Minderheiten in Europa
Offiziell: Europäische Minderheiteninitiative MSPI erfolgreich
Offiziell: Europäische Minderheiteninitiative MSPI erfolgreich
Offiziell: Europäische Minderheiteninitiative MSPI erfolgreich
1.128.385 Unterschriften wurden offiziell anerkannt – in elf Mitgliedsstaaten der EU hat die MSPI den Schwellenwert erreicht, darunter auch Dänemark. Eine „klare Botschaft“, dass die EU „unsere Gemeinschaften“ schützen soll, meint FUEN-Präsident Loránt Vincze. Auch in Nordschleswig ist die Freude groß. Doch wie geht es weiter?
Die nationalen Behörden aller 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die unterzeichneten Unterstützungserklärungen für die „Minority Safepack Initiative“ (MSPI) überprüft. Insgesamt wurden 1.128.385 Unterschriften anerkannt. Das teilt die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) mit Sitz in Flensburg mit.
Es ist demnach nun auch offiziell bescheinigt, dass die MSPI in folgenden 11 Mitgliedstaaten den nationalen Schwellenwert erreicht hat: Rumänien, Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Lettland, Spanien, Dänemark, Kroatien, Slowenien, Litauen und Italien.
Die nationalen Behörden haben mehr als 85 Prozent aller Unterstützungsbekundungen anerkannt, was einen etwas besserer Durchschnitt als bei den bisherigen erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiativen darstellt. Von den bisher mehr als 70 EU-Bürgerinitiativen ist die MSPI erst die fünfte, welche die Anforderungen von einer Million gültigen Unterstützungserklärungen sowie sieben Mitgliedsstaaten, in denen die nationale Schwelle erreicht werden muss, erfüllt.
Am wichtigsten sind aber die Menschen, die an unsere Initiative geglaubt und ihre Unterstützung bekundet haben.
Loránt Vincze
Bei der FUEN, die treibende Kraft hinter der Initiative ist, ist man davon überzeugt, dass es ein „großer Sieg“ für die autochthonen Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgruppen Europas ist. „Ich gratuliere unserem Kampagnenteam und danke unseren Mitgliedsorganisationen, Partnern und allen Organisationen, die sich an der Sammlung der Unterschriften beteiligt haben, für die sehr präzise und koordinierte Arbeit. Wir schätzen die einwandfreie Arbeit der nationalen Behörden im Validierungsprozess. Am wichtigsten sind aber die Menschen, die an unsere Initiative geglaubt und ihre Unterstützung bekundet haben“, so FUEN-Präsident Loránt Vincze.
„Sie haben uns die dringend benötigte Kraft gegeben und sich uns mit ihrer Unterschrift anvertraut. Wir haben nun eine große Verantwortung gegenüber ihnen und allen 50 Millionen EU-Bürgern, die einer nationalen Minderheit oder Sprachgruppe angehören", so Vincze,weiter.
„Dies ist eine klare Botschaft einer europäischen Bewegung für nationale Minderheiten: Wir wollen, dass die Europäische Union unsere Gemeinschaften schützt und unsere kulturellen und sprachlichen Rechte fördert. In der nächsten Zeit werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den Erfolg der Initiative sicherzustellen, um die Unterstützung der Mehrheiten und aller relevanten politischen Kräfte in der EU zu erhalten", meint er.
Die FUEN und das Bürgerkomitee der MSPI wollen sich nun im Herbst an die Europäische Kommission wenden, um über die weiteren Schritte der MinoritySafePack-Initiative zu beraten.
BDN: Solidarität mit den anderen Minderheiten
Große Erleichterung auch bei der deutschen Minderheit in Dänemark. Der Koordinator des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Thore Naujeck, hält das dänische Ergebnis, als eines von elf EU-Ländern die Quote erfüllt zu haben, für einen Ausdruck der „Solidarität mit den Anderen“.
Auch wenn die deutsche Minderheit in Dänemark im Vergleich zu vielen anderen Minderheiten in Europa deutlich weniger zu kämpfen habe, werde mit den Unterschriften ein Zeichen gesetzt – vor allem an die Politiker: „Hej, uns gibt es – jetzt müsst ihr euch mit uns beschäftigen“.
Viel mehr als das ist durch die erfolgreiche Initiative auch nicht gewonnen. Sie verpflichtet die EU-Politik formal zu nichts. Doch, meint Naujeck: „Jetzt geht es darum, die Politiker anzusprechen. Jede Minderheit in Europa muss jetzt Lobbyarbeit betreiben.“ Denn „ein Druckmittel haben wir wirklich nur, wenn wir die Leute auf unsere Seite ziehen“.
Soll heißen: Ohne den guten Willen der Politiker in Brüssel und den Einzelstaaten läuft nichts, können die neun Punkte der Initiative (siehe unten) nicht umgesetzt werden. Dass Mitte 2019 ein neues EU-Parlament gewählt – und zugleich eine neue EU-Kommission besetzt – wird, ist dabei eine besondere Herausforderung für die Initiatoren. Denn viele Politiker werden das EU-Parlament verlassen – und nach der Wahl möglicherweise ein anderer politischer Wind wehen. Darauf muss auch die FUEN, müssen sich die Minderheiten europaweit einstellen und ihre Arbeit für die MSPI demenstprechend ausrichten.
„Und selbst wenn es dann doch nichts wird, werden sich in ganz Europa viele Politiker mit dem Thema Minderheiten befassen, die vorher vielleicht noch gar nichts darüber wussten“, sagt Naujeck, der selbst viele der Unterschriften für die MSPI in Dänemark eingesammelt hat. „Ich habe in der Periode Weihnachten bis zum 3. April 250 Überstunden gemacht. Dazu kamen viele Freiwillige und Mitarbeiter beim BDN. Auch von Grænseforeningen kam große Hilfe“, erinnert er sich.
Hintergrund MSPI:
Minderheiten und ihre Sprachen innerhalb der EU rechtlich schützen und fördern – das ist das Ziel der Bürgerinitiative „Minority SafePack“. Die EU-Kommission hatte die Initiative im Herbst 2013 abgelehnt – sie sei nicht zuständig, hieß es damals. Doch wenn nicht die EU-Kommission, wer soll sich dann der Belange der Minderheiten Europas annehmen, fragten die Initiatoren – und klagten. Mit Erfolg: Im Februar 2017 gab der EU-Gerichtshof ihnen Recht, die Bürgerinitiative konnte mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen. Die Initiative umfasst ursprünglich elf Vorschläge, von denen jedoch nur neun von der Europäischen Kommission registriert wurden.
Die neun MSPI-Vorschläge:
• EU-Empfehlung zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt
• Förderprogramme für kleine Sprachgemeinschaften
• Die Schaffung eines Zentrums für Sprachenvielfalt
• Den Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt aufzunehmen in die Ziele des EU-Fonds für regionale Entwicklung
• Die Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in unserer Gesellschaft und Europa voranzutreiben
• Anstrebung der Gleichheit für staatenlose Minderheiten, z. B. Roma
• Ein übergreifendes europäisches Urheberrechtsgesetz, damit Medien und Dienstleistungen in der Muttersprache wahrgenommen werden können
• Freiheit der Leistung und Inanspruchnahme audiovisueller Inhalte in den Minderheitenregionen
• Bedingungslose Einbeziehung der Minderheiten in regionale und staatliche Förderprogramme zur Erhaltung von Kultur, Medien und Kulturerbe.
Die Initiative wurde 2013 von der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) auf den Weg gebracht und wird von einem Bürgerkomitee getragen. Die FUEN ist mit mehr als 90 Mitgliedsorganisationen in 33 europäischen Ländern der größte Dachverband der autochthonen, nationalen Minderheiten bzw. Volksgruppen in Europa.
Die Mitglieder des Bürgerkomitees:
• Hans Heinrich Hansen
• Hunor Kelemen
• Valentin Inzko
• Anke Spoorendonk
• Karl-Heinz Lambertz
• Luis Durnwalder
• Jannewietske de Vries
• Loránt Vincze