeschichte.

Todesängste und Albträume

Ende August brach Covid 19 bei ihr aus. Ihr Lebenspartner habe sich auf seiner Arbeitsstelle infiziert und sie angesteckt, bevor er selbst von seiner Infektion gewusst habe. Ein paar Tage habe sie sich nicht gut gefühlt, schildert die alleinerziehende Mutter eines zwölfjährigen Sohnes den Verlauf, „und zwischen dem fünften und siebten Tag ist es dann ganz schlimm geworden“. Sie habe fast keine Luft mehr bekommen, Todesängste und Albträume gehabt. „Dabei gehörte ich nie zu den Risikopatienten“, sagt Weißenhof, die in diesem Zustand ins Krankenhaus musste – und vorher noch eine Betreuungslösung für ihr Kind finden.

Fünf Tage wurde sie stationär behandelt, „man fühlt sich todkrank, hat Todesängste“, schildert sie diese Zeit, in der sie Luftnot quälte, „und mein Geruchs- und Geschmackssinn waren komplett weg“. Trotzdem habe sie die Hoffnung gehabt, nach 14 Tagen wieder auf dem Damm zu sein, „doch noch acht Wochen lang ging zuhause gar nichts“. Sie war total schwach, kam kaum die Treppe hoch, fühlte sich immer noch sehr krank. Erst nach drei Monaten konnte die Bankkauffrau wieder arbeiten, „zu 100 Prozent im Homeoffice“, wie sie berichtet. Manuela Weißenhof dachte, sie hätte ihre Corona-Infektion überstanden.

Nichts zu riechen ist schon schlimm, aber sich dann vor jedem Essen und sogar dem eigenen Kind zu ekeln, weil es nach Fäkalien riecht, das ist furchtbar.

Manuela Weißenhof, Long-Covid-Patientin

„Doch vor Weihnachten ging es wieder komplett bergab“, berichtet sie, dass sie sich plötzlich wieder unendlich schlapp und müde gefühlt habe. Als dann auch der Geruchssinn wieder verschwand, sei der Verdacht aufgekommen, dass sie sich erneut infiziert habe. Sie sei getestet worden, „aber da war nichts“. Manuela Weißenhof kam nicht mehr auf die Beine, litt an Müdigkeit, hatte Wortfindungsstörungen und Angstzustände. Mit am belastendsten war in dieser Zeit die Veränderung des Geruchssinns. „Den ganzen Tag roch ich verbranntes Plastik und Fäkalien“, schildert sie. „Nichts riechen ist schon schlimm, aber sich dann vor jedem Essen und sogar dem eigenen Kind zu ekeln, weil es nach Fäkalien riecht, das ist furchtbar.“

Austausch mit Leidensgenossen

Es wurde nicht besser, Manuela Weißenhof musste eine Reha-Behandlung antreten. „Ich wollte eigentlich gar nicht wegfahren, aber jetzt bin ich froh, dass ich gegangen wurde“, meint sie rückblickend. Bis sie nach Wyk gekommen sei, habe sie gedacht, sie sei die einzige mit diesen Symptomen, sagt Weißenhof. Die Wyker Klinik hatte schon im vergangenen Sommer erste Patienten, die unter den Folgen einer Corona-Erkrankung litten und hat inzwischen ein spezielles Reha-Programm für Long-Covid-Erkrankte entwickelt. Und so traf die Sauerländerin hier auf viele Leidensgenossen. „Bis dahin hatte ich gedacht, ich wäre bescheuert, weil ich keine zwei Treppenstufen hoch kam und mir Worte nicht einfielen“, berichtet sie. Nun begegnete sie Menschen, die unter den gleichen Corona-Spätfolgen litten und Therapeuten, die, so schildert es die Patientin, „alles zusammen betrachten“, auf körperliche und seelische Symptome eingingen.

Doch der Weg zurück in eine normales Leben war lang. „In der ersten Woche habe ich viel zu viel gewollt“, musste sie lernen, ihrem Körper und ihrer Seele Zeit zu geben, das in den zurückliegenden Monaten Durchgemachte zu verarbeiten. Dabei half ihr neben den auf Körper und Seele abgestimmten Therapieangeboten der Klinik auch der Austausch mit Leidensgenossen. „Wir haben uns gegenseitig motiviert, sind auch gemeinsam spazierengegangen, habe uns Fahrräder gemietet“, erzählt sie, dass auch die Insellandschaft mit zur Genesung beigetragen hat. „Da war wieder ein bisschen Lebensfreude“, beschreibt sie diese Zeit.

Als die Suppe wieder nach Suppe schmeckte

Fünf Wochen konnte Manuela Weißenhof in der Westfalen-Klinik bleiben, und so nach und nach wurde sie kräftiger, kamen ihre Albträume, ihre panische Angst, sich wieder anzustecken, die Sorge, dass sie nie mehr gesund werden würde, immer seltener. „Jetzt kann ich zu 60, 70 Prozent wieder richtig riechen und schmecken“, berichtet sie glücklich. „Als die Tomatensuppe das erste Mal wieder wie Tomatensuppe schmeckte, das war super.“

Neuer Lebensmut

Unser Gespräch fand kurz bevor Manuela Weißenhof die Heimreise antrat, statt. „Das war unser kleiner Cocon hier, jetzt müssen wir wieder raus“, wirkt sie einen Moment besorgt, ergänzt dann aber „ich freue mich auf zuhause, vor allem darauf, mit meinem Sohn wieder positive Dinge zu machen“. Sie sei eine optimistische Person, sagt sie, auch wenn sie noch immer nicht die Leistungsfähigkeit erreicht habe, die sie vor der Erkrankung hatte. „Ich muss mich von vielem verabschieden, muss künftig mein Tempo gehen, aber auch mit 80 Prozent kann man ein gutes Leben haben“, sagt Manuela Weißenhof und strahlt dabei ganz viel Energie aus.

 

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